Schweigsame Schläger

Beim Zuschlagen verbogen: die beiden Tatwaffen. Foto: Christian JörickeVor dem Trierer Landgericht muss sich seit gestern ein 31-jähriger Russe mit Wohnsitz in Moskau wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Er und ein Komplize sollen im vergangenen August im Verkaufsraum eines Luxusautohändlers an der Porta Nigra mit Schlagstöcken mehrere Personen verletzt haben. Das Hauptopfer, der Besitzer, erlitt unter anderem 47 Platzwunden am Kopf, die mit insgesamt 150 Stichen genäht werden mussten. Der Geschäftsmann vermutet hinter der Tat einen Konkurrenten, der ihn zuvor bereits bedroht haben soll.

TRIER. Es ist wohl lediglich der Robustheit vom Michail P. zu verdanken, dass er noch lebt. Der braungebrannte, bullige Bodybuilder hat einen v-förmigen Rücken, einen riesigen Brustkorb und wenig Hals. Gegenüber der Porta Nigra handelt er mit veredelten Luxuswagen, in der Schweiz, in Russland und in der Ukraine betreibt er Niederlassungen. Neben dem Tuning gehört auch die Panzerung von Fahrzeugen zu seinem Geschäft. Am Nachmittag des 23. Augusts 2013 erhielt er Besuch von zwei, nach eigenen Angaben ihm unbekannten Männern.

Die beiden Hünen betraten gegen 15 Uhr den Verkaufsraum, in dem sich P., sein Geschäftspartner K. und dessen Sohn befanden. Einer der Männer verpasste K. abrupt und ohne Vorwarnung mit einem Teleskopschlagstock einen Schlag auf den Kopf. Der andere stürzte auf P. zu. „Dann ging es zur Sache“, erzählt der Unternehmer. Auf ihn wurde ebenfalls mit einem sogenannten Totschläger eingeschlagen. Angelockt durch den Tumult, betrat sein damals siebenjähriger Sohn, der sich mit dessen Oma in einem Hinterzimmer aufgehalten hatte, den Raum. Der Vater versuchte, ihn zurückzudrängen, während weiter auf ihn eingeprügelt wurde. Das Blut spritzte wie in einem Splatterfilm.

Schließlich wollte auch noch seine Mutter ihren Enkel zu schützen und wurde dabei ebenfalls von mehreren Schlägen getroffen. Der 35-Jährige wehrte sich nach Kräften und konnte dabei einen der Angreifer entwaffnen und ebenfalls verletzen. Es waren bereits Polizei-Sirenen zu hören, als sich die Schlägerei nach draußen verlagerte. Beide Täter liefen weg, ein mutmaßlicher Angreifer wurde wenig später festgenommen. „Sie haben mit dieser Gegenwehr nicht gerechnet.“

Während der Aktion sagten die Schläger kein Wort zu einander oder zu einem der Beteiligten. Einem soll lediglich ein russisches Schimpfwort entfahren sein. „Sie wurden in Moskau beauftragt, mich schwer zu verletzen oder zu töten“, ist sich P. sicher. Auftraggeber soll ein Konkurrent aus der russischen Hauptstadt sein, der ihn ein halbes Jahr zuvor bereits bedroht habe. Er habe die Drohung ernstgenommen, aber nicht zur Anzeige gebracht und auch keine Vorkehrungen getroffen, weil sich der Vorfall in Moskau ereignet habe. „Ich hätte nicht gedacht, dass es hier so ein Gemetzel gibt“, sagt der Geschäftsmann. „Das erwartet man nicht nachmittags in der Innenstadt.“

P. hatte es am schwersten erwischt: Unzählige Prellungen, Mittelhandbruch, Abriss der Bizepssehne und 47 Platzwunden am Kopf, die mit insgesamt 150 Stichen genäht werden mussten. Nach anderthalb Stunden verließ er auf eigenen Wunsch hin wieder das Krankenhaus. „Aus Sorge um seinen Sohn“, wie er sagt, da dieser die ganze Tat schreiend miterlebte. Während P. bis zu einer Operation im Dezember seinen rechten Arm nicht bewegen konnte, soll der Vorfall gravierende psychische Folgen für den Jungen gehabt haben.

„Die Tat ist nur durch den Überraschungseffekt gelungen“, sagt der Händler. „Dadurch bin ich vorsichtiger geworden.“ In seinen Firmen hat er umgehend mit Kameras und Alarmauslösern zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Seit dem Angriff im vergangenen August habe es keine weiteren Vorkommnisse mehr gegeben.

Der 31-jährige Angeklagte, ein blasser Zwei-Meter-Mann mit kurzem, schütterem Haar und Sieben-Tage-Bart, macht am ersten Verhandlungstag nur Angaben zu seiner Person. Über die ihm zur Last gelegte Tat sagt er nichts.

Der Prozess wird am kommenden Dienstag um 9 Uhr fortgesetzt.

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