„Wir sind auf Abriss eingestellt“
Seit einem Jahrzehnt hing ihr Schicksal in der Schwebe, nun scheint es endgültig besiegelt: Die Trierer Kabinenbahn wird nach Lage der Dinge nicht mehr in Betrieb gehen, sondern aller Voraussicht nach demontiert. Nachdem es Pächter Peter Schwab auch bis zum vergangenen Samstag nicht gelungen war, die Bahn wieder zum Laufen zu bringen, fielen die von ihm in Erbpacht gehaltenen Flächen für die Berg- und Talstation wieder an die Stadt zurück. Die städtischen Gremien haben nun zwei Monate Zeit um zu entscheiden, ob Schwab die Anlage auf eigene Kosten abreißen muss, oder ob die Stadt den Betrieb der Anlage in Eigenregie übernehmen wird. Noch vor der Sommerpause soll eine Entscheidung fallen, und fast alles spricht dafür, dass sich Trier von seiner Touristenattraktion trennen wird.
TRIER. Peter Schwab hat die Kabinenbahn noch nicht abgeschrieben. Der Bad Dürkheimer spricht von „guten Gesprächen“, die er mit der Stadtverwaltung geführt habe. Wann diese Gespräche stattfanden? Das könne er so auf Anhieb nicht sagen, er sei im Urlaub und habe seine Unterlagen nicht dabei, erklärte er am Montag gegenüber 16vor. Dass das letzte Wort in der Angelegenheit gesprochen ist, glaubt Schwab offenbar nicht. Doch er sagt auch: „Wir sind auf Abriss eingestellt“.
So denn nicht noch eine völlig überraschende Wende eintritt, dürfte eine Demontage der Kabinenbahn und ein Verkauf des Geländes am Moselufer die wahrscheinlichste Option für die Zukunft sein. Geklärt scheint nun immerhin, dass die insgesamt rund 3.000 Quadratmeter umfassenden Flächen wieder in den Besitz der Stadt übergehen. Im vergangenen Sommer hatten Verwaltung und Schwab vor Gericht einen Vergleich vereinbart: Bis zum 30. April 2011 muss die Anlage wieder in Betrieb gehen, ansonsten ist der eigentlich noch bis 2027 laufende Erbbaupachtvertrag Makulatur. Dass Schwab binnen eines Jahres gelingen könnte, was ihm seit Jahren nicht geglückt ist, schien ohnehin wenig wahrscheinlich.
Nun ist die Frist abgelaufen und die Bahn steht nach wie vor still. Über eine Distanz von mehreren hundert Metern spannen sich die Seile über die Mosel, vom östlichen Ufer aus erblickt man die verwaiste Bergstation dem bewaldeten Palliener Felsplateau – darin die gelbe Kabine. Jahrzehntelang verband die in den Stadtfarben gestrichene gelb-rote Kabinenbahn die beiden Ufer des Flusses, etwas vergleichbares hatte hierzulande nur noch Köln mit seiner Rheinseilbahn zu bieten. Vor wenigen Monaten gesellte sich dann die Rheinseilbahn in Koblenz hinzu, welche vor allem Besucher der Bundesgartenschau über den Fluss chauffiert.
Mit der Koblenzer Anlage lässt sich die Trierer Bahn nicht vergleichen. Gerade mal zwei Kabinen mit einem Fassungsvermögen von maximal 15 Fahrgästen verkehrten zwischen 1967 und 2000 über die Mosel. Seither steht die Anlage still, doch immer wieder gab es Anläufe, die Kabinen wieder in Fahrt zu bringen. 2004 war man fast soweit, doch dann ereignete sich ein tragisches Unglück: Bei den Arbeiten an der Bahn verunglückte ein Mitarbeiter des Pächters tödlich. Schwab selbst sah keine Möglichkeit mehr, die Anlage wirtschaftlich zu betreiben – zumal sich der Sanierungsstau inzwischen auf über eine halbe Million Euro summiert hatte. Wiederholt brachte er deshalb potenzielle Investoren ins Spiel, die jedoch wieder absprangen, bevor es konkret wurde (wir berichteten mehrfach).
Seit Jahren schon hing die Zukunft der Seilbahn deshalb in der Schwebe, ohne dass sich eine tragfähige Lösung abgezeichnet hätte. Die kann Schwab auch bis heute nicht präsentieren, und so ist aus dem Rathaus nun zu hören, dass die städtischen Gremien noch bis zum 30. Juni Zeit haben, zu entscheiden, ob der Erbbaupächter „die Kabinen-Pendelbahn nebst dazugehörigen Einrichtungen auf seine Kosten abzubrechen hat“, oder ob die Stadt die Anlage übernimmt. Letzteres scheint kaum wahrscheinlich, denn sowohl OB Klaus Jensen (SPD) als auch Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU) hatten kürzlich vor dem Stadtrat deutlich gemacht, dass der Stadt das Geld fehlt, um die Touristenattraktion auf Vordermann zu bringen und sie in Eigenregie zu betreiben. Auch für einen Betriebskostenzuschuss an einen privaten Investor sieht man keinerlei Spielraum, und dass sich gar das Land an der Sanierung und Wiederinbetriebnahme der Anlage beteiligen könnte, darf als wenig wahrscheinlich gelten.
Dabei scheint es an potenziellen Investoren nicht zu mangeln, doch zeigen diese kein Interesse an der Bahn, sondern an den Flächen am Moselufer. Es gebe verschiedene Anfragen, das Gelände für eine gastronomische Nutzung oder als Standort für ein Seniorenheim zu nutzen, erklärte Kaes-Torchiani jüngst vor dem Stadtrat. Noch vor der Sommerpause wird sich das Gremium erneut mit dem Thema befassen, dann müssen die Fraktionen Farbe bekennen und erklären, ob sie sich von der liebgewonnenen aber ungenutzten Attraktion trennen wollen. Die Demontage der Anlage würde laut vorsichtigen Schätzungen der Verwaltung mit mindestens 350.000 Euro zu Buche schlagen.
von Marcus Stölb