Im Zweifel für die Klägerin

Für das Landesprüfungsamt in Mainz ist es die zweite Pleite in Folge, eine junge Juristin aus Trier kann hingegen aufatmen. Dass sie bei ihrer mündlichen Prüfung im zweiten Staatsexamen von ihrer Liaison mit einem Jura-Professor profitiert haben könnte, konnten ihr die Richter des Oberverwaltungsgerichts in Koblenz nicht nachweisen. So lässt sich die Entscheidung des OVG in dem pikanten Fall auch auf den Nenner bringen: Im Zweifel für die Klägerin. Geklagt hatte sie gegen eine Anordnung des Prüfungsamts, die Leistung nachträglich abzuerkennen und die Prüfung zu wiederholen. Für eine solche Maßnahme reiche eine „gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Täuschungshandlung“ nicht aus, befanden die Richter.

TRIER/KOBLENZ. Es waren Mutmaßungen, die das Landesprüfungsamt auf den Plan riefen, und einiges sprach auch dafür, dass es bei der mündlichen Prüfung nicht mit rechten Dingen zugegangen sein konnte. Da war zunächst der Umstand, dass die Examenskandidatin mit einem Jura-Professor liiert war. Das soll vorkommen, schon des Öfteren kamen sich Studentinnen und Hochschullehrer an der Trierer Uni näher. Doch im konkreten Fall kam ein pikantes Detail hinzu: Am selben Tag und im gleichen Fach, wie die junge Frau geprüft wurde, prüfte ihr Lebensgefährte. Immerhin hatte er im Vorfeld aber darum gebeten, besagte Kandidatin nicht auch noch zu prüfen. Der Bitte, für die er dem Vernehmen nach keine Gründe angab, gab das Prüfungsamt statt.

Hätte die Jung-Juristin in der mündlichen Prüfung in ihrem Wahlfach Steuerrecht mit einem mäßigen Resultat abgeschnitten, wahrscheinlich wäre der ganze Vorgang nicht öffentlich geworden und hätte auch nicht die Gerichte beschäftigt. Doch während sie im schriftlichen Teil ihres Staatsexamens im Durchschnitt nur knapp ausreichend abgeschnitten hatte, fuhr sie nun einen fulminanten Prüfungserfolg ein: 16 Punkte, ein „sehr gut“. Da wollte manche nicht mehr an einen Zufall glauben, und auch in Mainz wurde man langsam hellhörig. Zwischenzeitlich waren an das Prüfungsamt Mutmaßungen herangetragen worden, der Kandidatin könne den Aktenvortrag für ihre Aufgabe schon im Vorfeld bekannt gewesen sein. Fakt ist: Ihr Lebensgefährte kannte die Aufgabe und deren Lösungsskizze bereits vor der Prüfung. Das hat er auch nie bestritten, doch versicherte der Jura-Professor, der inzwischen an einer Hochschule in Süddeutschland lehrt, dass er seiner Lebensgefährtin keinen Einblick in die Unterlagen gewährt hat.

Richter: Lebensgefährte als Zeuge glaubhaft

Beim Prüfungsamt blieben Zweifel, und wollte man in Mainz die mündliche Prüfung aberkennen und eine Wiederholung anordnen. Wenig überraschend, dass der frisch gebackenen Juristin, die zwischenzeitlich eine Anstellung in Luxemburg gefunden hatte, danach nicht der Sinn stand. So zog sie zunächst vor das Verwaltungsgericht Trier, das ihr Recht gab. Es entspreche „nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Prüfer nicht Willens bzw. in der Lage ist, vertraulich zu behandelnde Prüfungsunterlagen gegenüber ihm persönlich nahestehenden Personen geheim zu halten“, schrieben die Richter in ihrer Urteilsbegründung und führten weiter aus: „Es entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein vom generellen Leistungsbild her schwacher Kandidat keine sehr gute Einzelleistung zu erbringen vermag.“

Die Lebenserfahrung der Verantwortlichen im Landesprüfungsamt ist offenbar eine andere, weshalb man das Oberverwaltungsgericht anrief. Die Koblenzer Richter verhandelten den Fall am 3. Februar, gestern nun gaben sie ihre Entscheidung bekannt. Demnach könne eine juristische Staatsprüfung nicht schon dann nachträglich aberkannt werden, „wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Täuschungshandlung in der mündlichen Prüfung besteht“. Dass die junge Frau, die gegen das Prüfungsamt geklagt hatte, durch ihren Lebensgefährten Kenntnis von dem Aktenvortrag und seiner Lösung erhalten hatte, könne nicht nachgewiesen werden. Der Professor habe als Zeuge „glaubhaft angegeben, er habe der Klägerin das Aktenstück nicht zugänglich gemacht, sondern in seinem Büro verschlossen aufbewahrt“. Zudem bestünden auch keine „markanten Übereinstimmungen der Prüfungsleistung mit dem Lösungsmuster, welche sich nach dem sogenannten Beweis des ersten Anscheins typischerweise nur durch eine Täuschungshandlung erklären“ ließen.

Zwar spreche das von den im Allgemeinen schwachen Prüfungsleistungen der Klägerin abweichende sehr gute Ergebnis des Aktenvortrages für eine Täuschung, räumen die Richter ein. Allerdings könne nicht „mit der für eine Aberkennung der Prüfung erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem gehaltenen Vortrag um eine herausragende Einzelleistung gehandelt“ habe. So sei bereits die Wahlstation der Klägerin im Steuerrecht mit „sehr gut“ bewertet worden. Außerdem habe der Aktenvortrag Probleme umfasst, die in den bei der Prüfungsvorbereitung benutzten Lehrbüchern behandelt worden seien. Schließlich habe die Klägerin im Vorfeld der Prüfung mit ihrem Lebensgefährten regelmäßig das Halten von Aktenvorträgen geübt, was zu mehr Sicherheit in rechtlichen Fragestellungen und in der Vortragstechnik beigetragen habe, urteilte das OVG.

Einen weiteren Bericht finden Sie hier: Fragwürdiger Prüfungserfolg

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