„Es wird wieder ein Ritt auf der Rasierklinge“

Ernst Wilhelmi gehört seit sieben Jahren dem Vorstand von Eintracht Trier an. Foto: Christian JörickeAm 25. Mai endete für Eintracht Trier die Regionalliga-Saison. Der SVE, der lange Zeit gute Chancen auf einen Relegationsplatz hatte, belegte zum Schluss Rang fünf. Umso wichtiger war deshalb der Gewinn des Rheinland-Pokals vier Tage nach dem letzten Meisterschaftsspiel. Wie Vorstandsmitglied Ernst Wilhelmi die abgelaufene Spielzeit aus sportlicher und wirtschaftlicher Sicht bewertet, erzählt er im Gespräch mit 16vor. Außerdem äußert sich der 49-Jährige, der seit sieben Jahren der Vereinsführung angehört, über die derzeitige finanzielle Situation des Clubs, über die vor einem Jahr gestarteten Maßnahmen, neue Sponsoren zu gewinnen und über den aktuellen Stand der Kaderplanung. Zudem kann er vermelden, dass ein Nachfolger für den scheidenden Stadionsprecher Martin Köbler gefunden wurde.

16vor: Vor zwei Wochen hat sich nach dem Sieg des Rheinland-Pokals Torhüter Andreas Lengsfeld beim Feiern verletzt. Wie geht es ihm inzwischen?

Ernst Wilhelmi: Er hatte sich eine schlimme Schnittverletzung zugezogen, die mit mehreren Stichen genäht werden musste. Aber bis zum Trainingsauftakt sollte das ausgeheilt sein.

16vor: Abgesehen davon verlief der Abend erfreulich. Durch den Gewinn des Pokals ist die Mannschaft für den DFB-Pokal qualifiziert. Wie fällt ihr Fazit für die Saison insgesamt aus?

Wilhelmi: Mich ärgert schon, dass wir nicht bis zum letzten Spieltag um die Relegationsplätze mitgespielt haben. Es ist schon kurios, wenn der Tabellenzweite Elversberg aufsteigt und Hessen Kassel als Erster nicht. Elversberg soll im letzten Jahr allerdings auch einen Etat von 2,3 Millionen Euro gehabt haben. Das ist fast der dreifache Etat von Eintracht Trier. Sie sind dadurch auch in der Breite des Kaders stärker aufgestellt als wir. Das war ausschlaggebend dafür, dass wir zum Schluss nicht mehr ganz oben mit dabei waren.

Trotz alledem: Wir haben von der Vorstandsseite vor der Saison ausgegeben, unter die ersten Fünf zu kommen. Zur Winterpause haben wir gesagt, dass wir so lange oben mitspielen wollen, wie es nur geht. Zudem war der Sieg des Rheinland-Pokals ein wichtiges Ziel. Das haben wir erfüllt. Darum fällt mein Fazit positiv aus.

16vor: Was hat Ihnen nicht gefallen?

Wilhelmi: Die Begleiterscheinungen, nachdem man ein, zwei Spiele verloren hatte. Die Reaktionen der Fans haben sehr wehgetan. Das hat mir nicht gefallen und werde ich auch nie akzeptieren oder tolerieren. Die Kritik nach dem Spiel gegen Idar-Oberstein und gegen Elversberg ist für mich nicht nachvollziehbar.

Es überwiegt jedoch die Freude über den Pokalsieg. Jetzt hoffen wir auf ein schönes Los am Samstag (Auslosung ab 18 Uhr in der ARD), damit wir nochmal eine volle Hütte haben.

16vor: Allein die Teilnahme am DFB-Pokal bringt dem Verein schon über 100.000 Euro ein. Zu Beginn der vergangenen Saison gab es eine Etatlücke von 250.000 Euro. Wie ist die wirtschaftliche Situation inzwischen?

Wilhelmi: Diese Etatlücke wurde bis zum Ende der Saison geschlossen. Der Pokalsieg bedeutet nicht, dass wir jetzt mehr Geld haben. Wir haben in diesem Jahr nur unwesentlich mehr Sponsorengelder zur Verfügung als im Jahr zuvor. Nächste Saison wird wieder ein Ritt auf der Rasierklinge. Wenn sich in der nächsten Zeit nichts Gravierendes tut, was eine Etaterhöhung betrifft, werden wir auch im nächsten Jahr nicht unbedingt um die Meisterschaft mitspielen.

16vor: Vor den beiden letzten Spielzeit musste der Etat um jeweils 20 Prozent gesenkt werden. Wie viel Geld hat Eintracht Trier in der nächsten Saison zur Verfügung?

Wilhelmi: Das Finanzvolumen wird wohl wieder um 20 Prozent kleiner ausfallen, da wir mit einem Etat in die Saison gehen, der gedeckelt ist. Ich möchte aber auch nicht den Teufel an die Wand malen. Das kann sich schnell ändern. Es stehen noch einige Gespräche mit potenziellen Sponsoren aus.

Der für den sportlichen Bereich zuständige Vorstand Ernst Wilhelmi hofft noch auf neue Sponsoren für die kommende Saison. Foto: Christian Jöricke16vor: Vor knapp einem Jahr wurde der damalige Geschäftsstellenleiter Dirk Jacobs zum Geschäftsführer ernannt. Seine Hauptaufgabe sollte die Akquise und Betreuung von Sponsoren sein. Gibt es Verbesserungen in diesem Bereich?

Wilhelmi: Herr Jacobs hat schon in den Jahren zuvor als Geschäftsstellenleiter diese Aufgaben kommissarisch erledigt. Das Team wurde mit Frau Schäfer als neue Geschäftsstellenleiterin verstärkt und damit die Arbeit besser verteilt. Herr Jacobs konnte dadurch sein Hauptaugenmerk auf die Sponsorenakquise und -betreuung legen. Das ist auch geschehen. So etwas an Zahlen zu messen, ist sehr schwierig. In gewissen Bereichen gab es zwar einen Zuwachs an Sponsoren, aber ob diese erlauben, eine große Etaterhöhung vorzunehmen, ist eine andere Frage. Es ist zumindest so, dass die Betreuung der Sponsoren wesentlich besser geworden ist. Da hatten wir erhebliche Minuspunkte aufgrund von Personalmangel. Es war wichtig für die Gesamtorganisation des Vereins, hier eine zusätzliche Stelle zu schaffen, um noch effektiver und erfolgreicher zu arbeiten.

16vor: Auch die Zusammenarbeit mit der TBB-nahen Agentur „Pyramid Sports Marketing“ in Luxemburg sollte neue Sponsoren bringen. Ist dies gelungen?

Wilhelmi: Nein. Diese Zusammenarbeit gibt es seit einem Jahr, der Erfolg ist gleich null. Das ärgert mich unheimlich, da dort im Vorfeld viel Zeit und Arbeit vom Vorstand und von Herrn Jacobs investiert wurde. Wir haben uns von dieser Zusammenarbeit sehr viel erhofft, gerade was den Luxemburger Markt betrifft. Es kam darüber nicht ein Werbevertrag zustande.

16vor: Hat sich in den vergangenen Monaten etwas an dem Verhältnis zu den Trierer Ultras geändert, die dem Vorstand immer wieder Schuld an aus ihrer Sicht sportlich unbefriedigenden Situationen geben?

Wilhelmi: Es sollten in den letzten 12 Monaten mehrere Treffen stattfinden. Alle Treffen mit dem Vorstand wurden von den Ultras kurzfristig abgesagt. Zwei Mal habe ich mit den Betreuern des Fanprojekts alleine zusammengesessen. Die Gesprächsbereitschaft bei uns ist da, aber von den Ultras anscheinend nicht gewollt. Zumindest von großen Teilen.

Es wurde sogar ein großer Tisch anberaumt mit Polizei, Supporters Club Trier, Vereinsverantwortlichen, Fanprojekt und Fanbeauftragtem. Es gab eine Zusage von allen Seiten, aber auch dieser Termin wurde von den Ultras kurzfristig abgesagt. Kurz zuvor wurde anscheinend darüber abgestimmt, an diesem Treffen nicht teilzunehmen. Das ist traurig.

Werbung16vor: Berührt sie das noch, wenn auf der Gegengeraden ein Banner ausgebreitet wird, auf dem die Ultras den Vorstand beschimpfen?

Wilhelmi: Das berührt mich immer noch, obwohl ich jahrelang versucht habe, das abzulegen. Am letzten Spieltag habe ich mich im VIP-Zelt noch lange mit einem Verantwortlichen der Ultras darüber unterhalten. Ich habe versucht, ihm die Sicht eines Vorstandsmitglieds dazulegen. Dass dahinter auch ein Mensch mit Gefühlen steht.

Man kann leicht „Vorstand raus“ fordern. Aber wer macht es denn weiter? Wir wären die Letzten, die erfolgreicheren Protagonisten nicht den Weg freimachten. Wenn man etwas ändern will, sollte man auch eine Alternative haben.

Man darf auch eins nicht vergessen: Wir sind ehrenamtliche Leute, die ihre Freizeit opfern und versuchen, etwas nach vorne zu bringen. Man wird in Zukunft bei Vereinen wie Eintracht Trier, wo immer sehr schnell kritisiert wird, Riesenprobleme haben, Menschen zu finden, die sich so etwas noch antun wollen. Wer lässt sich schon gerne freiwillig beschimpfen und beleidigen?!

16vor: Haben Sie schon mal in einer solchen Situation daran gedacht, bei der Eintracht alles hinzuschmeißen?

Wilhelmi: Ich bin keiner, der hinschmeißt. Den Ausdruck gibt es in meinem Wortschatz nicht. „Hinschmeißen“ haben wir bei Eintracht Trier oft genug gehabt.

Dennoch stellt sich bei mir alle zwei Jahre die Frage, ob ich mich nochmal aufstellen lasse und mir das nochmal antun soll. Vor allem wenn man weiß, warum es Probleme gibt. Eben weil einem die finanzielle Grundlage fehlt oder das Stadion oder der VIP-Bereich nicht so aussehen, wie man sich das vorstellt.

16vor: Zu einem recht frühen Zeitpunkt kann man bereits mit 13 Spielern für die neue Saison planen. Wer soll aus dem bisherigen Team noch gehalten werden? Wie sieht es beispielsweise mit Maximilian Watzka aus.

Wilhelmi: Wir haben im Moment keinen Kontakt zu ihm. Watzka hat uns klar signalisiert, dass er in die Dritte Liga will. Zwischenzeitlich konnte er sich vorstellen, doch bei uns zu bleiben. Derzeit gibt es aber keine Gespräche.

Mit Abelski sprechen wir gerade, und ich erwarte jeden Tag eine Zusage von ihm. Darüber würden wir uns sehr freuen. Ansonsten reden wir derzeit mit keinem aus dem alten Kader.

16vor: Gibt es denn schon einen Nachfolger für Martin Köbler, der nach zwei Jahren nicht mehr als Stadionsprecher zur Verfügung steht?

Wilhelmi: Den gibt es. Sogar aus dessen Familienkreis. Sein Bruder wird das übernehmen.

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