Symbolfigur für den Widerstand
TRIER. Er zählte zu den ganz wenigen Trierer Juden, die nach dem Holocaust in die Moselstadt zurückkehrten: Dr. Heinz Kahn. Im Februar starb der Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz. Die Arbeitsgemeinschaft Frieden erinnert an ihn.
„Wir trauern um Dr. Heinz Kahn, eine beeindruckende Persönlichkeit und Symbolfigur für das Überleben und den Widerstand gegen den Holocaust und wünschen uns, dass in Trier eine Straße nach ihm benannt wird“, so Markus Pflüger von der AGF, die mit Dr. Heinz Kahn bei verschiedenen Gelegenheiten eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet hat. Kahn hatte die jüdische Gemeinde in Trier nach 1945 neu gegründet.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begannen für die Kahns Schikanen und Diskriminierungen. Heinz Kahn erlebte den Judenhass in Hermeskeil und Trier und musste Zwangsarbeit leisten. Seine Familie wurde in Auschwitz ermordet. Er selbst musste als Pfleger, Häftlingsschreiber und Lagerläufer und schließlich im „Selektionskommando“ Auschwitz arbeiten. Dabei konnte er anderen Häftlingen helfen. Er rettete zudem viele Unterlagen der Nazis, indem er sie in Marmeladeneimer barg, diese verschweißte und in Wasserlöchern versenkte. Im Frankfurter Auschwitz-Prozess vor 50 Jahren sagte er als Zeuge aus.
Am 11. April 1945 wurde Heinz Kahn mit den in Buchenwald überlebenden Häftlingen von den Amerikanern befreit. Als einer der wenigen Überlebenden kehrte er nach Trier zurück und wurde erster Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde von Trier, machte sein Abitur nach, studierte Veterinärmedizin und promovierte. Er heiratete Inge Hein aus Cochem, die als 14-Jährige mit ihren Eltern in das KZ Theresienstadt deportiert worden war und – anders als ihre Eltern – den Holocaust überlebt hatte. 1954 zogen die Eheleute Kahn nach Polch, wo Dr. Kahn bis vor wenigen Jahren seine Tierarztpraxis betrieb. Seit 1987 war er zudem Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Koblenz.
Heinz Kahn erzählte in Schulen und öffentlichen Veranstaltungen als Zeitzeuge von der Verfolgung und auch vom Widerstand der Juden im Nationalsozialismus. Bei der Präsentation der Broschüre „Stolpersteine erzählen“ sprach er ein bewegendes Grußwort und hat auch die Verlegung von Stolpersteinen für Familienangehörige in Hermeskeil und Trier unterstützt.
Für die Arbeitsgemeinschaft Frieden wäre eine Straßenbenennung für Heinz Kahn ein wichtiges Zeichen: ein würdevolles Andenken an einen besonderen Menschen, ein Zeichen gegen das Vergessen. Die AGF fordert deshalb den Stadtrat beziehungsweise die Ortsbeiräte auf, bald eine geeignete Straße nach Dr. Heinz Kahn zu benennen.
Sehen Sie auch: Zeitzeugen berichten von der Pogromnacht in Trier
von 16vor