„Ich warte nicht, bis andere handeln“

Sie retteten Menschen vor dem Ertrinken oder leisteten erste Hilfe bei schweren Verkehrsunfällen, sie bewahrten Seniorinnen davor, Betrügern auf den Leim zu gehen oder griffen ein, als gewalttätige Zeitgenossen sich an anderer Leute Eigentum vergriffen – Bürgerinnen und Bürger aus der Stadt und der Region, die am Dienstagabend mit dem Trierer Preis für Zivilcourage ausgezeichnet wurden. „Sie haben nicht gewartet, bis andere handelten“, lobte OB Klaus Jensen (SPD). Polizeipräsident Lothar Schömann erklärte, die Geehrten hätten „ein Stück Zuversicht gegeben“; die Bereitschaft von Bürgern, zu helfen, sei „relativ hoch“, lobte Triers ranghöchster Polizist. Unter den Couragierten war auch ein Mann, der seinen Einsatz mit einem mehrwöchigen Klinikaufenthalt bezahlte – weil er eingriff, als ein Gewalttäter in der Deutschherrenstraße dabei war, Autos zu beschädigen.

TRIER. So hatten sich Mark Grundhöfer und Sonja Kettenhofen ihren Ausflug zum Zurlaubener Moselfest nicht vorgestellt. Zu Wasser waren sie in den Trierer Norden gekommen, um von ihrem Boot aus gemeinsam das große Feuerwerk am Samstagabend zu schauen. Während auf dem Uferstreifen feuchtfröhlich gefeiert wurde und zunehmend Dunkelheit einkehrte, beobachtete das Paar, wie ein Mann unvermittelt in die Mosel sprang. Anfangs dachten Mark Grundhöfer und Sonja Kettenhofen noch, der Unbekannte wolle tatsächlich nur eine Runde schwimmen. Doch recht schnell wurde ihnen klar, dass sich der Mann in Lebensgefahr gebracht hatte. “ Nach fünf bis zehn Minuten hatte der den Kopf mehr unter als über dem Wasser“, erinnert sich Grundhöfer. Seine Partnerin und er steuerten das Sportboot in Richtung Schwimmer. Doch der ließ sich nicht so ohne Weiteres an Deck ziehen.

Nicht weit davon entfernt hielten sich zur selben Zeit Gert Siemon sowie Petra Longen mit ihren Kindern Maya und Marvin auf. Mit ihrem Schlauchboot eilten sie ebenfalls zur Hilfe. „Er war gut dabei“, erinnert sich Siemon, der Mann im Wasser hatte auch ordentlich einen im Tee. Und er wehrte sich. Nur in einer Gemeinschaftsaktion gelang es, den stark alkoholisierten Moselfestbesucher an Bord und  an Land zu bringen, wo Polizisten und Sanitäter ihn in Empfang nahmen und ins Krankenhaus brachten. Siemon verhehlt nicht, dass er auch etwas sauer über den außerplanmäßigen Einsatz war, doch überwiegt bei allen Beteiligten das Gefühl, einen Menschen vor dem Ertrinken gerettet zu haben. Denn dass der Mann seinen Ausflug in die Mosel am Ende mit dem Leben bezahlt hätte, daran hegen die Lebensretter von Zurlauben keinen Zweifel. Kontakt hatten sie bis heute nicht zum Geretteten. Den brauche man auch nicht, betont Mark Grundhöfer, „aber ich wüsste schon gerne, ob es ihm heute gut geht“.

Viele gute Beispiele haben die Menschen gegeben, die OB Klaus Jensen und Polizeipräsident Lothar Schömann am Dienstag in einer kleinen Feierstunde im Rathaus ehrten. Erstmals verliehen Stadt und Polizei gemeinsam den Trierer Preis für Zivilcourage. Man könne natürlich darüber diskutieren, was Zivilcourage überhaupt bedeute, so Jensen, aber entscheidend sei doch, dass alle Geehrten „Bürgermut“ gezeigt hätten. „Ich stehe dafür ein, dass dem anderen nichts passiert“, beschrieb der OB die Haltung, die alle miteinander verbinde; „ich warte nicht, bis andere handeln“. Es gehe hierbei nicht darum, „falsch verstandenes Heldentum“ zu beweisen, sondern „besonnen einzugreifen“.

Nur handelt der Mensch nicht immer besonnen, und mitunter bringen sich couragierte Menschen in große Gefahr. Diese Erfahrung machte auch Maximilian Krieger. In der Nacht zum 7. Januar dieses Jahres beobachtete er einen Mann, der in der Deutschherrenstraße mehrere Fahrzeuge beschädigte. Krieger zögerte nicht lange, sprang aus dem Fenster und verfolgte den Täter, bis er ihn schließlich stellte. Doch dann eskalierte die Lage: Der Ertappte wehrte sich und zückte plötzlich ein Messer, stach auf Krieger ein und verletzte ihn derart schwer, dass er mehrere Wochen im Krankenhaus lag. „Schön, dass Sie wieder gesund sind“, begrüßte der OB den jungen Mann am Dienstag im Reigen der Ausgezeichneten. Dem Stadtchef war die Erleichterung über Kriegers Erscheinen sichtlich anzusehen. Jensen und Schömann hatten ihn seinerzeit gemeinsam im Krankenhaus besucht, die Verletzungen waren erheblich.

Fragt man den Polizeipräsidenten, wie er das Verhalten Kriegers denn beurteile, stellt er zunächst klar, dass er diesem keinerlei Vorwurf daraus mache, dass er instinktiv gehandelt habe. Dennoch appelliert der Polizeipräsident, alles zu unterlassen, was einen selbst in Gefahr bringen könne. Deshalb sei der optimale Weg der, aus sicherer Distanz die Polizei zu informieren – gerade in Zeiten, in denen fast jeder über ein Handy verfüge, solle man immer auf Nummer Sicher gehen.

Auch Jürgen Jäcker griff zum Hörer und verhinderte so, dass zwei Betrüger eine ältere Dame um viel Geld brachten. Der 53-Jährige war am Stockplatz unterwegs, als ihm ein kleiner Transporter auffiel. Zwei Männer und eine ältere Frau stiegen aus dem Fahrzeug und gingen gemeinsam in Richtung Sparda-Bank. Die Situation kam Jäcker sofort spanisch vor, zumal nachdem er mitgehört hatte, dass die Seniorin einen höheren Barbetrag für die beiden Männer abheben sollte. Also sprach er sie an. „Die dachte zuerst, ich wollte ihr was“, erinnert sich Jäcker. Erkennbar überfordert mit der Situation sei die ältere Frau gewesen, und so habe er zunächst auch nichts ausrichten können.

Als die drei dann unverrichteter Dinge zu ihrem Fahrzeug zurückkehrten und die beiden Männer die ältere Dame zwischen sich setzten und davonfuhren, sei ihm einigermaßen mulmig geworden. „Da hatte ich schon etwas Angst um die Frau“, berichtet Jäcker, und dass er sofort die Polizei verständigt habe. Als die beiden Täter mit ihrem Opfer kurze Zeit später einen neuerlichen Anlauf unternahmen und wieder vor der Bank auftauchten, griff die Polizei zu. Wie sich herausstellte, wollten die beiden Betrüger die Seniorin um 4.500 Euro erleichtern. Beinahe wäre ihnen das auch gelungen. „Die hatte offenbar viel Gottvertrauen“, erinnert sich Jäcker, die Frau habe ihm aber auch leid getan. „Couragiert und vorbildlich gehandelt“ habe er, würdigte OB Jensen Jäckers Einsatz.

Sie wurden mit dem Trierer Preis für Zivilcourage ausgezeichnet: Udo Benz und Otmar Müllers, Werner Bettendorf und Alfred Schmitt, Barbara Danicke, Michael Döhr, Whalid El Omar, Nicola Gerhardt und Paul Diethelm Gräf, Mark Grundhöfer und Sonja Kettenhofen sowie Petra Longen mit Maya und Marvin und Gert Siemon, Patrick van Herbruggen, Jürgen Jäcker, Maximilian Krieger, Darius Kucharski, Manuela Mertes, Helga Naunheim, Thomas Pesch, Marie-Luise Regnery, Peter Wilhelm Schenkelberg, Dirk Schumacher und Michael Simon, Bernd Andre Wenzel. 

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