„Explizite Nacktheit umgehen wir“

Erotikkalender mit Laien-Models erfreuen sich offensichtlich wachsender Beliebtheit. Betrachtet man das Angebot, das inzwischen vom „Miss Tuning Kalender“ bis zu „Jungbauernträume“ reicht, scheinen die papiernen Hochglanzdatumsanzeiger nicht mehr nur in Kfz-Werkstätten und in Bundeswehrstuben zu hängen. Seit einigen Jahren werden auch immer häufiger Aktkalender mit Studentinnen und Studenten produziert – von sehr unterschiedlicher Qualität. Der angehende Psychologe Uly Wagner und der Fotograf Marco Piecuch geben zum nächsten Wintersemester einen anspruchsvollen, erotischen Kalender mit weiblichen und männlichen Amateur-Models der Trierer Universität und Fachhochschule heraus. Der Erlös soll gespendet werden.

TRIER. Welche Bilder hat man im Kopf, wenn man an Aktkalender denkt? Genau! Entweder eine nackte Frau, die in eine Kirsche beißt – ein bisschen direkter ist die Variante mit einer Banane –, oder einen lächerlich muskulösen Herrn in Feuerwehruniform mit nichts drunter. Ein beliebtes Motiv in diesem Genre sind auch barbusige Damen, die mit nach hinten geneigtem Haupt, geschlossenen Augen und offenem Mund einen nassen Schwamm über ihrem Thorax ausdrücken oder Milch trinken und dabei – uuups – links und rechts alles danebengeht und über den Oberkörper fließt.

So etwas wollten Uly Wagner und Marco Piecuch nicht machen. „Wir wollten weg vom Hintern mit Wassertropfen drauf in schwarz-weiß“, sagt der Initatior Wagner, der durch einen Magazinartikel über einen Aktkalender einer Hochschule auf die Idee kam, dies auch in Trier umzusetzen. „Explizite Nacktheit umgehen wir und lassen mehr den Gedanken Spielraum.“ Den geeigneten Partner für die Umsetzung fand der 27-jährige Berliner in Piecuch, der seit 2008 in Trier lebt. „Wir waren uns schnell darüber einig, dass es kein klassischer Akt werden soll“, so der Fotograf. „Der Körper ist nur integrativer Bestandteil des Fotos. Jedes Bild soll eine Geschichte erzählen.“

Die Models suchten sie über Aushänge, mit einem Inserat bei hunderttausend.de und im Bekanntenkreis. „Dies war am fruchtbarsten“, erzählt Piecuch, der gerade eine Ausstellung mit Portraits im Café Kokolores am Domfreihof hat. Zunächst sei es jedoch schwierig gewesen, Frauen und Männer – es soll ein Wendekalender werden – für ihr Projekt zu gewinnen. „Die Leute haben eben ein bestimmtes Bild im Kopf.“ Das änderte sich zumindest bei den weiblichen Models, als er ihnen seine Ideen vorstellte. Zudem seien sie zu einhundert Prozent in den Entscheidungsprozess miteinbezogen worden.

Nicht einfach sei es hingegen gewesen, männliche Studenten für die Aktion zu finden. „Männer waren schwierig zu bekommen“, so Wagner, der an der Uni Psychologie studiert. „Frauen machen sich weniger Gedanken und sind weniger eitel.“ Schließlich kam man aber doch noch auf 24 Modelle. „Sie bestehen fast ausschließlich aus Studenten oder zumindest aus Menschen, die mit der Uni oder der FH verbunden sind.“ Vier wurden bereits fotografiert, bis Mitte September sollen die übrigen abgelichtet werden. Zum Beginn des neuen Semesters im Oktober soll der Kalender fertig sein.

Bis dahin wartet noch eine Menge Arbeit auf die beiden Verantwortlichen. Zum einen suchen sie noch Sponsoren, um den Druck zu finanzieren, zum anderen loten sie noch Vertriebsmöglichkeiten aus. Zudem ist noch unklar, wem der Erlös aus den Kalenderverkäufen zugute kommen soll. Geplant ist, eine regionale und eine überregionale oder internationale Organisation mit Spenden zu bedenken. Doch sowohl bei potenziellen Sponsoren als auch bei möglichen Spendenempfängern stoßen sie häufig auf dieselbe Schwierigkeit: „Viele Firmen und Einrichtungen sehen ein Problem mit der Nacktheit“, erklärt Wagner.

Offenbar haben die Betreffenden eine falsche Vorstellung vom Endprodukt. Wenn alle Aufnahmen so geraten wie die bereits fertigen Bilder – wovon man ausgehen kann, wenn man sich ein bisschen mit den Arbeiten von Piecuch beschäftigt –, dann wird der Kalender künstlerisch ein großer Wurf. Die ersten vier Fotos zeichnen sich durch eine reiz- und stilvolle Motivwahl, ein sehr gekonntes, effektvolles Spiel mit Licht und Dunkelheit und einer sehr guten technischen Umsetzung aus. Es sind keine Bilder, bei denen einem Betrachter so etwas in den Sinn kommt wie „Boah, hat die Brüste“ oder „Mann, hat der einen süßen Arsch“. Nein, man schaut auf die Fotos und denkt sich: „Wow, sind die schön.“

Interessenten, die das Projekt unterstützen möchten, können sich gerne an Uly Wagner (uly.wagner[at]googlemail.com) wenden.

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