Kollektive Spielfreude und individuelle Klasse

Wo es Trierer überall so hin verschlagen hat und was sie dort bewerkstelligen, böte reichlich Stoff für eine eigene Reihe auf 16vor. Hier ist zu berichten von einer Swing-CD, die unter maßgeblicher Beteiligung von drei Künstlern mit Trier-Bezug in Köln entstanden ist. The Swingcredibles sind eine Big Band, die sich aus aktiven und ehemaligen Studenten der Universität zu Köln zusammensetzt. Die Band steht seit etwa acht Jahren unter der Leitung von Johannes Nink und hat nun ihre erste CD herausgebracht. Auf allen 12 Stücken der CD wird das Schlagzeug von Bruder Christian Nink bedient. Wer sich für in Trier aufgeführten Jazz interessiert, konnte den dort aufgewachsenen Musikern schon live zuhören, etwa bei Auftritten der Big-Band des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums oder des Trierer Swing Trios. Dieselben Wurzeln weist auch der Künstler Till Charlier auf, der CD-Hülle und Booklet mit einem vielfach variierten Tanzpaar illustriert hat.

Die 12 Titel der CD mit insgesamt über 68 Minuten Spielzeit spannen einen weiten Bogen von Swing-Standards aus den 20er und 30er Jahren über Werke zeitgenössischer Jazzkünstler wie Bob Mintzer und Helge Schneider bis hin zu zwei vom Bandleader selbst komponierten und arrangierten Stücken. Klassiker („Summertime“) sind ebenso dabei wie seltener gehörte Stücke (wie das famose „A Warm Breeze“).

Nicht weniger als 29 Musiker wirkten bei den Aufnahmen mit. Am Werk ist eine opulent besetzte Big Band, die neben der spürbaren kollektiven Spielfreude auch die individuelle Klasse der einzelnen Musiker in vielseitigen Soli zum Ausdruck kommen lässt. Spielfreude und Variantenreichtum führen dazu, dass die Grundstimmung der CD mit dem Begriff „lebhaft“ wohl treffend beschrieben ist. Gesteigert wird dies noch durch den Wechsel von Instrumental- und Vokalstücken, wobei letztere wiederum alternierend von einer männlichen und weiblichen Stimme dargeboten werden. Die gute Aufnahmequalität der CD lässt die musikalische Qualität ohne Abstriche zur Geltung kommen.

Der künstlerische Anspruch an die Darbietung ist durchgehend hoch. Dies zeigt sich etwa an dem eindrucksvollen Arrangement des schon erwähnten Klassikers „Summertime“. Das Beiheft der CD weist selbst süffisant darauf hin, wie viele Coverversionen dieses Stücks von 1935 die Musikgeschichte bereits hervorgebracht hat. Künstlerisch gerechtfertigt ist die hier geschaffene weitere Version durch das minutenlange Intro im Stile schauriger Thrillermusik, das sehr lange Zeit offen lässt, wann endlich die allseits bekannte Melodie aufgenommen wird.

Überhaupt: die Beiheft-Texte. Neben den augenzwinkernden Illustrationen von Till Charlier sind auch die Kurztexte zu den einzelnen Titeln ein Vergnügen. In für viele Jazzer typischer ironisch gebrochener Weise wird hier in kaum mehr als vier Zeilen ein Aspekt des jeweiligen Stücks kommentiert, sei es Entstehungsgeschichte, Text oder eine musikalische Besonderheit. So wird etwa der Inhalt von „Chega de saudade“ erläutert als Beschreibung des Zurücklassens „des ‚blauen’ Gefühls, einer Mischung aus Melancholie, Liebeskummer und Sehnsucht, welche zwar inspirierend wirken kann, im Übermaß aber am Leben hindert“. Wer sich beim Hören der CD zum Stöbern im Beiheft verleiten lässt, der wird an beidem seine Freude haben.

Das beschriebene Gesamtkunstwerk gibt es für wenig mehr als 10 Euro bei der Band selbst (www.swingcredibles.com), im Trierer Musikhaus Kröger und – wie zum Beweis für die auch unter Kölner Jazzern übliche Toleranz – bei A&O Medien in Düsseldorf.

Karsten Langenkamp

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