Schnee im April (Aly Cha)

Ist unser Weg vorbestimmt oder gibt es eine Möglichkeit, dem Schicksal zu entkommen? Aly Cha, geboren in Südkorea und aufgewachsen in Japan und Kanada, schildert in ihrem Debütroman „Schnee im April“ das Leben von vier Frauen, die auf ihrem Lebensweg viel Leid aber auch manches Glück erfahren. Doch ganz egal wie deren Leben verläuft, meist endet es tragisch…

Es ist ein verschneiter Winter im Jahre 1969 in Osaka, Japan: Die kleine Juki wird von ihrer Mutter Miho zu ihrer Großmutter Asako gebracht. Jahrelang hatte Miho den Kontakt zu ihrer Mutter abgebrochen und nun setzt sie in einer eiskalten Nacht ihre kleine Tochter bei Asako ab. „Zur Kirschblütenzeit bin ich wieder zurück“, verspricht sie und verschwindet ohne ein weiteres Wort. Was veranlasst eine Mutter dazu ihre fünfjährige Tochter ohne Angabe weiterer Gründe einfach zurückzulassen?

Um diese Frage zu beantworten, holt die Autorin Aly Cha weit aus. Sie beginnt mit der Geschichte einer jungen Frau drei Generationen früher im Jahr 1895: Michiko, ein junges Mädchen, lebt mit ihrer Familie auf einer kleinen Insel vor Japan. Nach dem Tod ihres Vater, den sie vergötterte wie keinen anderen, wird sie von ihrer von Eifersucht geplagten Mutter an eine Pensionswirtin verkauft. In Kioto erlebt sie traurige Jugendjahre, in denen sie immer wieder gequält und misshandelt wird. Doch auch das Glück scheint auf ihrer Seite, als sie einen jungen Fürsten kennenlernt, der sie aus ihrem Elend befreit. Bald bringt sie eine Tochter zur Welt, und zwar Asako.

Aber Aly Cha hat für ihre Figuren kein gutes Ende erdacht. Das gilt ebenfalls für die nachfolgenden Mutter-Tochter-Geschichten, die sie entwickelt. Immer wieder erreichen den Leser hoffnungsvolle Momente, dass es die nächste Generation besser haben wird. Doch das Schicksal (?) hält weitere böse Überraschungen bereit und manchmal sind es die Menschen selbst, die sich und ihre Mitmenschen ins Unglück stürzen.

Diese Achterbahnfahrt an Glück und Verderben, Liebe und Hass, Zusammenhalt und Vergeltung haben mich an dieses Buch gefesselt, bis zur letzten Seite. Die Autorin zeichnet das Bild ganzer japanischer Generationen anhand ihrer geschaffenen Charaktere. Man taucht ein in die Kultur Japans.

„Schnee im April“ ist ein tiefgründiger Roman, in dem die Frage der Wichtigkeit Einzelner gestellt wird. Wie stark wird die Existenz Einzelner von außen bestimmt und wie schnell kann einem das eigene Leben aus der Hand gleiten ohne das Wohlwollen anderer? Ich empfehle dieses Buch nicht nur Japanfreunden, sondern auch allen Lesern, die sich mit dieser Thematik befassen wollen und Spaß an guter Unterhaltungsliteratur haben.

Andrea Lankes

Cha, Aly: Schnee im April. Zürich, Kein & Aber. 2011. € 22,90. 9783036956022

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