Neue Airlines und ein „Freeport“

Er sollte „Trilux“ heißen und in der Nähe von Grevenmacher entstehen – der gemeinsame Flugplatz für Trier und Luxemburg. Über dessen Bau war man sich 1927 schon weitgehend einig, bis die Verantwortlichen der Moselstadt kalte Füße bekamen und sich von dem Vorhaben wieder verabschiedeten. Heute ist der Findel vor den Toren Luxemburgs so etwas wie der Flughafen der Trierer. Von dem startet mit Easyjet nun auch ein Low-Cost-Carrier, mit der spanischen Vueling hat sich die nächste Billigairline angekündigt. Sorgen bereitet den Luxemburgern der Einbruch im Frachtsektor. Dennoch stünden die Zeichen auf Wachstum, erklärte Lux-Airport-Chef Fernand Brisbois jetzt im Gespräch mit 16vor. So beginnt kommende Woche der Bau eines in Europa bislang einmaligen Projekts – der Flughafen erhält einen „Freeport“.

LUXEMBURG. Man muss sich das wie einen Hochsicherheitstrakt am Rollfeld vorstellen: Ein „sehr technisches“ Gebäude werde der neue „Freeport“ sein, sagt David Arendt, von extrem hohen Schutzeinrichtungen ist die Rede. Ein Feuer soll in dem 20.000 Quadratmeter großen Komplex erst gar nicht ausbrechen können, das hätte ansonsten auch verheerende Folgen. Denn in der „Freihandelszone“ wird nicht etwa handelsübliche Ware zwischengelagert, sondern von Juwelen über Kunstwerke bis hin zu seltenen Metallen alles, was hochwertig und zum Teil auch einmalig ist. Der „Freeport“ wird so zu einer Art überdimensionierter Schatztruhe, in der laut Arendt bis zu 50 Menschen arbeiten werden. Etwas Vergleichbares gebe es weltweit nur noch in Singapur, schwärmt er im Gespräch mit 16vor und berichtet, dass Amsterdam und London als mögliche Standorte den Kürzeren zogen. Hinter dem Vorhaben steht das schweizerische Unternehmen „Natural Le Coultre“.

Mit dem „Freeport“ besetzt der Findel eine Nische, die in erster Linie für Investoren und betuchte Kunstsammler, aber auch für Museen und Investmentfonds interessant werden könnte. Ein hoher zweistelliger Millionenbetrag wird das Vorhaben kosten, kommende Woche soll der obligatorische Spatenstich erfolgen. 2014 soll das Gebäude betriebsbereit sein. Im selben Jahr wird voraussichtlich auch das neue Verbindungsgebäude zwischen den Terminalen A und B in Betrieb gehen und Busfahrten über das Vorfeld weitgehend überflüssig machen.

Auf dem Aéroport de Luxembourg stehen die Zeichen auf Wachstum. Knapp 1,8 Millionen Fluggäste wurden 2011 auf dem Findel abgefertigt – ein Plus von 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch 2012 gehe es bergauf, berichtet Lux-Airport-Chef Fernand Brisbois, auf 7 Prozent beziffert er den Anstieg bei den Passagierzahlen in den ersten drei Quartalen des Jahres. Hält diese Entwicklung an, könnte der Flughafen im kommenden Jahr erstmals die 2-Millionen-Grenze knacken. Die Chancen stehen nicht schlecht, denn mit Easyjet gelang es Brisbois und seinem Team, nun die zweitgrößte Billigairline Europas an Land zu ziehen. Die Briten verbinden seit vergangener Woche vier Mal wöchentlich Luxemburg mit London – und verschärfen somit den Wettbewerb auf der zuvor schon hart umkämpften Strecke. Denn auf der sind mit Luxair und British Airways  schon zwei Anbieter unterwegs, auch wenn diese mit Heathrow und der City andere Airports anfliegen als Easyjet (Gatwick).

Schon fürchtet man im Großherzogtum um die Luxair, die im Linienverkehr seit Jahren rote Zahlen schreibt und sich auch auf der Stecke nach München der Konkurrenz stellen muss – die der Lufthansa. Im kommenden Jahr gesellt sich der nächste Wettbewerber hinzu, dann auf der Linie Luxemburg-Barcelona. Hier wird ab Frühjahr der spanische Low-Cost-Carrier Vueling unterwegs sein. Lange Zeit schien es, als sei der Findel tabu für die Billigheimer der Lüfte, der Schutz der nationalen Airline stand und steht bis heute für viele Politiker im Vordergrund. Brisbois sagt: „Wir heißen hier jede neue Airline willkommen, schließlich zahlt jede dieselben Gebühren. Wir machen da keinen Unterschied“. Noch nicht abgeschlossen sind die Gespräche mit Turkish Airlines, die Interesse an einer neuen Verbindung von Luxemburg nach Istanbul angemeldet haben.

Brisbois arbeitete 38 Jahre für die Luxair, 2007 übernahm er die Geschäftsführung der Betreibergesellschaft Lux-Airport. Beim Bau des knapp 160 Millionen Euro teuren neuen Terminals A gab es Schwierigkeiten, nur wenige Monate blieben ihm, den Zeitplan wieder ins Lot zu bringen. Wenn Brisbois darauf zu sprechen kommt, ist das Thema schnell beim neuen Berliner Flughafen – wobei der LUX-Chef es diplomatisch vermeidet, das anhaltende BER-Malheur zu kommentieren.

Diskussion über Aufhebung des Nachtflugverbots

Zumal es trotz steigender Passagierzahlen auch von seinem Flughafen nicht nur Positives zu berichten gibt. Gerade der für den Findel so wichtige Cargosektor schwächelt seit Jahren. Dank Homecarrier Cargolux war Luxemburg über Jahre einer der wichtigsten Frachtflughäfen Europas, nun rechnet Brisbois für dieses Jahr mit einem erneuten Rückgang in diesem Bereich um 6 bis 7 Prozent. Während der Hahn in jüngster Zeit neue Airlines gewinnen konnte und hierbei offenbar von seinem Rund-um-die-Uhr-Betrieb profitiert, sind dem Findel Grenzen gesetzt. Deshalb wird nun auch über eine Aufhebung des Nachtflugverbots diskutiert. Das Lëtzebuerger Journal zitierte den zuständigen Wirtschaftsminister des Landes, Etienne Schneider, kürzlich mit den Worten: „Man kann immer gegen etwas sein, solange man es sich leisten kann“.  Für Brisbois ist beim Thema Nachtflugverbot die Politik gefragt, doch dass es für den Findel Vorteile hätte, könnten dort auch nachts Maschinen starten und landen, liegt auf der Hand. Das Problem: Der Airport liegt nur sechs Kilometer vom Stadtzentrum Luxemburgs entfernt, die Lärmbelastung wäre erheblich.

Und auch in Trier würde eine Aufhebung des Nachtflugverbots nicht unbemerkt bleiben. Vor einigen Jahren schon gab es hierüber eine Diskussion im Stadtrat. Dass der Flughafen auch einige Bedeutung für den Tourismus- und Wirtschaftsstandort Trier hat, wird dann schon mal ausgeblendet. Vor allem Geschäftsreisende in der Region profitierten von dem Angebot in Luxemburg, gibt Wilfried Ebel von der Industrie- und Handelskammer zu bedenken, auch die Lücken im Fernverkehr der Bahn würden so zumindest teilweise geschlossen. Wobei Ebel betont, dass ein besserer Anschluss der Stadt und des Umlands an das Schienennetz weiterhin auf der Agenda bleibe. Apropos: Eine Schienenanbindung des Luxemburger Flughafens wird es auf absehbare Zeit nicht geben, obwohl unter dem Terminal A schon ein Terminal vorhanden ist.

Dass aus dem für damalige politische Verhältnisse – der Erste Weltkrieg lag gerade mal ein Jahrzehnt zurück – visionäre Projekt „Trilux“ nie etwas wurde, ist laut Emil Zenz nicht zuletzt dem Trierischen Volksfreund zu verdanken. Die Redakteure des Blatts hätten damals nicht geahnt, welche Bedeutung der Luftverkehr einmal haben würde, schreibt der frühere Trierer Bürgermeister und Stadtchronist und zitiert den TV: „Es kann sich jedenfalls in beiden Städten nur um wenige prominente Persönlichkeiten handeln, die vielleicht ab und zu die Flugmaschine benutzen“.

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