„Der Regen ist ein Weltbürger“

Rund 40 Verbände und Vereine haben sich und ihre Arbeit am Samstag auf dem sechsten Trierer Weltbürgerfrühstück präsentiert. Die Veranstaltung stand im Zeichen der UN-Millenniumziele und der kommenden Woche stattfindenden zweiten Rio-Konferenz – 20 Jahre nach dem historischen Gipfel für Umwelt und Entwicklung von 1992. OB Klaus Jensen appellierte an die Trierer, sich ihrer Verantwortung für globale Herausforderungen zu stellen. Gemeinsam mit dem neuen Chef der City-Initiative, Michael Cornelius, zeichnete der Stadtchef mehrere Fairtrade-Unternehmen aus – vom Lädchen am Stadion bis zu Hong and Friends in der Saarstraße.

TRIER. Wenn ein gewählter Politiker offen für ein Unternehmen wirbt, kann  das ein heikler Vorgang werden. Das weiß auch Klaus Jensen, weshalb er seiner Aufforderung, doch bitte weiterhin im Lädchen am Stadion einzukaufen, sofort eine Klarstellung hinterherschickte: „Ich habe ja nicht gesagt, dass Sie nicht auch bei den anderen einkaufen sollen“, scherzte der Oberbürgermeister. Sein Appell, den von der Suchthilfe der Arbeiterwohlfahrt Neuwied betriebenen Supermarkt in der Kloschinskystraße zu unterstützen, dürfte bei den meisten seiner Zuhörer aber ohnehin auf Wohlgefallen gestoßen sein.

Wie seit Wochen so ziemlich jede Veranstaltung unter freiem Himmel, litt auch das diesjährige Trierer Weltbürgerfrühstück unter dem bescheidenen Wetter. Der komplette Auftakt des Aktionstags, der vom Verein Lokale Agenda sowie dem Netzwerk Weltkirche im Dekanat Trier ausgerichtet wurde, fand im Dauerregen statt. Da halfen auch aufheiternde Feststellungen wie jene des Dechanten Georg Goeres – „der Regen ist ein Weltbürger“, man müsse nur einmal überlegen, wo der schon überall gewesen sei, bis er in Trier ankam – nur bedingt, die Enttäuschung über die wiedrigen Witterungsverhältnisse zu lindern. Ans Fairtrade-Frühstücken war kaum zu denken, doch die Botschaften sollten ankommen.

So warb Jensen für grenzüberschreitende Solidarität. Da Probleme und Krisen keine geographischen Grenzen kennen würden, dürfe auch die Verbundenheit mit anderen Teilen der Erde nicht an Grenzen schreitern. Gerade beim fairen Handel habe sich in den vergangenen Jahren einiges bewegt, sei das Thema „mitten in der Gesellschaft“ angekommen. Jensen warnt davor, über die Auseinandersetzung um die Zukunft des Euro den Blick auf ungleich ärmere Regionen der Welt zu vergessen. Auch Dr. Rüdeger Schlaga vom Arbeitskreis UN-Millenniumziele sprach zwar von „einigen Erfolgen“, machte aber zugleich deutlich, dass die Ziele wie ursprünglich geplant nicht mehr bis 2015 erreicht werden könnten. In manchen Regionen wie der Subsahara habe sich die Situation in den vergangenen Jahren sogar verschärft. Hier habe die internationale Spekulation auf Lebensmittel schwerwiegende Folgen für die Menschen vor Ort. Scharf kritisierte Schlaga die Bundesregierung – diese habe sich von der im Jahr 2000 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung gemachten Zusage, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen, weit entfernt und in diesem Punkt sogar einen Rückwärtsgang eingelegt.

Während Dechant Goeres erklärte, dass bestimmte Handelsstrukturen hinterfragt werden müssten, forderte Charlotte Kleinwächter Taten statt Worte: „Auf dem Gipfel von Rio wurde 1992 alles aufgeschrieben, was wir brauchen“, erklärte die Geschäftsführerin des Trierer Agenda-Vereins und ergänzte: „Die Rezepte sind vorhanden, es muss jetzt gehandelt werden“. So sieht es auch Andreas Eberth vom Elimu – Bildung in Ostafrika e.V. Der Verein gründete sich aus einem Kreis von Studierenden und Dozenten der Universität Trier heraus, die mehrfach an Exkursionen nach Ostafrika teilgenommen hatten. In Kenia und Tansania machten sie sich einen Eindruck von der Not vor Ort und beschlossen, zu helfen. „Wir haben schon einige kleinere Projekte umgesetzt und mit Spendengeldern beispielsweise eine Schule in Arusha im Norden Tansanias unterstützt“. Dort entstand ein Erweiterungsbau des Schulgebäudes mit Sanitäranlagen und Bibliothek. Nun steht ein Großprojekt auf der Agenda des Vereins – der Bau einer Berufsschule in einem besonders verarmten Gebiet Kenias.

Jensen und Michael Cornelius von der City-Initiative warben derweil für weitere Unternehmen, sich der Fairtrade-Idee anzuschließen – und damit dem Beispiel jener zu folgen, die der OB am Samstag auszeichnete. Auf der Liste fanden sich vom Studierendenwerk über Hong and Friends, dem Bistro Vital und den Barmherzigen Brüdern bis hin zum Nahkauf im Gartenfeld mehr als ein Dutzend Unternehmen und Einrichtungen, die mindestens drei Produkte aus fairem Handel im Sortiment führen. Mehr als nur drei Fairtrade-Waren bietet der Weltladen in der Pfützenstraße, und das schon seit mehr als 30 Jahren. Damals stand „Rio“ noch für Karneval und Copacabana, und in dem seinerzeit noch in der Jüdemerstraße gelegenen und als „3.Welt-Laden“ firmierenden Geschäft gab es vor allem Bananen und Kaffee zu kaufen. Am Samstag wurde der Weltladen ausgezeichnet; „das war seit 30 Jahren fällig“, so Jensen, der zu den Mitbegründern der Arbeitsgemeinschaft Frieden zählt, die den Laden betreibt.

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