„Opfer-Abo“ auf Platz Eins

DARMSTADT/TRIER. Das „Unwort des Jahres 2012“ lautet „Opfer-Abo“. Das gab am Dienstag die Jury, der auch der Trierer Sprachwissenschaftler Professor Martin Wengeler angehört, bekannt.

Der Begriff stammt nicht etwa aus der Diskussion über die anhaltende Zeitungs- und Medienkrise, sondern von Jörg Kachelmann. Der hatte in mehreren Interviews – unter anderem im Spiegel vom 8. Oktober vergangenen Jahres – davon gesprochen, dass Frauen in unserer Gesellschaft ein „Opfer-Abo“ hätten. Mit ihm könnten sie ihre Interessen in Form von Falschbeschuldigungen – unter anderem der Vergewaltigung – gegenüber Männern durchsetzen.

„Das Wort ‚Opfer-Abo‘ stellt in diesem Zusammenhang Frauen pauschal und in inakzeptabler Weise unter den Verdacht, sexuelle Gewalt zu erfinden und somit selbst Täterinnen zu sein“, heißt es in der Begründung der Jury. Angesichts des dramatischen Tatbestands, dass nur 5 bis 8 Prozent der von sexueller Gewalt betroffenen Frauen tatsächlich die Polizei einschalten und dass es dabei in nur bei 3 bis 4 Prozent der Fälle zu einer Anzeige und einem Gerichtsverfahren komme, halte man dies für „sachlich grob unangemessen“. Das Wort verstoße damit „nicht zuletzt auch gegen die Menschenwürde der tatsächlichen Opfer.“

Die Jury urteile damit aber in keiner Weise darüber, ob und inwiefern Einzelpersonen von Verleumdungen betroffen sein können und somit auch nicht über den Fall Kachelmann, heißt es in einer Mitteilung. Sie kritisiert vielmehr „einen Wortgebrauch, der gängige Vorurteile in Bezug auf eine Vortäuschung von Vergewaltigungen oder eine Mitschuld der Frauen bestätigt“. Ausdrücke dieser Art drohten letztlich den zivilgesellschaftlichen und juristischen Umgang mit sexueller Gewalt in bedenklicher Weise zu beeinflussen.

Auf den zweiten und dritten Platz der 2012er-„Unworte“-Liste schafften es die „Pleite-Griechen“ und die „Lebensleistungsrente“. Insgesamt waren 1019 verschiedene Wörter eingeschickt worden. Die häufigsten Einsendungen waren Schlecker-Frauen (163mal), Anschlussverwendung (125), Moderne Tierhaltung (102), Ehrensold (88) und Lebensleistungsrente (40).

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