Angelika Birk vorerst gescheitert

Ein Herbst der Entscheidungen hatte es werden sollen, zwei wichtige kommunalpolitische Themen wollte der Rat noch in diesem Jahr abräumen: das Schulentwicklungskonzept und die Standortfrage für das „Projekt X“. Seit Donnerstag ist nun amtlich, dass beide Beschlüsse auf das kommende Frühjahr vertagt werden. Das kündigte Bürgermeisterin Angelika Birk (B90/Die Grünen) vor dem Stadtrat an und kassierte damit endgültig ihren im Sommer verkündeten Zeitplan zur Schulpolitik. Vorerst gescheitert sind auch die Sozialdemokraten – mit ihrem Ansinnen, die Wiedereinführung der Vermögenssteuer auf die Agenda zu setzen. CDU, FWG und FDP verweigerten sich der Debatte, verließen den Saal und machten den Rat damit beschlussunfähig. SPD-Fraktionschef Sven Teuber kommentierte das Verhalten mit einem Zitat Herbert Wehners und kündigte an, den Antrag im Dezember erneut einzubringen.

TRIER. Die Ansage war klar und eigentlich unmissverständlich: „In diesem Jahr müssen wir das Paket schnüren“, verlangte Angelika Birk Ende Juni und wurde noch deutlicher: „Wenn die Politik sich nicht schnell entscheidet, dann ist das irgendwann nicht mehr mein Problem“ (wir berichteten). Worte, an denen sich die Bürgermeisterin jetzt messen lassen muss, weshalb die Grüne nun sehr wohl ein Problem hat. Denn Birk hat bislang nicht die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Politik sich entscheiden kann und muss. Damit kann sie als vorerst gescheitert gelten.

CDU und FDP hatten Anträge eingebracht, in denen sie zusätzliche Informationen zu den von Gutachter Wolf Kraemer-Mandeau vorgeschlagenen Maßnahmen einforderten. Christdemokratin Dorothee Bohr gab zu bedenken, dass es für die Ratsmitglieder auf der Basis der bislang vorliegenden Daten unmöglich sei zu berurteilen, ob „möglicherweise der Um- oder in Einzelfällen gar Neubau von Schulen für die Stadt teurer als eine Sanierung von maroden Gebäuden sein könnte“. Man bitte deshalb die Verwaltung, „wenigstens ein Kostengerüst vorzulegen“. Es sei ihrer Fraktion zwar klar, dass man von der Verwaltung keine bis ins letzte Detail durchgerechnete Kalkulation verlangen könne, so Bohr weiter, doch erwarte man, dass „die Fragen noch vor Vorlage des Schulentwicklungskonzepts beantwortet werden“.

Auch Markus Nöhl erklärte, dass mehr Informationen dabei helfen könnten, „Hintergründe und Zusammenhänge besser zu verstehen“. Es gehe jetzt darum, „einen Blick für die Kosten zu erhalten“, betonte der Sozialdemokrat, der Kritik an der zuständigen Dezernentin übte: „Eine Vorlage der Verwaltung wäre nötig und man hätte das Verfahren deutlich einengen können. Die Diskussion hätte stärker kanalisiert und zielführender geführt werden können“. Dominik Heinrich, parteiloses Mitglied der Grünen-Fraktion, sagte, nur mit zusätzlichen Daten könne man entscheiden, „ob dieses Konzept wirklich Einsparungen bringen würde“. Heinrich wollte zudem wissen, bis wann denn mit den angeforderten Zahlen zu rechnen sei. Schließlich weise das Rathaus immer wieder auf  die begrenzten personellen Kapazitäten hin. FDP-Fraktionschef Karl-Josef Gilles sagte, um Entscheidungen treffen zu können, sei es unumgänglich, eine „breitere Datenbasis“ zu bekommen.

Skatehalle: Entscheidung nicht vor Frühjahr

Um eine Entscheidung treffen zu können, ist es allerdings zunächst einmal unumgänglich, eine entsprechende Vorlage zu bekommen. Während OB Klaus Jensen (SPD) auf Heinrichs Nachfrage erklärte, dass er „kein präzises Datum“ nennen könne, bis zu dem die nun verlangten Informationen vorlägen, dies aber „schon in den nächsten Monaten“ geschehen solle, musste Birk eingestehen, dass ihr ursprünglicher Zeitplan vollends Makulatur ist. Erst attestierte sie den Fraktionen, genau jene Fragen gestellt zu haben, „die uns auch in der Verwaltung beschäftigen“; sodann verwies sie auf „sehr enge Personalprobleme“ und darauf, dass sie von der Zuarbeit des Baudezernats abhängig sei.  Dann schließlich ließ die Grüne endlich die Katze aus dem Sack: „Vor den Osterferien“ wolle sie den Schulentwicklungsplan soweit haben, dass er „verabschiedungsfähig“ sei. Ursprünglich hieß es, die Vorlage solle im November kommen, dann war von Dezember die Rede, zuletzt wurde der Februar genannt.

Wenn 2013 Ostern gefeiert wird, liegt der Frühlingsbeginn erst wenige Tage zurück. Dann soll es auch nicht mehr lange dauern, bis der Stadtrat über die Zukunft des „Projekts X“ entscheiden kann. Bekanntlich hatten sich sämtliche Fraktionen im Februar darauf geeinigt, dass die Entscheidung über einen dauerhaften Standort für die Skatehalle in dieser November-Sitzung fallen sollte. Doch ohne die Öffentlichkeit von sich aus zu informieren, zeichnete sich schon seit Wochen ab, dass dieser Stichtag nicht mehr zu halten war. Am Donnerstagabend gab die Bürgermeisterin nun so etwas wie einen Sachstandsbericht ab: Die Prüfung von möglichen Ausweichquartieren sei „zwar einerseits abgeschlossen, aber Sie brauchen ja jemand, der das finanziert“. Die Gespräche mit Sponsoren liefen, sie bitte aber um Verständnis, dass man noch keine Vorlage habe einbringen können. „Ich gehe davon aus, dass es sich noch bis ins Frühjahr hinziehen wird“, so Birk.

Weil der Stadtrat im Februar aber eine lückenlose Fortführung des „Projekt X“ gefordert hat, werde man nun im Stadtvorstand darüber beraten, wie man über die bislang nur bis Ende 2012 gegebene Garantie für die Nutzung der Halle in der Aachener Straße hinaus verfahren könne, kündigte die Bürgermeisterin an. Dass man sich im Stadtvorstand offenbar nicht dazu imstande sah, den Skatern am verstrichenden Stichtag zumindest Klarheit darüber zu verschaffen, dass sie bis ins Frühjahr in ihrer Halle bleiben dürfen, wird in der Szene nicht gut ankommen.

„Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen“

Nicht gut an kam auch ein Antrag der SPD, im Stadtrat über einen Beitritt Triers zum bundesweiten Bündnis „Vermögenssteuer jetzt!“ zu entscheiden. Zunächst versuchten CDU, FWG und FDP, das Thema von der Tagesordnung abzusetzen. Tenor der Begründung, vorgebracht von FWG-Fraktionschefin Christiane Probst und ihrem CDU-Kollegen Dr. Ulrich Dempfle: Über die Wiedereinführung der Vermögenssteuer werde nicht in Trier, sondern in Berlin entschieden, den Sozialdemokraten gehe es erkennbar nur darum, den Ratssaal als Wahlkampfbühne zu missbrauchen. Doch um die Tagesordnung zu ändern, hätte es einer Zweidrittelmehrheit bedurft, die aber nicht zustande kam. Wie von Probst vor der Abstimmung angekündigt, verließen alle drei Fraktionen geschlossen den Saal, als das Thema aufgerufen wurde – woraufhin OB Klaus Jensen die Beschlussunfähigkeit des Rats feststellen musste.

„Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen“, bemühte Sven Teuber ein Bonmot seines verstorbenen Genossen Herbert Wehner. Der SPD-Fraktionschef räumte zwar ein, dass man vor halbleeren Saal eigentlich „Eulen nach Athen“ trage, wo doch alle noch anwesenden Ratsmitglieder von der Notwendigkeit der Vermögenssteuer überzeugt seien. Doch Teuber nutzte seine Rede auch, um den im Foyer weilenden Kollegen zu attestieren, dass diese sich immer dann vor unpopulären Entscheidungen drückten, wenn es konkret werde. Das sei bei der Frage über Friedhofsschließungen nicht anders gewesen als aktuell in der Schuldiskussion. „Wir wollen auch aus Trier darauf hinweisen, dass uns das Hals bis zum Wasser steht“, begründete er seinen Antrag.  Unterstützung bekam Teuber von Grünen-Fraktionschefin Petra Kewes: Die SPD erkenne mit ihrem Vorstoß an, dass es weiterreichender Maßnahme bedürfe als den Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF). Da die Vermögenssteuereinnahmen an die Länder fließen würden, könnten die zusätzlichen Mittel dafür verwandt werden, den kommunalen Finanzausgleich so ausstatten, dass auch Städte wie Trier hiervon profitierten, so Kewes‘ Hoffnung. „Es soll nur Großvermögen versteuert werden, nicht Omas Häuschen“, so die Grüne, die verlangte: „Es ist an der Zeit, dass auch die stärkeren Schultern sich an der Lösung der Krise beteiligen.“

„Wer den Antrag der SPD-Fraktion gelesen hat, wird sich wohl direkt gedacht haben: ‚Willkommen im Wahlkampf!'“, stieg Katrin Werner in ihre Rede vor halbleerem Rathaussaal ein. Inhaltlich teilte sie jedoch die Forderung der Sozialdemokraten: „Es wird Zeit, dass Reichtum wieder verpflichtet, dass die Kommunen wieder genügend Geld zur Verfügung haben, um die Lebensqualität vor Ort aktiv zu verbessern und die Schulden nicht über Einsparungen im sozialen Bereich finanziert werden“. Werner weiter: „Wenn wir politisch handlungsfähig sein und ernsthaft einen Weg aus den Schulden bestreiten wollen, bedarf es der steuerlichen Mehreinnahmen. Diese können nur vom Bund eingeführt werden. Denn der Bund teilt das Geld den Ländern und den Kommunen als Verwaltungseinheit der Länder zu“. Da der Rat beschlussunfähig war, will Teuber den Antrag nun auch in die Dezember-Sitzung einbringen.

Als OB Klaus Jensen den nächsten Tagesordnungspunkt aufrief, kehrten die Ratsmitglieder von CDU, FWG und FDP wieder zu ihren Plätzen zurück.

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