„Das Dezernat bricht zusammen!“

CDUHepkeSchröerBe19 Mitglieder zählt die CDU-Ratsfraktion, zwölf von ihnen treten bei der nächsten Kommunalwahl auf aussichtsreichen Plätzen an. Damit setzt die Union vor allem auf bewährte Kräfte, doch findet sich auf der Liste, die am vergangenen Samstag aufgestellt wurde, auch manch überraschender Name. Etwa der von Lydia Hepke, Grünen-Spitzenkandidatin von 2004; oder von Jürgen Backes, einst Persönlicher Referent unter OB Schröer und dann Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bitburg-Land. Noch mehr Überraschungen hielt die Rede von Dr. Ulrich Dempfle bereit. Der CDU-Spitzenkandidat forderte nicht nur eine spürbare Senkung der Preise für Busfahrscheine auf einen Euro, sondern ließ auch durchblicken, dass die Union die Amtszeit von Bürgermeisterin Angelika Birk gerne verkürzen würde. Zudem zeigte er sich grundsätzlich offen für ein weiteres Shoppingcenter in der Innenstadt. Dempfles erklärtes Ziel: „Nie wieder eine Mehrheit gegen die CDU!“

TRIER. Vielleicht muss man sich die CDU als einen Zusammenschluss rundum zufriedener Ehemänner vorstellen. Jedenfalls fiel auf, wie viele Christdemokraten am Samstag betonten, „glücklich verheiratet“ zu sein. Dr. Ulrich Dempfle schien dieser Umstand erwähnenswert, Udo Köhler ebenso, und auch Thorsten Wollscheid – Listenplatz 14 und Jahrgang 1986 – wollte in seiner Vorstellung auf diesen Hinweis nicht verzichten. Auf ihn folgte Dr. Friedl Schulz, Mediziner, Mannschaftsarzt der Eintracht und seit 2009 Ratsmitglied. Der 57-Jährige trat ans Rednerpult und bemerkte: „Ich war auch mal glücklich verheiratet“. Großes Gelächter im Tagungssaal der IHK.

Mit Schulz hatte man nicht unbedingt gerechnet. Allzu oft merkte man ihm in der Vergangenheit den Frust über nicht enden wollende Ratssitzungen an. Einiges deutete darauf hin, dass er es bei einem fünfjährigen Gastspiel am Augustinerhof belassen würde. „Das war schon ein Kulturschock“, beschrieb er seine vorherrschende Gemütslage während der ersten Jahre im Rat. Für jemanden, der am Tag Dutzende Entscheidungen treffe, darunter sehr schwierige, sei es schwer erträglich, wenn über ein und dasselbe Thema immerzu beraten und doch nie entschieden werde. Es habe da „zwischendurch eine Zeit der Resignation gegeben“, räumte Schulz ein. Nun tritt er auf dem aussichtsreichen Platz 15 an – auch, weil er darauf setze, dass unter einer Oberbürgermeisterin Hiltrud Zock die Dinge schneller vorankommen.

CDUBertiAdamsBeDie parteilose OB-Kandidatin war ebenfalls gekommen, in einem Grußwort berichtete sie, dass sie seit ihrer Nominierung häufig die Rückmeldung erhalte, unter ihrer Führung sei ein christdemokratisch geführtes Rathaus wieder in Reichweite gerückt. Man kann die Kommunalwahl im Mai denn auch nicht losgelöst von der Ende September anstehenden OB-Wahl betrachten. Die Union, so hat es Kreischef Bernhard Kaster deutlich gemacht, setzt auf einen Doppelsieg. Dempfle gab die Devise aus: „Nie wieder eine Mehrheit gegen die CDU!“ Der Spitzenkandidat, der mit 98 Prozent ein sehr gutes Ergebnis verbuchte, schaltete gleich auf Attacke, allen voran Bürgermeisterin Angelika Birk und Dezernent Thomas Egger nahm er sich vor. Niemand könne und wolle mit der Grünen mehr zusammenarbeiten, ihr liefen die Mitarbeiter davon; „das Dezernat bricht zusammen“, will Dempfle beobachtet haben. Bei wichtigen Themen wie dem Schulentwicklungskonzept habe Birk versagt. Der 53-Jährige ließ durchblicken, dass seine Partei die Amtszeit der Bürgermeisterin gerne verkürzen würde. Der Unionsmann sparte auch nicht mit Kritik an Egger. Wenn er auf dessen Amtszeit blicke, fielen ihm nur „Begräbnisse ein, und das nicht einmal erster Klasse“. Dempfle nannte Antikenfestspiele und „Brot & Spiele“, auch den Handwerkerpark erwähnte er. Dass sich die Stadt von diesem Vorhaben im Mattheiser Wald verabschiedete, nannte er eine “ Fehlentscheidung“. Nun sei der Zug abgefahren, mangele es im Stadtgebiet an Flächen. Dempfle schlug deshalb ein gemeinsames Gewerbegebiet von Stadt, Kreis und Luxemburg an der Autobahn vor.

CDU-Spitzenkandidat grundsätzlich offen für weiteres Shoppingcenter

Aufhorchen ließ aber ein anderer Vorschlag Dempfles: Die Preise für Bustickets sollten auf einen Euro pro Fahrt gesenkt werden. Auf einen Euro? Wo doch der Einzelfahrschein derzeit mehr als das Doppelte kostet und die Vertreter der Stadt in den vergangenen Jahren immerzu den am Verkehrsverbund Region Trier (VRT) beteiligen Landkreisen unterlagen wenn es darum ging, einen weiteren Preisanstieg zu verhindern. Ein kühner Plan, den Dempfle da hat. Im Anschluss an seine Rede versicherte er gleichwohl, dass er seine Idee nicht als Witz verstanden wissen will. Man müsse das in jedem Fall prüfen, betonte er, bei den derzeitigen Preisen sei doch niemand bereit, mit dem Bus in die City zu fahren. Klar sei ihm aber auch, dass die Stadt viel Geld zuschießen müsse, um die Einnahmeausfälle zu kompensieren; ein Millionenbetrag wäre jedes Jahr wohl fällig. „Dann muss man mal schauen, wie die Kommunalaufsicht darauf reagiert“, so Dempfle, der kurz zuvor noch die desolate Haushaltssituation der Stadt beklagt hatte.

Wie Triers Einzelhändler darauf reagieren werden, dass der CDU-Spitzenkandidat ein neues Shoppingcenter in der Innenstadt für grundsätzlich möglich hält, wird sich zeigen. Zwar lehnte der Unionsmann den vom Hamburger Projektentwickler ECE offenkundig favorisierten Standort Europahalle ab, doch im Bereich der Simeonstraße, wo heute Kaufhof und Karstadt stehen, sowie bei der Treviris-Passage solle es keine Denkverbote geben, verlangte er. Was das Theater anbelangt, sei für ihn ein Neubau samt Kongresszentrum vorstellbar; ob der dann am Augustinerhof oder im Bereich der jetzigen Europahalle entsteht, sei eine zweitrangige Frage.

Auf Dempfles Rede reagierten die CDU-Anhänger begeistert. Aufbruchstimmung kam auf im Saal, auch wenn der Spitzenkandidat am Rande der Versammlung die Erwartungen ein wenig dämpfte: Erklärtes Ziel sei es, die bisherige Fraktionsstärke von 19 Sitzen zu halten. Aufgrund einer gesetzlichen Änderung würde die CDU nach eigenen Berechnungen beim gleichen Ergebnis wie 2009 heute nur noch auf 18 Sitze im Rat kommen. Weil zudem damit zu rechnen ist, dass mit Piraten und AfD zwei neue Mitbewerber auf den Plan treten, dürfte der Kampf um die insgesamt 56 Mandate heftiger werden.

CDUDempfle1BeAuf Position 56 der CDU-Liste, dem sogenannten Ehrenplatz, tritt Ricarda Kuhner an. Auf den ersten 20 Plätzen finden sich zwölf Ratsmitglieder. Wie Dempfle hat auch Ex-Fraktionschef Berti Adams seinen 2011 angekündigten Rückzug wieder rückgängig gemacht und kandidiert nun doch. Er habe gemerkt, dass ihm Kommunalpolitik wieder Spaß mache, seit er sich „nicht mehr zu jedem Furz in der Stadt“ äußern müsse. Unter den Kandidaten auf den aussichtsreichen Listenplätzen sind auch drei Funktionäre der Jungen Union. Während Philipp Bett und Thorsten Wollscheid zwar keine glanzvollen, aber doch akzeptable Ergebnisse verbuchten, geriet die Abstimmung für Louis-Philipp Lang beinahe zum Fiasko. Dazu dürfte auch der Auftritt des FWG-Schülers beigetragen haben. Der 18 Jahre alte ehemalige Vorsitzende des Jugendparlaments nutzte seine Vorstellung zu einem längerem Rundumschlag und Angriffen auf Birk – vergriff sich, jedenfalls für den Geschmack einiger seiner Zuhörer, dabei auch schon mal im Ton. Etwa als er bedauerte, dass man die Bürgermeisterin noch vier Jahre „an der Backe“ habe. Kaster kommentierte Langs Auftritt als „selbstbewusst“, wobei nicht recht klar war, ob er dies nun eher als wohlwollend oder tadeln meinte. Im Saal hielt sich das Wohlwollen jedenfalls in Grenzen. Lang erhielt 67-Ja- , aber auch 45-Nein-Stimmen.

Unter allen Bewerbern sollte nur Martha Scheurer weniger Ja-Stimmen erhalten. Die Olewigerin war zunächst von Ex-Uni-Kanzler Ignaz Bender als Gegenkandidatin für die vom Kreisvorstand auf Platz 20 gesetzte Marina Jordanowa-Etteldorf ins Rennen geschickt worden. Als drittes wurde Hans-Karl Daus vorgeschlagen. Nach einer Aussprache entschied Marina Jordanowa-Etteldorf, die als einziges Unionsmitglied dem städtischen Beitrag für Migration und Integration angehört und zudem den Arbeitnehmerflügel der Partei repräsentiert, den Dreikampf klar für sich. Während Martha Scheurer im Anschluss bei der Wahl auf Platz 30 mit 36-Nein-Stimmen einen Denkzettel erhielt, kam Daus (Platz 31) auf 90 Prozent Zustimmung.

Gutes Ergebnis für Ex-Grüne Lydia Hepke

CDULangneuEin Ergebnis, das für die nicht mehr ganz so überraschende Kandidatin Lydia Hepke von vornherein kaum erreichbar war. Dass die Grünen-Spitzenkandidatin von 2004, die vor sieben Jahren aus ihrer Partei austrat, nicht auf Anhieb ein Traumresultat einfahren würde, davon war auszugehen. Am Ende erhielt die Diplom-Pflegewirtin, die derzeit die Caritas-Sozialstation in Konz leitet, aber beachtliche 80 Prozent und startet nun auf dem ziemlich sicheren Platz 13. Eines der besten Ergebnisse überhaupt erzielte Jürgen Backes, der zweite Überraschungskandidat auf der Liste. Backes war von 1996 bis 2001 Persönlicher Referent von OB Helmut Schröer, bevor der gebürtige Biewerer zum Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bitburg-Land gewählt wurde. Persönliche Referenten werden schon mal Bürgermeister – wie Georg Bernarding, der in dieser Funktion einst OB Felix Zimmermann diente; VG-Bürgermeister zieht es bisweilen in den Bundestag – wie Bernhard Kaster, der vor seiner Berliner Laufbahn die VG Trier-Land führte. Backes wurde nach nur einer Wahlperiode in Bitburg wieder abgewählt, am Samstag kam er nun auf fast 96 Prozent.

Schröer habe ihm einmal gesagt, berichtete Backes scherzend, dass er eigentlich nur ein Problem hätte – „dass ich Jurist bin“. So gesehen haben auf den ersten elf Plätzen der CDU-Liste allerdings einige Kandidaten ein Problem: Neben Backes sind auch Dempfle, Birgit Falk, Thomas Albrecht und Dr. Barbara Engel-Ries Juristen. Engel-Ries ist Diözesanrichterin am Bischöflichen Offizialiat und für die Annullierung von Ehen zuständig. In ihrem Job hat sie es mit glücklich verheirateten Männern wohl eher selten zu tun.

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