Stadtrat entscheidet später über ECE-Vertrag

Eigentlich hatte der Stadtrat am kommenden Dienstag über die geplante Entwicklungsvereinbarung mit dem Hamburger Projektentwickler ECE entscheiden sollen. Doch am Donnerstagabend entschied der Steuerungsausschuss in nicht öffentlicher Sitzung, die Entscheidung auf Juli zu vertagen. Zu groß erschien den meisten Fraktionen der Zeitdruck, ein derart wichtiges Votum lasse sich nicht binnen weniger Wochen fällen. Mit dem Steuerungsausschuss befasste sich erstmals seit Bekanntwerden der ECE-Pläne ein politisches Gremium mit dem Vorhaben, gegen das es massiven Widerstand gibt. Dass die Stadtspitze eine exklusive Vereinbarung mit den Hamburgern treffen möchte, stößt auf erhebliche Bedenken. Der Einzelhandelsverband warnt vor einer zu engen Bindung an ECE und hält die im Vertragsentwurf enthaltene Ausstiegsklausel für unzureichend.

TRIER. Als am 18. April nahezu der komplette Stadtvorstand vor die Presse trat, um gemeinsam über das Vorhaben von ECE zu berichten, da mangelte es vor allem dem ebenfalls anwesenden Manager des Hamburger Projektentwicklers nicht an Selbstbewusstsein. Kaum hatte der OB betont, dass es faktisch noch keine Entwicklungsvereinbarung gebe, sprich noch kein Vertrag zustande gekommen sei, da ergriff Gerd Wilhelmus spontan das Wort und ergänzte Klaus Jensen sinngemäß mit den Worten, der Stadtchef habe zwar formal Recht, aber der Entwurf für einen Vertrag liege bereits vor und müsse nur noch unterzeichnet werden.

Wilhelmus‘ Beitrag blieb unwidersprochen, weshalb der ECE-Vertreter kurzzeitig wie der Herr im Ring erscheinen musste. Doch nun muss der Manager erkennen, dass er auf die Unterschrift noch warten muss – wenn der OB sie denn am Ende tatsächlich leisten wird. Denn Jensen hat bereits unmissverständlich deutlich gemacht, dass er eine Entwicklungsvereinbarung nur bei einem positiven Votum des Stadtrats unterschreiben wird. Damit übertrug er die Entscheidung an die gewählten Kommunalpolitiker, und die machten nach übereinstimmenden Angaben aus Teilnehmerkreisen am Donnerstagabend deutlich, dass sie sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen wollen. Wie 16vor aus der nicht öffentlichen Sitzung des Steuerungsausschusses erfuhr, herrschte über Fraktionsgrenzen hinweg Einigkeit, dass nicht schon am nächsten Dienstag, sondern erst im Juli über die Entwicklungsvereinbarung entschieden werden soll. Der OB, so ist zu hören, habe sich mit der Vertagung der Entscheidung sofort einverstanden erklärt. Jensen ist offenkundig daran gelegen, sein Versprechen vom „ergebnisoffenen Prozess“ glaubhaft zu machen; schon dass er das Thema im öffentlichen Teil einer Ratssitzung beraten will, war anfangs so nicht erwarten worden. Auf diese Weise will der Stadtchef seinen Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen. Die hatten angesichts der späten Information der Öffentlichkeit von „Hinterzimmerpolitik“ gesprochen, manche wähnten sich gar an die Zeiten von Jensens Amtsvorgänger Helmut Schröer erinnert.

Nun bleibt mehr Zeit zur Beratung der Entwicklungsvereinbarung, und dass es für diese am Ende ein positives Votum geben wird, scheint noch nicht ausgemacht. Es sind vor allem zwei Punkte, die Kritiker ins Feld führen. So zweifelt der Präsident des Trierer Einzelhandelsverbands in einem Schreiben an die Fraktionen an, dass die Stadt bei Abschluss einer Vereinbarung diese auch wieder kündigen könnte. Die von Jensen „als jederzeitige Ausstiegsklausel bezeichnete Kündigungsklausel ermöglicht der Stadt Trier keineswegs den jederzeitigen sofortigen Ausstieg aus dieser Entwicklungsvereinbarung“, warnt Michael Müller und erklärt: „Um sich aus der Bindung zu lösen, muss die Stadt Trier nachvollziehbar schriftlich begründen, dass keine positive Umsetzungsmöglichkeit für den Bereich des Einzelhandels besteht. Wer entscheidet aber, was ’nachvollziehbar‘ ist bzw. ob die Begründung der Stadt nachvollziehbar ist und damit für den Ausstieg ausreicht? Und wer entscheidet, was unter ‚einer positiven Umsetzungsmöglichkeit des Einzelhandels‘ zu verstehen ist?“, gibt er zu bedenken. Müller verlangt, dass es allein der Stadt überlassen bleiben müsse, „wann und unter welchen Voraussetzungen sie die Bindung mit ECE beenden möchte – und das ohne jegliche Bedingungen!“

Müller und der Einzelhandelsverband fordern außerdem, „dass es in jeder Hinsicht für die Stadt Trier besser ist, zunächst selbst einen Masterplan für die Innenstadt aufzustellen, so wie er auch in der Entwicklungsvereinbarung der Stadt Trier mit der ECE unter der Bezeichnung: ‚Strategisches Entwicklungs- und Nutzungskonzept Innenstadt Trier 2025+ (SENI)‘ vorgesehen ist und zwar unter Beteiligung alle betroffenen Einrichtungen, Interessengruppen, des Stadtrats und der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Trier bei Einsetzung eines unabhängigen Moderators und Gutachters“. Die Stadt dürfe „auf keinen Fall vor Abschluss von SENI einen Investor an dieser Entwicklung beteiligen, um eine spätere Realisierung der in SENI gewonnenen Ziele und Leitbilder nicht von vorneherein zu gefährden“, warnt der EHV und rät, die spätere Realisierung in einem freien Investorenwettbewerb zu klären.  Weiter heißt es in dem Schreiben: „Die Verwirklichung dessen, was im Rahmen eines solchen Prozesses unabhängig und mit einem breiten Konsens entwickelt wird, halten wir durch die geplante Entwicklungsvereinbarung zwischen der Stadt Trier mit ECE für unrealistisch“.

Die Diskussion geht damit in eine weitere Runde, und weil die Bindung allein an ECE in mehreren Fraktionen kritisch gesehen wird, scheint derzeit noch offen, ob eine exklusive Vereinbarung mit den Hamburgern geben wird.

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