„Ich bin unabhängig und bleibe es!“

HiltrudZock092013-1kleinMit der Nominierung Hiltrud Zocks als Kandidatin für die OB-Wahl ist der CDU-Spitze ein Coup gelungen. Eine parteilose Triererin, unternehmerisch und ehrenamtlich in der kulturellen und sozialen Szene der Stadt aktiv und vernetzt – das und manches mehr wird potenzielle Mitbewerber wie den aktuellen Amtsinhaber nicht unbeeindruckt lassen. Doch ihre Kandidatur ist auch ein Wagnis, der Ausgang noch völlig offen. Denn die PR-Unternehmerin bewirbt sich um ein politisches Amt, obwohl Politik nicht zu ihrem Metier zählt. Zudem fehlt ihr bislang jegliche Verwaltungserfahrung. Der Union oder einer anderen Partei werde sie nicht beitreten, versichert die 50-Jährige und betont doch, dass sie sich den meisten Positionen der CDU verbunden fühle. 

TRIER. Hiltrud Zock hätte eigentlich anderes zu tun. Am Nachmittag startet auf dem Kornmarkt das Theaterfest, da darf, will und wird die Vorsitzende des Vereins der Freunde des Trierer Theaters nicht fehlen. Dass sie nun wenige Stunden zuvor in einem Hotel Rede und Antwort steht, war so bis vor kurzem nicht vorgesehen. Doch vor wenigen Wochen hatte Zock auch noch nicht vor, als Kandidatin der stärksten politischen Kraft Triers in die OB-Wahl zu ziehen; wie auch niemand, außer einem sehr engen Zirkel innerhalb des CDU-Kreisvorstands, sie auf der Liste potenzieller Kandidaten hatte.

Es war eine Art innerparteiliches Geheimunternehmen, das allen voran Kreischef Bernhard Kaster und der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion, Dr. Ulrich Dempfle betrieben. Mit einigen wenigen des Präsidiums hatten sie sich auf die Suche nach einem Kandidaten für die OB-Wahl gemacht, am Freitagabend präsentierten sie Vorstand, Ortsvorstehern und Ratsmitgliedern ihren Vorschlag: Eine Unternehmerin und politische Seiteneinsteigerin soll es richten. Ein Coup, eine Kandidatur mit kühl kalkuliertem Charme – und nicht ohne Risiko. Die CDU setzt sich an die Spitze des Bewerberfelds, macht den Wählern mit einer parteilosen Frau ein attraktives Angebot – und signalisiert damit auch eine bis vor kurzem kaum für möglich gehaltene Offenheit. Ein geschickter Schachzug, der vergessen machen könnte, dass es der CDU selbst an überzeugenden Namen mangelt. Denn hätte es ihn gegeben, den „geborenen“ OB-Kandidaten aus den eigenen Reihen, ein Vorschlag wie Hiltrud Zock wäre parteiintern kaum durchsetzbar.

Was erst einmal nichts über die zweifellos vorhandenen Qualifikationen der nunmehr nominierten Bewerberin sagt. Hiltrud Zock kann Menschen für sich gewinnen und für ihre Ideen begeistern. Sie geht auf Leute zu, ist eine Motivatorin, bringt unterschiedliche Akteure an einen Tisch und ist obendrein eine Frohnatur, die viel lacht und gute Laune verbreitet. Ihre positive Ausstrahlung macht sie für manche indes schon wieder verdächtig: „Wie echt“ denn ihre Fröhlichkeit sei, wird dann hinter vorgehaltener Hand gefragt. Wer länger mit ihr spricht, erlebt tatsächlich eine Frau, die mit sich im Reinen und ihrem Leben rundum zufrieden scheint. „Ich habe unheimlich viel Glück in meinem Leben gehabt“, sagt sie, „und das Beste ist wohl, dass mir das auch immer bewusst ist“. Hiltrud Zock berichtet davon, dass sie auf „unglaublich gute Menschen“ vertrauen kann. Aber, schiebt sie hinterher, „es ist auch nicht so, dass mir alles geschenkt wurde“.

Große Wertschätzung für Amtsinhaber Klaus Jensen

Hiltrud Zock ist eine Workaholikerin, die zu leben versteht. Mit dem Trierer „Agenturhaus“ hat sie ein Unternehmen aufgebaut und sich in unterschiedlichen Bereichen als Beraterin und Moderatorin einen Namen gemacht. Sie war Chefredakteurin des ersten TOP Magazins Trier-Luxemburg, lebte eineinhalb Jahre in Paris, wo sie unter anderem für das deutschsprachige Magazin eines französischen Verlags arbeitete. Nach dem Volontariat und der Geburt ihres Sohnes war absehbar, dass Hiltrud Zock ihr 1981 an der Uni Trier aufgenommenes Studium der Soziologie und Medienkommunikation an den Nagel hängen würde. Sie habe zwar immer vorgehabt, noch den Abschluss zu machen, aber dazu sei es dann aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr gekommen. Wohl auch, weil sie neben ihrer unternehmerischen Tätigkeit zahlreichen Ehrenämtern nachging. Hiltrud Zock unterstützt den Verein Nestwärme ebenso wie die Caritas-Stiftung „Zeichen der Hoffnung“, deren Kuratorium sie angehört; sie hatte maßgeblichen Anteil am Aufbau der Kulturstiftung und baute einen Unternehmerinnenkreis zur Förderung der Miezen auf.

Doch worauf man in ihrer Vita bislang nicht stieß, ist politisches Engagement. Ob sie denn ein politischer Mensch sei, will der Interviewer nun wissen. „Politisch ja, aber nie parteipolitisch“, antwortet sie und stellt vorsorglich klar: „Ich werde auch künftig nicht in eine Partei eintreten“. Allerdings sagt Zock auch: „Für mich war das ‚Ja‘ (zur Kandidatur; Anm. d. Red.) nur möglich, weil ich mich den meisten Positionen der CDU verbunden fühle. Gleichwohl wolle sie sich ihre Offenheit gegenüber anderen Parteien bewahren. Sie sei immer „sachorientiert“ an Probleme heran gegangen, und so wolle sie es auch als Oberbürgermeisterin halten. Vorschläge werde sie nicht danach beurteilen, von wem sie kämen, sondern ob sie konstruktiv im Sinne der Stadt seien – oder eben nicht. „Für mich war das „Ja“ nur möglich, weil ich mich den meisten Positionen der CDU verbunden fühle““Ich bin unabhängig, und ich bleibe es“. Das ist eine klare Ansage, und man darf gespannt sein, wie viel „Beinfreiheit“, um ein Wort Peer Steinbrücks zu gebrauchen, ihr die CDU im anstehenden OB-Wahlkampf tatsächlich einräumen wird.

Denn noch in einem anderen Punkt schlägt Hiltrud Zock schon mal Pflöcke ein: Sollte Klaus Jensen sich um eine Wiederwahl bewerben, will die parteilose CDU-Bewerberin zu ihm nicht auf Konfrontationskurs gehen. So drückt sie denn auch mehrfach ihre Wertschätzung für den Amtsinhaber und dessen Arbeit aus und sagt: „Ich habe überhaupt keinen Grund, Klaus Jensen etwas vorzuwerfen. Das mache ich nicht!“ Den OB habe sie als „sehr differenziert denkenden Menschen“ kennengelernt, fährt sie fort und ergänzt: „Ich trete ja nicht gegen ihn an, er weiß ja auch noch nicht, ob er wieder kandidieren wird“. Hiltrud Zock plant einen Pro-Wahlkampf, will für sich werben und nicht anderen verbal gegen das Schienbein treten. Eine respektvolle Auseinandersetzung sei ihr wichtig, betont sie. Ein hehrer Anspruch, ob sie ihn durchhalten kann, wird maßgeblich davon abhängen, ob die CDU ihrer Kandidatin in diesem Ansatz folgen wird – und ob der OB erneut antritt. Sollte sich Jensen um eine Wiederwahl bewerben, dürfte in der Union auf jeden Fall viele auf Konfrontationskurs gehen und Zock als totales Kontrastprogramm präsentieren wollen. Schließlich lässt Kreischef Kaster schon jetzt kaum eine Gelegenheit aus, dem OB Führungsschwäche vorzuwerfen und vom „schlechtesten Stadtvorstand“ zu sprechen, den Trier je gehabt habe.

Zock präsentiert sich jedenfalls als Entscheiderin, sie traue sich zu, „in manchen Dingen Geschwindigkeit reinzubringen“. Als Unternehmerin könne man gar nicht anders, als entscheiden, erklärt sie, und auch wenn manche Prozesse in der Verwaltung sicherlich mehr Zeit bräuchten, glaube sie doch, dass sie auf ihre unternehmerische Erfahrung aufbauen könne. Ziele müssten „kristallklar umrissen“, der Weg zu ihnen klar vorgezeichnet sein. Letzten Endes gehe es immer darum, Budget, Zeit und Verantwortlichkeiten so zusammen zu bringen, dass ein Ergebnis herauskomme und entschieden werden könne. Zock sieht in der Stadtpolitik wie auch in der Verwaltung großes Prozenzial: „Gestaltungsspielraum, das ist es etwas, das mich gepackt hat“. Dass sie keinerlei Verwaltungserfahrung mitbringt und kommunalpolitisch bislang nicht in Erscheinung trat, verhehlt sie nicht; wie auch? Doch sie sieht darin vielmehr eine Chance: Wenn jemand von außen ins Rathaus komme, könne das auch eine neue Dynamik auslösen; und sie sei sich sicher, dass sie dann auch Wege aufzeigen könne, an die manche bislang vielleicht noch nicht gedacht hätten. Sie gehe mit einer „gehörigen Portion Idealismus“ ins Rennen, „aber ich bin eine Idealistin mit Bodenhaftung, und ich bin nicht naiv“.

Vier Wochen Bedenkzeit hatte Zock gebraucht, bevor sie das Angebot einer Kandidatur der CDU annahm: Es habe etwas gedauert, „bis ich meine Kompetenzen in meiner Eigenwahrnehmung so geordnet habe, bis sie in das Profil einer Oberbürgermeisterin hineinpassten. Das war ein sehr selbstkritisches Hinterfragen – trau ich mir das zu? Schaff ich das? Hab ich auch genug Kompetenzen dazu? Dafür braucht man vier Wochen, das ist dann fast schon ein kurzer Zeitraum“, erklärte sie in einem Pressegespräch am Tag nach ihrer Nominierung. „Das ‚Ja‘ steht, mittlerweile steht das ‚Ja‘ auch mit einer Menge Begeisterung – und ich bin mittlerweile auch sicher, dass ich einen guten Job machen werde.“

Bernhard Kaster hat daran keinen Zweifel, er ist überzeugt, die perfekte Kandidatin aufzubieten. Man habe „bewusst nach einer Trierer Lösung“ gesucht, und den Einwand, dass Zock politisch unerfahren ist, will der CDU-Kreischef so nicht gelten lassen: „Frau Zock hat ja schon politisch gearbeitet, indem sie sich in vielen Bereichen engagiert hat“, sie werde „die Stadt mit Charme, Dynamik, Entscheidungsfreude und einer guten Kommunikation nach vorne bringen“. Fraktionschef Ulrich Dempfle erklärte: „Für mich war es wichtig, eine Persönlichkeit zu finden, in der sich die Stadt – wie sie heute ist – widerspiegelt. Und das ist uns mit Hiltrud Zock gelungen. Die Stadt ist geprägt von der Universität, von der Wirtschaft, vom Tourismus – das ist kein Monolith, Trier ist nicht nur nur christdemokratisch oder nur sozialdemokratisch.“

Mitarbeit: Marcel Pinger

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