Neuwahlen in Luxemburg

LUXEMBURG. Im Großherzogtum wird im Oktober ein neues Parlament gewählt. Das erklärte am Abend Premier Jean-Claude Juncker. Zuvor hatte ihm sein sozialistischer Koalitionspartner das Vertrauen entzogen.

Seit Monaten schwelt im Großherzogtum eine Affäre um den Geheimdienst des Landes. Diese steht in einem direkten Zusammenhang mit einem nicht minder brisanten Skandal, die sogenannte Bombenleger-Affäre. In den Jahren 1984 bis 1986 gab es in Luxemburg eine ganze Serie von Anschlägen, deren Hintergründe bis heute nicht wirklich aufgeklärt wurden. Derzeit verhandelt der Strafgerichtshof des Landes die Anklage gegen zwei mutmaßliche Mitwisser.

Der Geheimdienst ist unmittelbar dem Staatsminister unterstellt, wie der Regierungschef in Luxemburg genannt wird. Jean-Claude Juncker wies am Mittwoch vor der „Chamber“, dem Parlament des Landes, eine Reihe von Vorwürfen zurück, räumte zugleich aber ein, Fehler gemacht zu haben. Weil er sich persönlich nichts habe zuschulden kommen lassen, werde er aber nicht von seinem Amt zurücktreten.

Daraufhin wurden Misstrauensanträge vorbereitet, unter anderem auch von der sozialistischen Arbeiterpartei, die seit 2005 eine Koalition mit Junckers christsozialer Volkspartei bildete. Noch bevor über diese Anträge abgestimmt werden konnte, trat Juncker dann doch noch die Flucht nach vorne an und erklärte, er werde Großherzog Henri am Donnerstag vorschlagen, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen vorzubereiten.

Jean-Claude Juncker wurde 1995 erstmals zum Regierungschef Luxemburgs gewählt. Er trat seinerzeit die Nachfolge seines Parteifreunds Jacques Santer an, der an die Spitze der EU-Kommission gewechselt war. Seither regierte der Christsoziale unangefochten das Nachbarland, wurde wiederholt aber auch für Spitzenposten in Brüssel genannt. Erst zierte er sich, dann geriet Juncker zwischen die Stühle und kam nicht mehr zum Zuge. Nach Einschätzung von politischen Beobachtern hatten allen voran Paris und Berlin kein großes Interesse an einem allzu selbstbewussten Kandidaten für das neu geschaffene Amt des Präsidenten des Europäischen Rats. Diesen Posten übernahm schließlich Hermann van Rompuy, dessen Bekanntheitsgrad hierzulande nicht viel höher liege dürfte wie der des luxemburgischen Finanzministers Luc Frieden.

Frieden wurde seit Jahren als erster Anwärter auf Junckers Nachfolge gehandelt, doch geriet auch er im Zuge der Affären in Erklärungsnot und musste sich erst kürzlich Misstrauensanträgen stellen, die er allerdings überstand. Juncker, der auch Trierer Ehrenbürger ist, ließ am Mittwoch durchblicken, dass er bei den Neuwahlen wieder als Spitzenkandidat seiner Partei antreten wird.

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