„Erste journalistische Erfahrungen sammeln“
Ein großes Banner am Mensavorplatz hat es bereits seit einigen Tagen angekündigt: Die Studentenzeitung Neue Universal (nu) gibt es wieder. Gut drei Jahre nach ihrer Einstellung – im Kopf sind inzwischen drei Gründungsjahre angegeben – möchte ein neues und junges Team an alte Zeiten anknüpfen und startete mit einer achtseitigen Neuauflage, die seit vergangener Woche im C-Gebäude und in der Mensa der Universität ausliegt. 16vor-Mitarbeiter Marcel Pinger sprach mit ihrem Chef vom Dienst (CvD) Raphael Zingen, der im dritten Semester Soziologie und Politikwissenschaften studiert, darüber, wie es trotz starker Konkurrenz und zeitintensiver Studiengänge funktionieren soll, genug Material und Mitarbeiter zu akquirieren.
16vor: Wie kam es zur Neuauflage?
Raphael Zingen: Als ich mein Studium im Jahr 2012 an der Uni Trier anfing, gab es keine gedruckte Zeitung für Studenten. Es war für mich aber nach acht Jahren Schülerzeitung und Verbandsarbeit bei der Jugendpresse klar, dass ich wieder etwas in die Richtung machen wollte. So hat es sich ergeben, dass ich vor einem Jahr mit einem Freund anfing, eine Zeitung zu planen. Wie es der Zufall dann so wollte, haben wir gegoogelt und dabei herausgefunden, dass es früher schon einmal eine Campuszeitung gab. Das Logo war mir als gebürtigem Trierer sogar noch bekannt. Deren altes Büro im DM-Gebäude haben wir dann übernommen und haben dann letzte Woche die neue Ausgabe verteilt.
16vor: Wie setzt sich die Redaktion zusammen?
Zingen: Die meisten sind Drittsemester, in der aktuellen Ausgabe sogar ausschließlich. Fast alle studieren Soziologie oder Medienwissenschaften – das ergab sich einfach daraus, dass ich erst einmal in meinem Bekanntenkreis nach potenziellen Mitarbeitern gefragt habe. Mit Ausnahme von unserem Gastartikel sind wir also alle relativ jung. Mit dem Projekt möchten wir auch eine Grundlage für viele Studenten schaffen, die später was mit Medien machen wollen, aber mangels Erfahrung noch nicht können. Jeder, der möchte, kann bei uns das Thema frei wählen und erste Erfahrungen sammeln.
16vor: Wie möchte sich die nu von den anderen Medienangeboten in Trier absetzen?
Zingen: Ich hatte mich eigentlich auf die Konkurrenz zur UNIversum gefreut, aber die haben sich leider aufgelöst. Sonst wollen und brauchen wir uns eigentlich nicht absetzen, weil wir sowieso die einzige gedruckte Studentenzeitung sind. Die Tendenz geht eher zu Zusammenarbeit, weshalb wir schon das Campusradio und das Campus TV besucht haben. Mit denen wollen wir zum Beispiel einen gemeinsamen Stammtisch einrichten. Sonst ist das Medienangebot in Trier ja überschaubar.
16vor: Welches Themenspektrum soll mit der nu abgedeckt werden?
Zingen: Prinzipiell sind bei uns alle Mitarbeiter vollkommen frei. Natürlich liegt der Schwerpunkt auf der Uni, aber wir wollen keine Zeitung sein, die ausschließlich aktuelle Ereignisse vom Campus oder aus der Hochschulpolitik behandelt. Das Ganze soll auch ein bisschen in Richtung Lifestyle gehen – also zum Beispiel, was in der Stadt los ist oder wie ein Erasmus-Studium aussieht. Grundsätzlich gilt: Wenn du einen Hasen hast, der Klopfer heißt und es interessant findest, darüber zu schreiben, dann kannst du das bei uns tun.
16vor: Stichwort „Hochschulpolitik“ – die neue Ausgabe behandelt dieses Thema etwas stiefmütterlich. Interessiert sich die jetzige Studierendengeneration nicht mehr dafür?
Zingen: Doch, die Leute interessieren sich schon dafür. Nur haben wir haben bei der ersten neuen Ausgabe auf tagesaktuelle Themen verzichtet, weil wir noch nicht wussten, wie schnell der Druck läuft und wie problemlos das alles über die Bühne geht. Da wollten wir ein gewisses Risikozeitfenster haben. In den nächsten Ausgaben werden dann verstärkt solche Themen kommen, denn die Planung der ersten Neuausgabe lief schon überraschend gut.
16vor: Die nu erscheint im Tabloid-Format und liegt an der Uni aus. Welche Rolle spielte die Frage, noch einmal traditionell auf Print zu setzen?
Zingen: Ich wollte eine reine Print-Zeitung machen, weil ich es als Herausforderung sehe. Zum einen ist die Finanzierung immer so eine Geschichte. Zum anderen muss man bei Print gucken, das alles hineinpasst und Deadlines einhalten. Das ist was anderes als eine Online-Zeitung, dementsprechend leer ist auch unsere Homepage. Da gibt’s aber immerhin das E-Paper als PDF.
Worüber wir uns noch sehr freuen würden, wären andere Vertriebswege als die Auslage in den Gebäuden. Wenn zum Beispiel ein Kneipier oder Friseursalon Interesse hat, kann er sich gerne bei uns melden. Die Auslage ist kostenlos.
16vor: Die Gründe für das Ende der alten nu im Jahr 2010 waren unter anderem Nachwuchsprobleme aufgrund der zeitintensiven Bachelor-/Master-Studiengänge. Wie kann die nu da gegensteuern?
Zingen: An Nachwuchs mangelt es bei uns noch nicht, im Gegenteil. Ich bekomme fast täglich eine E-Mail, dass jemand mitmachen möchte. Um die Sache aufrechtzuerhalten muss man einfach regelmäßig Redaktionssitzungen halten und mit den Leuten reden, damit es nicht austrocknet. Und ein bisschen Druck gehört auch dazu. Natürlich nehmen wir bei den Klausurenzeiten am Semesterende Rücksicht, da geht einfach nichts, weil jeder lernen muss. Man muss sich nur darauf einstellen, dass man direkt passend plant. Deswegen haben wir die nächste Ausgabe auch in den Mai gelegt.
16vor: Soll wieder an das alte Niveau der nu angeknüpft werden? Schließlich galt sie einmal als beste Studentenzeitung Deutschlands.
Zingen: Auf jeden Fall. Das ist schon ein Ziel, von dem ich träume. Wir versuchen auch, über die Jugendpresse Kontakte aufzubauen, um zum Beispiel Fortbildungen für unsere Redakteure möglich zu machen. Das nächste Mal werden wir wohl in jedem Fall größer – allein zur nächsten Redaktionssitzung kommen sechs neue Redakteure.
16vor: Wie unabhängig ist die nu?
Zingen: Wir finanzieren uns nur durch Werbung. Das soll auch so bleiben, weil wir unabhängig bleiben wollen. Es gibt keinen Einfluss vom AStA oder der Uni-Leitung. Das war früher bei der nu so gewesen und wird sich nicht ändern.
von Marcel Pinger