Juncker vor dem Aus?

LUXEMBURG. Das Großherzogtum steht womöglich vor einer historischen Zäsur: Nach übereinstimmenden Berichten luxemburgischer Medien planen Sozialisten, Liberale und Grüne eine „Gambia“-Koalition.

Damit könnte es erstmals seit 1979 eine Regierung ohne Beteiligung der konservativen CSV geben. Die Christsozialen verzeichneten am Sonntag zwar deutliche Verluste, stellen in der „Chamber“ aber auch künftig die mit Abstand stärkste Fraktion. Doch nun scheinen sich die drei Parteien DP, LSAP und die Grünen im Grundsatz bereits auf ein Dreierbündnis geeinigt zu haben. Wie das Tageblatt berichtet, will DP-Chef Xavier Bettel schon an diesem Dienstag Großherzog Henri über die geplanten Koalitionsverhandlungen informieren. Bettel hatte am Wahlabend erklärt, auch künftig Bürgermeister der Hauptstadt bleiben zu wollen. Sollte es zu einem „Gambia“-Bündnis kommen, dürfte unter anderem spannend werden, wer den Premier stellen darf. Denn Sozialisten und Liberale stellen jeweils 13 Abgeordnete.

Über eine mögliche Liaison der drei Parteien war bereits im Vorfeld der Neuwahlen spekuliert worden. Denn nach dem Bruch der schwarz-roten Koalition schien schwer vorstellbar, dass die Sozialisten sich wieder mit den Christsozialen zusammen tun würden. Schließlich hatte die LSAP das Bündnis wegen der Vorwürfe gegen Juncker im Zusammenhang mit einer Affäre um den luxemburgischen Geheimdienst faktisch aufgekündigt. Weil auch die DP massive Vorwürfe gegen den seit 18 Jahren amtierenden Premier erhoben hatte, galt auch eine CSV-DP-Koalition nicht als Selbstläufer. Hinzu kommt: Bereits seit 2005 regieren DP und Grüne gemeinsam in der Hauptstadt. Was in Deutschland bislang undenkbar ist – eine Koalition aus Liberalen und Grünen – läuft in Luxemburg-Stadt sowie einigen anderen Gemeinden des Großherzogtums schon seit vielen Jahren ziemlich geräuschlos.

Sollten sich die drei Parteien einigen, wäre dies ein schwerer Schlag für Jean-Claude Juncker. Der Trierer Ehrenbürger steht seit 1995 an der Spitze des Landes, wiederholt war er für höchste Ämter auf europäischer Ebene gehandelt worden. Einmal lehnte er es ab, Chef der EU-Kommission zu werden. Als er dann erster EU-Ratspräsident werden wollte, verweigerten ihm der seinerzeitige französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy, aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel die Unterstützung. Erst vor wenigen Tagen hatte Juncker erklärt, kein europäisches Amt mehr anstreben zu wollen.

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