„Jazz ist einfach geil!“

Ein Leben ohne Musik? Das wäre für ihn nicht denkbar. Nils Thoma ist Musiker, Bandleader, Arrangeur, Komponist, Betreiber des Labels Portabile Music Trier (PMT) und außerdem seit nunmehr zehn Jahren Präsident des Jazz-Club Trier e.V. Besonders jetzt, zwei Tage vor dem 14. Jazzgipfel am Freitag in der Tufa (Beginn 20 Uhr), wo in kurzen Auftritten Trierer Formationen ihr Können zeigen, schlägt sein Herz für die rhythmusbetonte Musik ein paar Takte schneller. 16vor sprach mit dem Vollblutmusiker über Nachwuchsprobleme im Verein, sein erstes Stück in der schulischen Jazz-AG und über sein größtes Musik-Projekt.

TRIER. Nils Thoma ist in der Trierer Jazzszene bekannt wie ein bunter Hund. Wenn der große, meist in schwarzem T-Shirt oder Hemd gekleidete Mann auf die Bühne tritt, dann bringt er nicht nur die Band, sondern auch das Publikum zum Swingen. Groß ist auch seine Leidenschaft für das Saxofon, welches neben Blockflöte, Klarinette, Bass und Gitarre sein Hauptinstrument ist. Eine ganze Kollektion, vom Bari- bis hin zum Altsax, beheimatet er in seinem Haus in Wasserliesch, doch am allermeisten liebt er das kleine Soprano. Wenn er mit diesem zierlichen Instrument auf der Bühne steht, dann wird schnell klar: dieser Mann lebt für die Musik.

Seine Liebe zum Jazz hat Thoma bereits in der Schulzeit entdeckt. Über lange Jahre war die Blockflöte sein Instrument, doch dann wechselt ein neuer junger Lehrer an seine Schule in Wertheim am Main. Eberhard Feucht, von allen nur „Efeu“ genannt, übernimmt die Leitung der dortigen „Jazz- und Rock AG“. Um dort mitmachen zu können, kauft sich Thoma, dessen Eltern nie besonders musikalisch waren, eine günstige Klarinette. „Das erste Stück, das ich gespielt habe war ‚Sympathy for the Devil‘ von den Stones“, erinnert sich Thoma und summt die ersten Takte. Durch „Efeu“ entsteht der Kontakt zu anderen Bands, und so landet Thoma mit 16 Jahren beim Saxofon und schließlich beim Jazz. „Ich bin sehr offen gegenüber anderen Musikrichtungen. Ich rocke auch gerne, aber wenn es swingt, dann bin ich einfach froher“, erzählt er. „Die Seele des Jazz ist das Improvisieren, quasi das Unterhalten mit den Kollegen auf der Bühne. Das ist, was mich am meisten an der Sache begeistert.“

Egal, wo und wann Thoma auf der Bühne steht, seine Frau Gitte ist nicht weit. Auch wenn sie nicht selbst musikalisch aktiv ist, teilt die Dänin seine Leidenschaft für den Jazz und arbeitet im Hintergrund. Dabei ist sie nicht nur seine größte Kritikerin, sondern kümmert sich außerdem um das Merchandise, fotografiert oder kocht für die Bands. „Beim Jazzgipfel am Freitag gibt es für alle wieder meine dänischen Frikadellen“, kündigt sie lächelnd an.

Wenn Gitte nicht gerade die Musiker versorgt, schreibt sie eigene Songtexte. Einer davon, „Rosemary’s Baby“, wird auch am Freitag in der Tufa zu hören sein, gespielt vom Nonett „NilsWills„. Wie der Name vermuten lässt, handelt es sich auch bei dieser Formation um „ein Kind“ Thomas‘. Nach einer längeren Pause treten die neun Musiker beim diesjährigen Jazzgipfel in neuer Zusammensetzung auf. Gespielt werden ausschließlich Eigenkompositionen und Arrangements, alle komponiert oder arrangiert von Thoma, der davon überzeugt ist, dass jeder ernsthafte Musiker früher oder später ein Stück schreiben wird.

„Einfach nur Stücke runterspielen, das bin ich nicht“, erklärt er. „Über das Komponieren kann ich meine Sicht der Welt zur Musik beisteuern.“ Egal ob morgens in der Dusche oder abends in seinem Lieblingsrestaurant – Melodien, die ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen, hat der 52-jährige viele, und so zählt die Liste seiner Arrangements und Eigenkompositionen schon mehr als 100 Titel. „Ich gebe den Bandmitgliedern zu jedem Stück eine kurze Info, warum gerade diese Nummer für mich wichtig ist. So können sie die Stimmung der Lieder besser ausdrücken.“ Derzeit plant Thoma sein bisher größtes Projekt: eine eigene Jazz-Oper.

Was ihn nachdenklich stimmt, ist das mangelnde Engagement der vielen jungen Mitglieder des Jazz-Clubs. Auch wenn die Zahl der Mitglieder in den letzten Jahren von circa 100 auf über 400 gestiegen sind, mangelt es wie in nahezu jedem Verein an jungen Freiwilligen, die sich nicht nur projektbezogen, sondern längerfristig ehrenamtlich engagieren. „Nach zehn Jahren an der Spitze des Jazzclubs würde ich die Stafette gerne an jemand Jungen übergeben. Die Geschmäcker ändern sich, deshalb ist es wichtig, dass der Jazz-Club in Zukunft von jungen Leuten geleitet wird.“

So groß seine Sorgen um den Nachwuchs sind, so klein sind sie um die Szene. Dass Trier Jazz wolle, stehe für ihn außer Frage, das könne man schon an den vielen Leuten sehen, die regelmäßig zum „Jazz im Brunnenhof“ kommen oder an den über 2000 Besuchern des „Jazzfests am Dom“ jedes Jahr. Trotz allem appelliert er an die Stadt, die noch mehr für die Szene werben müsse, vor allem unter Touristen; etwa in Hotels ausgelegte Flyer würden Gäste Triers auf das breite Angebot des Jazz-Clubs aufmerksam machen. Denn gäbe es den Jazz-Club nicht, könnte man berechtigt daran zweifeln, ob es in Trier überhaupt eine derart ausgebildete Szene gäbe.

Sein Geld verdient Thoma in Luxemburg, dafür verbringt er seine Abende und Wochenenden fast ausschließlich mit Musizieren und als Bandleader verschiedener Jazzformationen. „Wenn man mir die Musik wegnehmen würde, dann würde ich wie eine Pflanze ohne Sonne eingehen. Selbst auf einer einsamen Insel ohne Plattenspieler hätte ich immer noch Musik, nämlich in meinem Kopf.“ Auf die Frage, was er denn mache, wenn er nicht gerade Musik macht, muss er erst einmal kurz nachdenken: „Ich lese und reise gerne, zum Beispiel zum Kopenhagener Jazzfest. Aber das hat ja auch wieder mit Musik zu tun“, lacht er.

Seine Frau Gitte kann sich das Grinsen nicht verkneifen: „Vor ein paar Jahren waren wir auf Madeira. Mein Koffer hatte 16 Kilo und seiner 25. Ich habe mich gefragt, was er drin hat. Dann machte er ihn auf, und der Koffer war voller Partituren, die er während des Urlaubs durchgearbeitet hat.“ Thoma hat ein einfache Erklärung dafür: „Siehst Du, Jazz ist geil, ich kann einfach nicht ohne Musik.“

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