Eine komplizierte Baustelle

Der Kreuzgang ist der zentrale Verteiler zwischen den Gebäuden der monumentalen Abtei Sankt Matthias im Süden der Stadt, doch schon seit Jahren präsentiert er sich in einem maroden Zustand. Probleme mit der Statik und Feuchtigkeit in den Wänden verlangen nach einer umfassenden Restaurierung des Kulturdenkmals. War vor zwei Jahren noch unklar, wie die Trierer Benediktinermönche die Finanzierung stemmen sollten, wurden zwischenzeitlich immerhin rund 240.000 Euro für Sofortmaßnahmen und Vorarbeiten zusammengetragen. Viele Fragen sind zwar nach wie vor offen, doch können die Experten bereits bedeutende kunsthistorische Funde vorweisen.

TRIER-SÜD. Landesdenkmalpfleger Dr. Eduard Sebald war überrrascht: „So etwas habe ich noch nirgendwo gesehen. Das ist einzigartig!“, zeigte er sich kürzlich vor Ort beeindruckt von den Funden. Die Restaurateure entdeckten bei den von Stiftungsgeldern, Spenden und Zuschüssen finanzierten Vorarbeiten für die Sanierung des Kreuzgangs der Benediktinerabtei St. Matthias Wiederherstellungs-Mörtel aus dem 15. Jahrhundert. „Das bedeutet, dass hier bereits im Mittelalter restauriert worden ist“, erklärt Eduard Sebald. Solche Funde unterstreichen die Besonderheit des frühgotischen Bauwerks, die schon Kunsthistoriker Dehio (1850-1932) erkannte: Er bezeichnete das Atrium als eines der edelsten Werke dieses mehrere Jahrhunderte alten Baustils auf deutschem Boden.

Eine weitere Besonderheit des Kreuzgangs stellte sich im Zuge der seit zwei Jahren andauernden Arbeiten heraus: Der starke Verschleißspuren aufweisende Blaustein an den Jochstützen stammt aus dem Gebiet des heutigen Frankreich. Römer haben diesen wahrscheinlich nach Trier gebracht und bei der Errichtung des Kreuzgangs wurde der Blaustein dann an den Jochen weiterverbaut. Derzeit arbeitet eine Kölner Restaurationsfirma an der Instandsetzung zweier Musterjoche im Westflügel. Für die weitere Restaurierung werden so Erfahrungen gesammelt und die anfallenden Kosten konkretisiert. Denn erst wenn belastbare Zahlen, die wohl in die Millionen gehen werden, feststehen, können noch im Laufe des Sommers weitere Förderanträge gestellt werden. Ähnlich einem Tauziehen gibt hier eine Stiftung erst Geld, wenn auch die andere etwas beisteuert. Abt Ignatius Maaß ist optimistisch, dass genügend Fördergelder zusammenkommen, damit die bereits seit den 1950ern geplante Wiederherstellung endlich vollendet werden kann. Denn die bisherigen Gelder haben nur für die Vorarbeiten und dringende statische Maßnahmen gereicht, unter anderem für den Abriss des einsturzgefährdeten Balkons am Südflügel.

Die gesamten Bauarbeiten werden sich noch längere Zeit hinziehen. Maaß hofft, dass in fünf Jahren der Kreuzgang mit Atrium wiederhergestellt ist. Bald schon muss der Bodenbelag dran glauben, denn der ist zu dicht und lässt keine Wasserverdunstungen zu. Dies führt zu einem zunehmenden Feuchtigkeitsstau im Mauerwerk. Was hier einmal neu verlegt werden soll, ist noch nicht klar. Die darunter liegende Beschaffenheit des Bodens muss zuerst erkundet werden. Wegen bestehender Statik-Probleme kann für das Abtragen nur kleines Gerät eingesetzt werden, allzu große Erschütterungen sollen so vermieden werden.

Planungsunsicherheit besteht auch bei dem bevorstehenden Neuaufbau des Nordflügels, der nur noch sehr rudimentär vorhanden ist. Nachdem 1802 Napoleon die Mönche aus St. Matthias vertrieben hatte, erwarb die Kaufmannsfamilie Christoph Philipp von Nell das Anwesen. Der Kreuzgang wurde für landwirtschaftliche Zwecke genutzt, der Nordflügel dafür abgerissen. Erst 1932 kehrte das Kloster ins Eigentum der Benediktiner zurück. Das planbare Wiederaufbau-Spektrum reicht von historisch korrekt bis zu modern. Wie der Flügel einmal genau ausgesehen hat, ist unbekannt.

Die Gesamtkosten sind noch nicht kalkulierbar. Aber auch mit fertigen Konzepten, aufgestellten Kosten und bewilligten Anträgen kommen womöglich noch größere Probleme auf den planenden Architekten Karl Feils zu. „Das ist eine fürchterlich komplizierte Baustelle“, erklärt er. Schon bei der Frage, wie das Baumaterial in den Innenbereich des Kreuzgangs gelangen soll, ohne die Arbeiten durch die Haustüre zu Fuß erledigen zu müssen, raucht ihm schon jetzt der Kopf. Solange die Bauarbeiten andauern, ist das Leben der Mönche gestört. Als Rückzugsort ist der Kreuzgang wohl erst einmal nur abends begehbar. „Man kann sich das vorstellen, wie mehrere Jahre andauernd die Handwerker im Haus zu haben“, vergleicht der Abt die Situation auf der komplizierten Baustelle.

Anna Marina Henn

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