Römische „Filetlage“

TRIER. Wie war die Verbindungsachse zwischen dem Forum und den Kaiserthermen in spätrömischer Zeit städtebaulich gestaltet? Vor allem um diese Frage geht es bei den Ausgrabungen zwischen Kuhnenstraße und Graugasse in der Weberbach.

Übersichtsaufnahme von Norden mit spätmittelalterlichen Kelleranlagen (13./14. Jh.) der kriegszerstörten Vorgängerbebauung. Foto: Thomas Zühmer, Rheinisches Landesmuseum Trier.Seit dem 1. Juli führt die Landesarchäologie, Außenstelle Trier, auf dem künftigen Baugrundstück der „gbt“ archäologische Ausgrabungen durch, die vom Träger der Maßnahme finanziell unterstützt werden. Die Grabungen auf dem rund 1.800 Quadratmeter großen Gelände sind auf 15 Monate Dauer angelegt (Ende: 30.09.2015).

Das Grabungsareal liegt innerhalb eines rechteckigen römischen Stadtquartiers zwischen dem Großbau der um 300 n. Chr. errichteten Kaiserthermen im Osten und dem römischen Forum, dem wirtschaftlichen und politischen Zentrum der Stadt, im Westen. Aufgrund seiner zentralen Lage hätte man das Gelände unter Immobiliengesichtspunkten wohl schon in römischer Zeit als städtische „Filetlage“ bezeichnet.

Ein ungeklärtes Forschungsproblem bildet bislang die Frage, wie die Verbindungsachse zwischen dem Forum und den Kaiserthermen in spätrömischer Zeit städtebaulich gestaltet war. Vor Errichtung der Kaiserthermen verlief eine römische Ost-West-Straße über das Gelände, flankiert von römischen Stadthäusern mit gehobener Wohnausstattung.

Im Mittelalter, spätestens ab dem 13. Jahrhundert, siedelten sich auf dem Gelände Weber, Tuchfärber und Gerbereibetriebe an, die das Wasser des dortigen Stadtbaches (er liegt unter der heutigen Straße „Weberbach“) für ihr Gewerbe abzweigten. Eine Gerberei war auf dem Gelände noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts tätig. Die gesamte Bebauung entlang der Weberbachstraße erlitt durch Bombardements im Zweiten Weltkrieg schwere Schäden. Die kriegszerstörten Häuser auf dem Gelände wurden nach dem Krieg nicht wieder aufgebaut, die Trümmer beseitigt.

Durch die finanzielle Unterstützung durch die „gbt“ konnten ein Grabungszeichner und drei weitere Grabungsarbeiter für diese Maßnahme befristet eingestellt werden. Die Grabungsmannschaft besteht derzeit aus sechs bis acht Personen, die kontinuierlich mit den Ausgrabungsarbeiten beschäftigt sind.

In einem ersten Schritt wurden die mit Schutt verfüllten mittelalterlichen Keller der vier kriegszerstörten Häuser entlang der Straße „Weberbach“ freigelegt. In das Mauerwerk dieser Keller waren bemerkenswert zahlreich römische Werksteine und Architekturglieder (Säulentrommeln, Straßenpflasterplatten u.a.) in zweiter Verwendung eingesetzt worden.

Völlig überraschend wurde unmittelbar vor diesen Kellern und zum Teil in deren Mauern integriert mächtiges spätrömisches Fundamentmauerwerk aus Muschelkalk und Ziegeln aufgedeckt. Durch den Fund eines Ziegelstempels mit dem Aufdruck „CAPI“ kann bereits jetzt gesagt werden, dass das Baumaterial von den gleichen Großziegeleien stammt, die die kaiserlichen Großbauten des 4. Jahrhunderts (Basilika, Dom, Kaiserthermen) belieferten. Wegen der mittelalterlichen Überbauungen ist der Grundriss des großen Fundamentblocks derzeit noch unklar.

Aussagen über dessen Funktion werden erst möglich sein, wenn der Grundriss nach Abtragung des mittelalterlichen Mauerwerks klarer ablesbar ist. Funde von bis zu zwei Meter großen Kalksteinplatten in diesem Bereich (überwiegend verbaut in mittelalterlichem Mauerwerk) deuten zudem auf eine entsprechende Straßen- oder Platzpflasterung vor dem Westportal der Kaiserthermen hin.

Im rückwärtigen Teil des Baugrundstücks werden gegenwärtig die übereinanderliegenden Straßenschichten der römischen Ost-West-Straße der Vorthermenzeit untersucht. Seit dem Bau dieser Straße in den ersten Jahrzehnten nach Christi Geburt ist der Straßendamm in den nächsten knapp 300 Jahren durch Auftragung neuer Kieslagen kontinuierlich „in die Höhe gewachsen“ (vergleichbar den Straßen der Neuzeit).

Durch die tiefen und großflächigen Grabungen wird es möglich sein, bis in die frühesten römischen Schichten aus den Jahrzehnten um Christi Geburt, also der Gründungsphase des römischen Triers, vorzudringen. Grabungen dieser Art auf ungestörten Flächen konnten bislang erst selten durchgeführt werden. Sie versprechen neue Aufschlüsse zur urbanistischen Entwicklung Triers nach seiner Gründung (um 17 v. Chr.) und zum Ausbau nach der Erhebung Triers zur Kaiserresidenz am Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr.

Die Grabungsfunde werden mit Abschluss der Grabungsarbeiten von der Fläche geborgen und zur weiteren Bearbeitung in die Magazine und Werkstätten des Rheinischen Landesmuseums überführt.

Das Landesmuseum bietet für Interessierte Grabungsführungen an. Das Gelände kann an drei Terminen (Mittwoch 3. September, 16 Uhr, Freitag, 5. September, 15 Uhr, und Samstag, 6. September, 10 Uhr) öffentlich besichtigt werden. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt, eine telefonische Anmeldung notwendig (0651/97740). Die Teilnahme ist kostenfrei.

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