Rätselraten um Triers geplante Elite-Schmiede

Eigentlich sollte zu Beginn des kommenden Wintersemesters die neu geschaffene „Petrisberg Law & Leadership Academy“ an den Start gehen. Doch inzwischen deutet einiges darauf hin, dass das Projekt scheitern könnte. Manche Mitarbeiter und Studierende an der Trierer Uni dürften dann wohl erleichtert aufatmen, stehen doch viele der Idee einer studienbegleitenden Privatakademie skeptisch gegenüber. Uni-Präsident Professor Peter Schwenkmezger warnt vor einer Zweiklassengesellschaft an der Hochschule, der Politikwissenschaftler Professor Winfried Thaa geht im Gespräch mit 16vor noch weiter und unterstellt den Initiatoren der Akademie gar „das Ziel sozialer Selektion“. Die Organisatoren hingegen geben sich trotz aller Gerüchte weiterhin optimistisch, von einem Aus für das Projekt könne nicht die Rede sein. 

TRIER. Das Untergeschoss steht völlig offen, der Putz bröckelt von den Säulen, im Innenbereich hängen einzelne Kabel von der Decke – seit Wochen kommen die Arbeiten in der Max-Planck-Straße 48 auf dem Petrisberg offenbar nur schleppend voran. Was die Trierer Universitätslandschaft revolutionieren sollte, gibt bislang das Bild einer verlassenen Bauruine ab. Derweil mehren sich Gerüchte, wonach die „Petrisberg Law & Leadership Academy“, kurz PLLA, nicht wie vorgesehen zu Beginn des Wintersemesters ihr Programm aufnehmen wird. Gerüchten zufolge steht sogar das Gesamtprojekt vor dem Aus.

Dabei wurde das Vorhaben noch vor kurzem als „bundesweit einzigartiges ganzheitliches Exzellenzprojekt“ angepriesen. Im Juni hieß es, dass „bis Mitte 2011 auf einem rund 6.000 qm großen parkähnlichen Areal ein hochmodernes Studienzentrum – unser ‚Law House'“ entstehen werde. Auch sucht die Einrichtung noch nach Wissenschaftlichen Mitarbeitern, die „spätestens zum 1. September 2011“ ihren Dienst antreten sollen. PLLA-Geschäftsführer Dr. Thomas B. Schmidt, Honorar-Professor auf dem Umweltcampus der Fachhochschule Trier in Birkenfeld, warb in Gesprächen mit Spiegel Online, Süddeutscher Zeitung oder auch der Financial Times Deutschland für seine Idee eines gemeinschaftlichen Studiums, das „Verantwortung, Führung und Leistung“ ausbilden soll.

Neben der Studienbegleitung mit täglich exklusiven Repetitorien waren wöchentliche Kaminabende mit einflussreichen Juristen geplant. Diskussionsrunden mit Philosophen und Kulturschaffenden wurden ebenso in Aussicht gestellt wie regelmäßige, praxisbezogene Exzellenzseminare. Als Freizeitangebote sollten einem Jahrgang von 36 Jung-Juristen Fechtkurse, Tanzabende sowie ein eigener Lauftrainer dienen. Schmidt sprach von einem Studium „wie in Harvard“, das als deutschlandweites Vorbild für eine neue Lernkultur stehen werde. Die Kosten von 12.500 Euro pro Semester und Person sollten über Teil- und Vollstipendien gedeckt werden, welche eine Stiftung sowie „umgekehrte Generationenverträge“ garantieren sollten.

Als konzeptionelles und ideelles Kernstück der Akademie soll dabei der Beirat wirken. Die in ihm versammelten Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft sind als Schnittstelle zwischen universitärer Ausbildung und öffentlicher Vernetzung gedacht. Mitglieder sind unter anderem Triers Wirtschaftsdezernent Thomas Egger (FDP), die Direktorin des Arbeitsgerichts, Uta Lenz, sowie Olaf Hornfeck, Geschäftsführer der Stadtwerke. Von der Universität ist der ehemalige Vizepräsident Wolfgang Klooß in dem Gremium vertreten, der die Arbeit als „kritisch-wohlwollendes Begleiten“ beschreibt.

Kritiker Thaa: Das Ziel ist soziale Selektion

Schon als das Vorhaben bekannt wurde, traten erste Kritiker auf den Plan. Auf einen wohlwollenden Kommentar im Trierischen Volksfreund hin antwortete der Politikwissenschaftler Winfried Thaa mit einem kritischen Leserbrief, in dem er von „sozialer Hierarchisierung“ sprach, auf welche das Konzept seiner Meinung nach hinauslaufe. Im Gespräch mit 16vor erweitert Thaa nun seine Kritik am Konzept der PLLA-Planer: „Hinter dieser Idee steckt nicht der Anspruch einer besseren Bildung, sondern schlicht das Ziel sozialer Selektion. Im Endeffekt geht es um die Selbstreproduktion der Oberschicht.“ Auch Uni-Präsident Schwenkmezger sieht die Idee mit kritischem Blick; nicht nur, weil die Organisatoren Schmidt sowie sein Anwaltskollege Paul Henseler irrtümlicherweise eine Kooperation zwischen Universität und Akademie behaupteten: „Kritisch ist, dass die Teilnehmer der Law School herausgehoben sind über den anderen Studierenden. Das birgt die Gefahr einer Zwei-Klassen-Gesellschaft in sich.“

Innerhalb des Fachbereichs sah man die Akademie von Anfang mit Argwohn, wurde ihrerseits doch die berufsqualifizierende Ausbildungsqualität der juristischen Fakultät angezweifelt. So gab das Dekanat die Losung aus, dass weder Dozenten noch Promovierende die inhaltliche Ausgestaltung der Einrichtung mit Fach- und Beratungsarbeit unterstützen dürften. Und auch hier weiß man nichts von einer angeblichen Kooperation zwischen Akademie und Uni, wie Dekan Professor Jan von Hein im Gespräch mit 16vor erklärt.

Doch was halten die Studierenden selbst von dem geplanten Angebot? Diskussionen darüber gab es, etwa in einem Internet-Forum, das die zweigeteilte Meinung der Nachwuchsjuristen widerspiegelt: „Soll Bildung nicht auch zu Geld führen? – Nein, wenn man nicht gerade ein materialistisch versifftes Bildungsverständnis hat“, streiten sich darin zwei Studierende über die grundsätzliche Zielsetzung der PLLA. Diese hat sich trotz aller ganzheitlichen Ansätze zum obersten Ziel gesetzt, „zu einem besseren Examen“ zu verhelfen. Ein User war dagegen bereits Ende März der Überzeugung: „Die Trierer Elite-Akademie wird schon bald Geschichte sein.“ Eine öffentliche Debatte oder Kritik seitens der Studierenden blieb jedoch aus. Die Fachschaft wollte sich zu diesem Thema auf Nachfrage erst gar nicht äußern.

Der Start der Akademie zum kommenden Wintersemester gilt Gerüchten zufolge als sehr unwahrscheinlich, auch wenn Spiritus Rector Schmidt in einer Stellungnahme gegenüber 16vor beteuert: „Eine Absicht unsererseits, die PLLP nicht umzusetzen, gibt es nicht.“ Die beteiligte TRIWO AG wollte sich zur Zukunftsfähigkeit der Unternehmung nicht äußern. Ulrich Rass, Vorsitzender der Stiftung, bestätigte unterdessen, dass es keine Stipendien von Unternehmen oder Anwaltskanzleien geben könne, bis „das Gesamtkonzept nicht eins zu eins umgesetzt“ sei. Ohne Stipendiensystem wird es jedoch für das Gros an Studieninteressierten schwierig sein, die 25.000 Euro pro Studienjahr für die Akademie aufzubringen. Die Idee, eine Art Jura-Eldorado nach dem Vorbild einer „Bucerius Law School“ in Trier zu etablieren, wird von den meisten Beobachtern generell angezweifelt. Schmidt wird sich dagegen in den nächsten Wochen auch darüber Gedanken machen müssen, ob das Ziel, sich eine „Verantwortungselite“ heranzuziehen, am besten mit einer kostspieligen Rundumversorgung zu erreichen ist.

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