„Der Deutsche geht viel zu wenig auf die Straße“

Gernot Hassknecht alias Hans-Joachim Heist kommt am 27. September mit seinem Programm „Das Hassknecht Prin­zip – in zwölf Schritten zum Choleriker“ in die Europahalle. Foto: PromoFür seine Fangemeinde ist er das Sprachrohr, wenn es darum geht, Frust und Ärger über Missstände lautstark auf den Punkt zu bringen. Nun kann man den Fernsehschreihals auch live auf der Bühne erleben: „heute-show“-Star Gernot Hassknecht alias Hans-Joachim Heist kommt am 27. September mit seinem Programm „Das Hassknecht Prin­zip – in zwölf Schritten zum Choleriker“ in die Europahalle. 16 VOR sprach mit ihm über Un­terschiede zwischen seiner Figur und Stamm­tischbrüdern, Auswirkungen seiner Rolle auf sein Privatleben und darüber, warum er Bot­schafter der Deutschen Nierenstiftung und nicht der Hochdruckliga ist.

16 VOR: Worüber haben Sie sich zuletzt aufge­regt?

Hans-Joachim Heist: Ich rege mich in letz­ter Zeit sehr darüber auf, dass Hunde direkt vor mein Grundstück scheißen. Zwischen meinem Zaun und einem Waldweg ist eine kleine Wiese, wo täglich hunderte Hundekarawanen vorbei­pilgern. Ich habe das Gefühl, es ist inzwischen das größte Hundeklo der Stadt.

16 VOR: Wie gehen Sie damit um?

Heist: Das regt mich auf. Ich baue das in mein Programm ein, indem ich folgenden Satz brin­ge: „Ey, du Arschloch, nimm gefälligst deinen scheiß Köter an die Leine! Und die Tretmine, die er hinterlassen hat, kannst du ihm auch gleich wieder hinten reinschieben!“

16 VOR: Hundekot ist für viele Menschen ein Ärgernis. Wo liegt der Unterschied zwischen Gernot Hassknecht und dem „Wutbürger“ in der BILD-Zeitung oder beim Stammtisch?

Heist: Hassknecht ist deshalb Kult, weil er die Stimme der ungehörten Masse ist. Er ist Sprachrohr, wenn es darum geht, Frust und Är­ger über Missstände lautstark auf den Punkt zu bringen. Lautstark und wortgewaltig – und mit der Wortwahl nicht immer zimperlich. Partei­übergreifend natürlich auch.

16 VOR: Ihre Kommentare gehen jedoch über Stammtischparolen hinaus. Beispielsweise beim Thema „Zuwanderung“ geben Sie dem Zuschauer einen „amtlichen Fakteneinlauf“, in dem Sie den Steuerbeitrag von zugewanderten Bulgaren und Rumänen seit ihrem EU-Beitritt mit dem von CSU-Abgeordneten vergleichen. Ihre Ausraster sollen also auch aufklären?

Heist: Ja, das soll es auch. Hassknecht ist kein Korinthenkacker. Er regt sich über Dinge auf, über die man sich aufregen muss. In der „heute-Show“ ist Hassknecht politisch, im Bühnenpro­gramm nicht nur. Darin geht es auch um andere Dinge wie Familie, Sport und Ernährung.

Wir bekommen täglich Themen ins Haus ge­liefert, über die man sich aufregen muss. Mich wundert, dass es noch keine Riesendemonst­ration zu dem Berliner Flughafendesaster ge­geben hat. Da werden Milliarden von Steuer­geldern aus dem Fenster geworfen. Ich bin der Meinung, der Deutsche geht viel zu wenig auf die Straße.

16 VOR: Haben Sie eine Erklärung dafür, dass es keinen großen Aufschrei wegen des Pfusches am Flughafen gibt?

Heist: Leider nicht. Desinteresse kann es nicht sein, denn jeder, mit dem man darüber redet, regt sich darüber auf.

16 VOR: Hassknechts Kommentare sind oft po­litisch inkorrekt und er benutzt Kraftausdrü­cke. Haben Sie schon mal einen Text abgelehnt, weil er Ihnen zu weit ging?

Heist: Nein, zu 99 Prozent stehe ich dahinter.

16 VOR: Mögen Sie den Namen Ihrer Figur?

Heist: Er passt zu dieser Rolle.

16 VOR: Vorbild für Ihre Figur ist Lewis Black von der „Daily Show“, an dem Sie sich auch orientieren. Worin, würden Sie sagen, unter­scheiden sich Ihre Kommentare von Wilfried Schmicklers „Aufhören“-Schlusswort in den „Mitternachtsspitzen“?

Heist: Der Kommentar der „heute-Show“ ist angelehnt an die Kommentare der ARD-Jour­nalisten.

16 VOR: Hat sich Ihre Rolle auf Ihr Privatleben ausgewirkt? Sind Ihre Mitmenschen ängstli­cher geworden?

Heist: (lacht) Ja, das kann man so sagen. Viele Leute kommen auf mich zu und sagen: „Aber bitte nicht anschreien.“ Und ich merke, dass ich immer mehr auch privat in diese Figur hinein­wachse. Ich habe früher im Auto nicht so oft uns so viel geflucht, wie ich es im Moment tue.

16 VOR: Bekommen Sie von Fans häufiger Halsbonbons als Geschenk?

Heist: Nein. Aber Emser hat mir mal Pastillen geschickt.

16 VOR: Sie sind Botschafter der Deutschen Nierenstiftung. Wäre die Deutsche Hochdruck­liga nicht passender?

Heist: (lacht) Das ist ganz einfach. Ich habe mal eine Benefizveranstaltung für die Deutsche Nierenstiftung moderiert, wo ich deren Vorsit­zenden Professor Werner Riegel kennengelernt habe, der Arzt für Nieren- und auch Hoch­druckkrankheiten ist.

Außerdem hatte ich in ganz jungen Jahren mal eine Freundin, die in der Dialyse war. Da habe ich festgestellt, dass viele Menschen gar nicht wissen, welche wichtigen Funktionen ihre bei­den Nieren haben. Es ist noch viel Aufklärung nötig und dazu möchte ich beitragen.

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