„Das ist ein Riesending für Trier“

Trier hat schon einige Berühmtheiten kommen und gehen sehen und so manchen berühmten Sohn hervorgebracht, doch ein Olympiasieger fand sich bislang nicht in den Annalen der Stadtgeschichte. Dank Richard Schmidt ist das nun anders, und weil auch der Oberbürgermeister mächtig stolz auf den 25-Jährigen ist, entschied er kurzerhand, dass dieser sich entgegen den Gepflogenheiten ins Goldene Buch der Stadt eintragen durfte. Zuvor bereiteten rund 250 Freunde, Bekannte und Fans Schmidt einen begeisterten Empfang auf dem Hauptmarkt. Bei herrlichem Sonnenschein strahlte der Ruderer am Donnerstagabend über den Platz und kommentierte das dramatische Rennen vom 1. August.

TRIER. Es waren packende 5:48,75 Minuten, und als Richard Schmidt und seine Ruder-Kollegen schließlich im Ziel waren, da brandete begeisterter Beifall auf – und die Glocken von St. Gangolf läuteten. Letzteres war indes nicht geplant, sondern nur dem Umstand geschuldet, dass es zufällig gerade 17.45 Uhr war, als die Videoleinwand noch einmal die gleichermaßen triumphierenden wie erschöpften Mitglieder des Deutschlandachters zeigte. Noch einmal erlebten die Menschen am Donnerstagabend den Kampf von London mit, Spannung pur wurde geboten, obschon das Ergebnis jedem auf dem Hauptmarkt bekannt war und der Gewinner feststand – und einer von ihnen auf der Bühne.

Im Gespräch mit Moderator Alexander Houben kommentierte Olympiasieger Richard Schmidt das Rennen und gab Einblicke in die Geschehnisse an Bord des Boots. Mit rund 44 Schlägen in der Minute sei man gestartet, und doch kamen die Briten gefährlich nahe. „Dass die bei den dritten 500 Metern dann noch ein Fass aufmachen konnten, hat uns schon nervös gemacht“, erinnert sich Schmidt. Dem Team sei da klar geworden: „Jetzt wirds richtig eng“. Der Steuermann habe die Mannschaft angetrieben, „Jetzt müssen wir alles geben“ sei die Ansage gewesen. Schmidt schmunzelt und kontert schließlich auf die Frage, ob der Steuermann das so gesagt habe: „Nein, er hat andere Worte gewählt“. Die wählt dann auch der Trierer Goldmedaillengewinner, als er den grandiosen Endspurt des deutschen Teams beschrieb und mit Blick auf die Briten den Moment schilderte, als ihm klar gewesen sei „Jetzt haben sie verkackt“. Tatsächlich kamen die Gastgeber „nur“ als Dritte ins Ziel, die Deutschen gewannen erstmals seit 1988 wieder Gold. Wie sehr ein solches Rennen an die Substanz geht, erzählte Schmidt auch: „Es gab drei Leute im Boot, die erst einmal erbrochen haben.“ Aber das sei normal, da man sich als Ruderer eben völlig verausgabe und auch Grenzen überschreite.

Schmidt bescherte der Einsatz neben der rund 400 Gramm schweren Goldmedaille wohl auch einen Platz in der Stadtgeschichte. Schließlich ist der gebürtige Heiligkreuzer, der auf dem Gelände der früheren Landeslehr- und Versuchsanstalt aufwuchs und derzeit Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Dortmund studiert, der erste Trierer Olympiasieger überhaupt. Paul Trappen, bei den Trierern besser bekannt als „Trappens Paul“ und zu seiner Zeit der mutmaßlich stärkste Mann der Welt, durfte nie bei den Spielen antreten, weil er gegen den Amateurstatus verstoßen hatte.  Derart außergewöhnlich sei Schmidts Leistung, dass er beschlossen habe, ihm einen Platz im Goldenen Buch der Stadt einzuräumen, erklärte der Oberbürgermeister, der von „einem Riesending für Trier“ sprach. Klaus Jensen hofft, dass Schmidts Sieg auch eine Ermunterung für viele junge Trierer ist, selbst Sport zu treiben.

Der Rudersport scheint jedenfalls wieder en vogue zu sein, wie Matthias Woitok vom Ruderverein Treveris zu berichten wusste. Man habe in dieser Woche das erste Kindertraining nach den Sommerferien gehabt, und in der Tat: „Wir hatten eine größere Resonanz“. Schmidt ist Mitglied beim RV Treviris und wird in den nächsten Wochen 20 Gewinnern eines Preisaufschreibens ein persönliches Training bieten. Einen Vorgeschmack darauf, was den Teilnehmern blüht, bekamen gestern Jensen und Norbert Friedrich, Vorstand des Schmidt-Sponsors Volksbank Trier: beide durften je 200 Meter auf dem Ruderergometer zurücklegen – am Ende hatte Friedrich knapp die Nase vorn.

Während die Band „Aus Trier“ den Platz wieder mit Musik beschallte, mischte sich Schmidt unter die Trierer, ließ sich ablichten und schrieb Autogramme. „Ein toller Empfang“ sei das, viel persönlicher als am Mittwoch in Hamburg. Da war der 25-Jährige an Bord der MS Deutschland mit mehr als 200 Sportlern eingetroffen, auf dem Hauptmarkt stand er allein im Mittelpunkt. Und neben ihm seine Eltern, Inge Fürst-Schmidt und Jürgen Schmidt. Sie habe während des Rennens gar nicht mehr hingucken können, berichtete die Mutter, denn für sie sei klar gewesen: „35 Rennen hatten sie schon gewonnen, aber das hier durften sie nicht verlieren“.

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