Die Verlierer

Die Braut (Christin Braband), Leonardo (Noala de Aquino) und der Sohn (Alister Noblet) in "Bluthochzeit". Foto: Marco PiecuchDer Tod ist stärker als die Liebe. Am Ende kriegen sie sich nicht. Zwei tote Männer und eine verstörte Frau sind das Ergebnis einer Dreiecksliebe, deren Anfang lediglich der Ausbruch einer jungen Frau vom Lande aus bürgerlicher Konvention war. Sven Grützmachers Tanzstück nach Motiven von Federico Garcia Lorcas Tragödie „Bluthochzeit“ macht keine Hoffnung auf die große Liebe, aber Lust auf Theater. Das 70-minütige Stück hatte am vergangenen Samstag Premiere im Theater Trier.

TRIER. Schon der Titel lässt einiges vermuten, doch mit Blut und Schlachterei hat die Inszenierung von Sven Grützmachers Tanzstück wenig zu tun. In sehr ästhetischen, expressiven und eleganten Bildern vollzieht sich die tragische Geschichte von Liebe und Tod. Lorcas assoziative Kraft der Sprache veranlasste den Choreografen zur Umsetzung in Tanz.

Konvention und Leidenschaft bilden einen unüberbrückbaren Kontrast und sind ein starkes Thema. Keine leichte Aufgabe für ein Tanzstück, denn hier stehen „nur“ Geste und Bewegung zur Verfügung. Wer das Theaterstück kennt, ist also gespannt über dessen choreografische Umsetzung.

Das Thema ist so universell, das Ort und Zeit keine Rolle spielen. Dennoch lassen die sinnliche Wahl der Stoffe (durchscheinende Spitze und Chiffon) und der Farben etwas von der ursprünglichen Verortung des Stücks in das Spanien der Jahrhundertwende ahnen. Schwarz und weiß und rot bilden einen reizvollen Kontrast, der sich sowohl in den eleganten Kostümen von Gera Graf als auch im Bühnenbild zeigt. Weiße Wände mit kleinen Vorsprüngen (an die man sich verzweifelt klammern kann) werden unterbrochen von dunklen Öffnungen, die bei Bedarf auch blutrot werden. Braune Stelen setzen Grenzen und verdecken, was unsichtbar bleibt, wie zum Beispiel der Tod der beiden Kontrahenten. Rote Blumen bedecken den vorderen Teil des Bühnenbodens und verweisen auf den Titel. Die reduzierte und durchdachte Farbwahl spiegelt sich auch in den ausdrucksstarken Bewegungen und Figuren der Tänzer. Sinnlichkeit, Temperament und Melancholie äußern sich in schlingenden, auch mal ruckenden, sich windenen Tanzformen mit viel Bodenkontakt.

Einige Bilder bleiben etwas unverständlich, wie der Auftritt der Gene-Suchenden. Hier kommt Grützmachers allzu beliebte Kopflastigkeit seiner früheren Stücke durch. Ansonsten bleibt alles leicht nachvollziehbar, selbst der Auftritt der Ameisen in braunen Organzamänteln, Sinnbild für die brave Masse. Man sieht das Leiden und die Liebe zwischen der Braut (Christin Braband ) und ihrem Liebhaber Leonardo (Noala de Aquino als Macho). Hier zeigt sich die Zerrissenheit der Braut zwischen Sittlichkeit und Sinnlichkeit. Christin Brabant gelingt der Spagat zwischen mädchenhafter Zurückhaltung und temperamentvoller Hingabe. Melancholie und leidenschaftliche Stimmungen wechseln sich ab.

Die Hochzeit und das Zusammensein mit dem Bräutigam (Alister Noblet als fescher Bubi) zeigen Harmonie und Fröhlichkeit. Doch das bürgerliche Glück ist zu langweilig. Schließlich bleibt am Ende nur die Schwermut unterm Trauerschleier und die Schwiegermutter (Juliane Hlavati).

So starke und einprägsame Bilder brauchen ein entsprechendes Äquivalent. Sie werden von origineller, phantasievoller Musik aus Osteuropa untermalt, die den Wechsel zwischen Fröhlichkeit, Sinnlichkeit, Melancholie und Trauer perfekt zum Ausdruck bringt.

Ein Tanzabend, der den zu Unrecht etwas in Vergessenheit geratenen Dichter Federico Garcia Lorca wieder ins Bewusstsein rückt und zum Lesen seiner weiteren Theaterstücke anregt.

Weitere Aufführungen im April: Samstag, 19. April, 19.30 Uhr; Dienstag, 22. April, 20 Uhr; Freitag, 25. April, 20 Uhr.

Hanne Krier

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