Geschasst, aber nicht gekündigt
Anfang November teilte Eintracht Trier in einer Pressemitteilung mit, dass sich der Verein und der Leiter des Nachwuchszentrums, Raphaél Laghnej, „in beiderseitigem Einvernehmen“ getrennt hätten. Diese Nachricht kam überraschend, weil Laghnej erst am 1. Juli 2013 seinen Posten offiziell angetreten hatte. Über die Gründe der Trennung schweigen auch noch vier Monate danach beide Parteien. Denn nach 16vor-Informationen ist der Zwei-Jahres-Vertrag nach wie vor gültig. Neben einer Abfindung oder einer Lohnfortzahlung für den gebürtigen Mainzer gäbe es noch eine dritte Option, wie es nun weitergeht.
TRIER. Im Juli 2012 kam Raphaél Laghnej zu Eintracht Trier und wurde Trainer der U16. Im April vergangenen Jahres übernahm er auch noch die U17. Parallel dazu hatte er eine halbe Stelle am Friedrich-Spee-Gymnasium als Sportlehrer und bereitete sich auf seinen Posten als Leiter des SVE-Nachwuchszentrums ab 1. Juli vor. „Ich bin von Mainz nach Trier gekommen, weil ich hier großes Potenzial sehe“, sagte Laghnej bei seiner Vorstellung als neuer Jugendkoordinator vor einem Jahr. „Ich weiß, was man anders machen müsste, um erfolgreicher zu sein.“
Der Diplom-Sportwissenschaftler, der die A-Lizenz besitzt und damit in der Regionalliga als Trainer arbeiten dürfte, präsentierte in der Pressekonferenz ein auf vier Säulen basierendes Konzept: Kommunikation, Kooperation, Scouting und Öffentlichkeitsarbeit. Laghnej schickte sich an, dies auch umgehend umzusetzen. Er führte Gespräche, brachte eine Facebook-Seite für den Jugendbereich an den Start, baute die Kooperation mit Schulen aus und warb neue Sponsoren. Zudem sichtete er Talente und arbeitete an der Zusammenstellung der Teams. Davon sollten mittelfristig auch Trainer betroffen sein. Dies hat wohl für Unmut gesorgt.
Laghnejs Wirken behagte offenbar manchen im Verein nicht. Anfang November teilte der SVE mit, dass man sich mit sofortiger Wirkung und in beiderseitigem Einvernehmen von seinem Jugendkoordinator getrennt habe – vier Monate nach seinem offiziellen Arbeitsbeginn. Und das, obwohl die Entscheidung für den damals 39-Jährigen laut Vorstandsmitglied Roman Gottschalk „nach reiflicher Prüfung, aber schlussendlich aus voller Überzeugung“ gefallen sei. Zudem gab es auch aus sportlicher Sicht nichts zu beanstanden. „Es hat irgendwie nicht gepasst“, erklärte Pressesprecher Andreas Arens damals auf Anfrage, betonte aber, dass sich Laghnej nichts habe zu Schulden kommen lassen.
Auch heute wollen sich beide Parteien nicht zu dem plötzlichen Ende der Zusammenarbeit äußern. „Über Details wurde beidseitiges Stillschweigen vereinbart“, so Gottschalk, der für den Jugendbereich zuständig ist. Der Grund dafür ist, dass nach 16vor-Informationen Laghnej weiterhin einen gültigen Vertrag bis 2015 besitzt. Schließlich gab es keinen „wichtigen Grund“, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt hätte. Der Verein räumt ein, dass es auch keine förmliche Abmahnung gegeben habe.
Nun bestehen drei Möglichkeiten, wie es weitergeht. Erstens: Eintracht Trier zahlt Laghnej eine Abfindung und der Vertrag wird aufgelöst. Zweitens: Der Vertrag läuft weiter und Laghnejs Lohn wird bis Sommer 2015 fortgezahlt. Drittens: Laghnej, der derzeit noch krankgeschrieben ist, nimmt in der kommenden Woche seine Arbeit als Nachwuchskoordinator des SVE wieder auf. „Wir sind auf einem sehr guten Weg, eine endgültige, für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu schaffen“, sagt Gottschalk.
Obwohl sich in der Führungsetage der Eintracht mit dem Weggang des Geschäftsführers Dirk Jacobs Ende Januar Einiges geändert hat, dürfte es ausgeschlossen sein, dass Laghnej in Trier wieder als Leiter des Nachwuchszentrums arbeiten wird. Auch weil Anfang des Jahres ein „Kompetenzteam Jugend“ ins Leben gerufen wurde. Geschäftsstellenleiterin Tanja Schäfer ist darin für das Budgetwesen und das Controlling zuständig, Jugend-Geschäftsstellenmitarbeiter Michael Palm zeichnet verantwortlich für den Kontakt zu den Verbänden sowie fürs Passwesen, Andreas Arens hat die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit übernommen und das U23-Trainer-Gespann Herbert Herres und Arno Kömen kümmert sich um die operativen Abläufe im Trainings- und Spielbetrieb.
„Wir haben im Laufe der vergangenen Jahre feststellen müssen, dass die Masse an Aufgaben kaum von einer einzelnen Person alleine bewältigt werden kann und wollen deshalb effizientere, schnellere Wege schaffen, um zu Entscheidungen und Lösungen zu kommen“, begründete Nachwuchs-Chef Gottschalk vor wenigen Wochen die Schaffung des „Kompetenzteams“. Dessen Mitglieder hatten jedoch schon zu Laghnejs Zeit fast dieselben Aufgaben. „Grundsätzlich gab es bereits unter Raphaél Laghnej Angebote für Unterstützungen und Hilfestellungen aus dem bestehenden Mitarbeiterteam. Zum Teil wurde hier auch entsprechend zusammengearbeitet“, so Gottschalk gegenüber 16vor. „Das neugeschaffene Kompetenzteam konnte sich indes auch nur dadurch bilden, weil es zum Teil vereinsinterne Umstrukturierungen und eine Neuverteilung von Aufgaben gab, die wiederum jetzt den Mitgliedern der neuen Jugendspitze Möglichkeiten bieten, sich hier einzubringen.“
Zweimal kam das Team bisher zusammen. Neben der Planung bereits bestehender Veranstaltungen wie dem Porta-Nigra-Cup, den Ostercamps und den Talentsichtungstagen drehte es sich dabei um Maßnahmen, die Einnahmen für den Jugenbereich – dessen Budget bei rund 15 Prozent des Gesamtetats liegt – zu erhöhen. Dazu gehört die Vermarktung von Flächen auf den Nebenplätzen durch Bandenwerbung. Die Stadt Trier als Eigentümerin des Moselstadiongeländes hat dies dem Verein inzwischen gestattet. „Es gibt schon einige Interessenten“, sagt Arno Kömen. „Die Gespräche können wir dank des grünen Lichts der Stadt jetzt zielführend weiter fortsetzen.“
Mehreinnahmen kann der SVE im Jugendbereich gut gebrauchen. Schließlich muss der Verein noch einen Nachwuchskoordinator bezahlen, den er nicht mehr haben möchte.