„Es gibt viel Neues oder Altes neu verpackt.“

Jochen Leuf mit Hannah Fortenbacher und Toby Urban. Foto: Der BelichtaAls „außergewöhnlichen Indie-Pop mit eingängigen Melodien aus Sonne, Salzwasser und Sehnsucht“ beschreibt Jochen Leuf seine neue EP „Child of the Sea“. Wer sich davon ein Bild machen möchte, kann dies an diesem Samstag ab 20 Uhr bei der Release-Party im „Kasino“ tun. Warum er gerne auch auf Reisen mit einem Fahrrad unterwegs ist, was ihn zum Meer zieht und was Nachbarn tun, wenn er mit seiner Band ein Wohnzimmerkonzert spielt, erzählt der Trierer Musiker im Interview mit 16vor.

16vor: Du schreibst auf deiner Homepage, dass du „Reisender von Herzen“ seist. Wie lange hältst du es am Stück an einem Ort aus?

Jochen Leuf: Recht lange, wenn mir der Ort gut gefällt. Ich bin schließlich auch schon mehr als zehn Jahre in Trier, mit kleinen Abstechern natürlich. Allerdings bin ich wirklich sehr viel unterwegs. Ich bin kein Freund vom Mosel-Winter, da packt mich dann das Fernweh, und ich muss ich halt wieder los. Allerdings habe ich viele Plätze auf der Welt, an denen ich mich zuhause fühle. Eigentlich vereise ich nur von einer Heimat in die andere und manchmal auch ein bißchen weiter.

16vor: In einem Interview mit „Dasding“ sagst du, dass du gerne Ben Howard hörest. In seinen Videos ist er laufend zu Fuß oder auf dem Fahrrad unterwegs. Damit kannst du dich also gut identifizieren?

Leuf: Auf jeden Fall! Ich liebe es, zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. Man lernt Natur und Menschen auf eine andere Art und Weise kennen, ist viel näher dran an allem.

Ich bin mal ein paar Wochen mit dem Fahrrad in Indonesien unterwegs gewesen und hatte jeden Tag mindestens zehn Einladungen zum Essen und Übernachten. Und Reisschnaps trinken geht beim Autofahren auch nicht so gut, da macht das Fahrrad Sinn. Außerdem mag ich es, einen Berg raufzuschauen und mir zu denken, da kommst du niemals rauf, und irgendwie weiß ich, dass ich es doch schaffen werde. Hilft auch in vielen Lebenssituationen weiter.

16vor: Eure EP heißt „Child of the Sea“. Hast du einen besonderen Bezug zum Meer oder zu Gewässern im Allgemeinen?

Leuf: Ja, Wasser ist eindeutig mein liebstes Element und egal, ob Sommer oder Winter, sobald etwas tiefer ist als eine Pfütze, muss ich reinspringen. Für das Meer gilt das aber noch mal im Besonderen. Das Meer ist für mich ein offener Horizont. Man hat den Kopf frei, um seine Vergangenheit Revue passieren zu lassen, aber auch, um sich die Zukunft auszumalen. Es ist Anfangs- und Endpunkt zugleich. Am Meer schreibe ich fast alle meine Songs.

16vor: Im Musikvideo zu „Free Falling“ lässt du dich im Atlantik treiben und stehst mit deiner Gesangspartnerin Hannah Fortenbacher in voller Kleidung unter einem Wasserfall. Waren das deine Ideen?

Leuf: El Palmar am andalusischen Atlantik ist meine zweite Heimat und meine Bandmitglieder habe ich mittlerweile auch schon angefixt. Wenn Video, dann in Spanien, das war uns klar.

Das Drehbuch haben wir zusammen mit unserem Regisseur Karsten Wolff entwickelt. Wir wollten an den schönsten Orten in der Gegend drehen und da gehören Meer und der Wasserfall von La Muela ganz sicher zu. Und warum in voller Kleidung? Nackt in den Wasserfall hüpfen können wir ja immer noch, wenn die Kamera wieder aus ist!

16vor: Meer, ein Leuchturm, Sonnenuntergang, dazu ein Stück, das zu dieser angenehmen Müdigkeit passt, die entsteht, wenn man ein paar Stunden am Strand gelegen hat – die Nummer soll ein Titelsong für einen Reiseveranstalter werden und euch dadurch reich und berühmt machen, nicht wahr?

Leuf: Naja, mit unserem Akkordeonisten Toby Urban am Leuchtturm beglücken wir ja schon mal die busreisenden Best Ager im „Musikantenstadl“-Alter. Bis auf die paar Tatoos halt…

Aber sobald wir dann im Aldiana All-Inklusive Club bei der After Dinner Show „Free Falling“ singen müssen, drehen wir das nächste Video lieber im Regen am Trierer Hafen.

16vor: Ihr habt die EP mit Crowdfunding finanziert. Hat jemand für 1000 Euro sein eigenes Lied bekommen?

Leuf: Nö, aber funktioniert hat’s ja trotzdem!

16vor: Es gab ein paar Wohnzimmerkonzerte für großzügige Spender. Wie waren die?

Bis auf zwei Crowdfunding-Wohnzimmerkonzerte haben wir alle gespielt und jeder Abend war eine großartige Erfahrung. Man ist direkt dran am Publikum und dekoriert ein fremdes Wohnzimmer zu einer Konzert-Location um, das ist schon geil! Und die Zuhörer sind begeistert. Für jedes gespielte WoZiKo haben wir mindestens zwei neue Anfragen erhalten. Und waren ja sogar im SWR-Fernsehen.

16vor: Was sagen die Nachbarn, wenn sie nebenan ein Konzert hören?

Leuf: Die kommen meistens auf ein paar Bier vorbei, denn schlafen können sie eh nicht mehr.

16vor: Du schreibst, mit euch dreien soll es durch die EP nun einen großen Schritt nach vorne gehen. Was stellst du dir vor?

Leuf: Ganz einfach, wir wollen so oft wie möglich auf der Bühne stehen. Das ist das Allerwichtigste für uns. Schließlich machen wir nicht Musik, um sie nur unserern Freunden vorzuspielen, sondern wir wollen möglichst viele Menschen erreichen. Über 30 Konzerte für 2014 sind gebucht, und ich hoffe, dass noch einmal so viele dazukommen.

16vor: Die EP umfasst fünf Stücke. Wie wollt ihr am Samstag einen ganzen Abend füllen?

Leuf: Wir spielen alle Stücke dreimal und hoffen, dass es keiner merkt. Nein, dass wir nur fünf Songs aufgenommen haben, liegt natürlich an den Produktionskosten. Am liebsten hätten wir direkt 15 auf die Scheibe gehauen. Material haben wir genug. Außerdem stehen wir das erste Mal als fünfköpfige Band auf der Bühne mit unserem Schlagzeuger Stefan Schoch und unserem Kontrabassisten Florian Turbing. Es gibt also viel Neues oder Altes in Neu verpackt.

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