„Parteipolitik spielt bei uns keine Rolle“

Das Jugendparlament steuert auf seine zweite Wahlperiode zu, der Stadtrat gab grünes Licht für eine Fortsetzung des Projekts. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten findet das Gremium zunehmend Gehör, im November stehen wieder Wahlen an. Einer wird dann nicht mehr kandidieren: Louis-Philipp Lang, Gründungsvorsitzender des Jugendparlaments und christdemokratischer Nachwuchspolitiker. Im Gespräch mit 16vor zieht er eine Bilanz der ersten eineinhalb Jahre und gibt einen Ausblick auf die Agenda der verbleibenden Monate. Mit Stellungnahmen zu Skaterhalle und Schulentwicklungskonzept schaltete man sich in wichtige Diskussionen ein und lancierte Kampagnen wie „Zeig Helm!“. Lang verhehlt nicht, dass die Resonanz auf das Jugendparlament noch ausbaufähig ist, es zu Beginn einige Unstimmigkeiten mit der Geschäftsstelle gab und er gegenüber Altersgenossen häufiger erklären muss, weshalb er sich politisch engagiert: „Ich bin einfach davon überzeugt, dass ich etwas verändern kann“.

TRIER. Diese Frage behagt ihm nicht, eine einfache Antwort kann Louis-Philipp Lang nicht liefern – will er auch nicht. Was er denn von einer Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre halte? Lang überlegt, argumentiert differenziert, spricht über politische Dummheit und Klugheit und räumt schließlich ein, dass er in dieser Frage noch unentschlossen sei. Aber, betont der Schüler, er sei schon auch der Meinung, dass mit einem früheren Einsetzen des aktiven Wahlrechts auch stärkere Rechte für die Wahlberechtigten verbunden sein müssten – sprich auch die Möglichkeit, sich selbst zur Wahl zu stellen. Und da sei er eben skeptisch, ob man mit 16 schon reif für den Stadtrat sei. Andererseits: Es gebe Menschen, die seien mit 16 politisch gebildeter als manch Erwachsener es je sein werde. Er selbst wird sich zu diesen Menschen zählen.

Die Mitglieder des Trierer Jugendparlaments sind ausnahmslos unter 18 Jahre alt. Lang wird das nicht mehr lange von sich behaupten können, weshalb der Gründungsvorsitzende des Gremiums bei der nächsten Wahl des Jugendparlaments im Herbst nicht wieder kandidieren darf. Knapp 2.800 junge Trierer zwischen 10 und 17 Jahren beteiligten sich im November 2011 an der ersten Wahl. Damit lag die Beteiligung bei durchaus beachtlichen 42 Prozent; manche Ortsvorsteher- und sogar OB-Wahl erreichte diesen Wert nicht. Insgesamt 22 Mitglieder aus zwei Altersgruppen vertreten seither die Interessen der Trierer Jugendlichen.

Allerdings waren die ersten eineinhalb Jahre doch stark geprägt von Aufgaben, mit denen Lang und seine Mitstreiter nur wenige Altersgenossen hinterm Ofen hervorlocken dürften – etwa der Ausarbeitung einer Geschäftsordnung. Ohne eine solche gehe es nicht, wirbt er um Verständnis und macht doch deutlich: dass die Jugendlichen sich diese Ordnung selbst erarbeiten mussten, sei eher suboptimal gewesen und habe wichtige Zeit gekostet. Wie sich auch die Zusammenarbeit zwischen dem Parlamentsvorstand und der beim Verein Mobile Spielaktion e.V angesiedelten Geschäftsstelle zunächst schwierig gestaltete, so Lang. Hin und wieder hätten er und die weiteren JuPas den Eindruck haben müssen, als sei das Zutrauen in die Jugendparlamentarier nicht sonderlich ausgeprägt gewesen; obendrein habe es auch Versuche gegeben, Informationen politisch gezielt zu steuern. Inzwischen jedoch hätten sich die Abläufe eingespielt, seien die Rollen und Aufgaben klarer abgestimmt. Lang, der auf seiner Facebook-Seite als Lieblingszitat „The more you want, the more you get“ angibt, lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass er das JuPa als selbstbewusste Stimme im kommunalpolitischen Prozess verstanden wissen will – und nicht als Alibi-Veranstaltung, um die Jugend der Stadt ruhig zu stellen.

26.000 Euro Personal- und Sachkostenzuschuss lässt sich die Stadt das Gremium jährlich kosten, das Geld fließt an die Geschäftsstelle, in deren Händen die pädagogische Betreuung liegt. Noch einmal bis zu 10.000 Euro sind in diesem Jahr für die Vorbereitung und Durchführung der zweiten Jugendwahlen eingeplant. Hinzu kommen 5.000 Euro als jährliches Projektbudget, über dessen Verwendung das Jugendparlament selbst entscheiden darf. Gleich im ersten Jahr verfiel das Budget weitgehend, ein Krankheitsfall in der Geschäftsstelle hatte zu Verzögerungen geführt. Schließlich habe man sich dann entschieden, nicht auf Biegen und Brechen nach Projekten zu suchen, berichtet Lang. Die Zurückhaltung will er auch als einen Akt politischer Vernunft verstanden wissen. In Zeiten knapper Kassen dürfe Geld nicht einfach so zum Selbstzweck ausgegeben werden. Überhaupt solle die inhaltliche Arbeit im Vordergrund stehen. Beispiel „Projekt X“: Hier bezog das Jugendparlament Stellung und will sich auch jetzt wieder in das Thema einschalten. Man höre ja, dass es einen privaten Investor gebe, der sich am Bau oder der Herrichtung eines neuen Standorts für die Skater beteiligen wolle, sagt Lang. Doch solle man zunächst einmal klären, ob denn die Szene tatsächlich ein Interesse daran habe, das eher alternative Zentrum in der Aachener Straße gegen „eine private Kommerzkacke“ einzutauschen. Lang verwendet den Begriff tatsächlich, auf Nachfrage hin sagt er, die Formulierung könne so stehen bleiben.

Man muss das betonen, denn der FWG-Schüler tritt mitunter routinierter auf als manch langjähriges Stadtratsmitglied. Lang hat Gefallen an Politik und Gremienarbeit gefunden. Die Liste seiner Aktivitäten ist lang, die Reihe seiner Mitgliedschaften schier endlos: vom Mergener Hof e.V. über die Marianische Jünglings-Congregation Trier und die Jugend­ver­bände der Gemein­schaft Christ­li­chen Lebens (J-GCL), den Bund der katholischen Jugend Trier (BDKJ) und die Aktionsgruppe Jugend Bistum Trier bis zur Jungen Union reicht sie. Seit Herbst ist er auch Kreisvorsitzender der Schülerunion. Kurz nach seinem Gespräch mit 16vor wird er in den Zug steigen und zu einer Versammlung der Landesschülervertretungen fahren. Ob er denn auch Schülersprecher seines Gymnasiums sei, will der Redakteur wissen. „Ja klar“, antwortet Lang. Nach seiner Wahl zum Gründungsvorsitzenden des JuPa trat er der Jungen Union bei. Da sei er quasi familiär vorgeprägt, doch habe ihm auch imponiert, wie ausgeprägt das Interesse der JU von Beginn an an der Arbeit des Jugendparlaments gewesen sei. Vier Mitglieder des Jugendparlaments seien inzwischen den Jungsozialisten beigetreten, zwei gehörten der CDU-Nachwuchsorganisation an. Damit habe er kein Problem, so Lang. Wie er überhaupt der Meinung ist, dass das Jugendparlament auch zur Rekrutierung politischen Personals dienen darf.

Genauso klar sei allerdings, dass sich die Jugendparlamentarier nichts von Parteien vorschreiben ließen. „Parteipolitik spielt bei uns keine Rolle“, versichert Lang. So habe man die eigene Positionierung in der Schuldebatte  „komplett ohne parteipolitische Einflussnahme“ verfasst, beteuert er. Und so werde man auch verfahren, wenn das Gremium sich in die Erarbeitung des Jugendhilfeförderplans einbringen werde, oder in das Thema Sportstättenförderung. Insgesamt wünschten er und seine Mitstreiter sich, dass noch mehr Jugendliche das JuPa als ihre Interessenvertretung verstehen. Jeder Trierer unter 18 Jahren könne über ein Mitglied des Jugendparlaments Anregungen einbringen oder einen Antrag stellen, mit dem werde sich dann auch befasst. „Wir sind ein offenes Parlament“, sagt der Vorsitzende und bedauert, dass diese Botschaft bislang noch nicht wirklich angekommen sei.

Lang ist dennoch überzeugt, dass die Einsetzung des Jugendparlaments sich schon jetzt bewährt hat. Gleichwohl muss er sich gegenüber Altersgenossen immer wieder erklären, weshalb er sich politisch engagiert. „Ich werde schon öfter gefragt: ‚warum machst du das?'“ Seine Antwort lässt nicht lange auf sich warten: „Ich bin einfach davon überzeugt, dass ich etwas verändern kann, und vergeudete Zeit ist das nicht“. Ob er die Politik dereinst zum Beruf machen wird? „In die Politik zu gehen, das plant man nicht“, sagt Lang – und es klingt jetzt doch eine Spur zu routiniert.   

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