„Mit deutlichen Mehreinnahmen zu rechnen“
Wenn Politiker über die Schattenseiten ihres Berufs berichten, verwenden sie des Öfteren die Formulierung, dass etwas „nicht vergnügungssteuerpflichtig“ sei. Da freut sich das Phrasenschwein, doch wenig Freude dürfte in diesen Tagen bei den Trierer Spielhallenbetreibern und Diskothekenbesitzern aufkommen. Denn diese sind vergnügungssteuerpflichtig und obendrein steht ihnen nun zum 1. Juli eine massive Erhöhung der Gebühren ins Haus. So soll der Steuersatz für Diskotheken je angefangene zehn Quadratmeter von 0,23 Cent auf 1,50 Euro steigen. Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit werden künftig nicht mehr pro Gerät, sondern nach dem tatsächlichen Einspielergebnis besteuert. Im Rathaus erwartet man erhebliche Mehreinnahmen, von bis zu 400.000 Euro ist die Rede. Doch rechnet die Verwaltung auch mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand. Von einer Besteuerung der Prostitution will man vorerst absehen.
TRIER. Für Fevzi Ciliz ist die Sache klar: Jede Mehrbelastung erschwert das Geschäft, schon deshalb halte er wenig von der geplanten „Neufassung der Satzung zur Erhebung der Vergnügungssteuer in der Stadt Trier“, wie sich die Vorlage nennt, über die der Stadtrat in der kommenden Woche entscheiden soll. Das Glücksspiel zählt nicht eben zu Ciliz‘ Kerngeschäft, in seinem kleinen „Schnellrestaurant Antalya“ in der Nagelstraße hängt lediglich ein Automat. Dennoch wird er die Änderungen zu spüren kommen – in Form von weniger Einnahmen. Wurden nach der bislang gültigen Satzung pauschal 30,68 Euro monatlich für das Spielgerät fällig, wird sich die Vergnügungsteuer künftig am tatsächlichen Einspielergebnis bemessen. Die Stadt strebt einen Steuersatz von 12 Prozent an. „Informationen anderer Kommunen und die Reaktionen der Gerätehersteller ließen „vermuten, dass bei diesem Steuersatz mit deutlichen Mehreinnahmen zu rechnen ist“, heißt es aus dem Rathaus.
Dass die Stadt ihre Satzung umfassend überarbeitet hat, ist Vorgaben aus Karlsruhe und Mainz geschuldet. So urteilte das Bundesverfassungsgericht bereits im Februar 2009, dass die bislang geltende Erhebung einer Pauschbesteuerung, die sich an der Anzahl der Spielgeräte bemisst, dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht. Das Urteil der Verfassungsrichter führte indes nicht zur sofortigen Nichtigkeit der bestehenden Satzungen. Da die Landesregierung jedoch beschloss, zum 1. Juli das Landesgesetz über die Ermächtigung der Gemeinden zur Erhebung der Hundesteuer und Vergnügungssteuer aufzuheben, war nun Handlungsbedarf gegeben, und natürlich mussten hierbei auch die Feststellungen der Karlsruher Richter berücksichtigt werden.
„Wir sind da machtlos. Wir müssen uns schließlich daran halten“, sagt Andrea Müller, Leiterin zweier Spielhallen am Pferdemarkt und in der Paulinstraße. Müller glaubt nicht, dass die Neuregelung ihr Unternehmen gefährden könnte – das Geschäft laufe gut, berichtet sie. An die Aufgabe eines Standorts sei jedenfalls nicht gedacht, versicherte sie am Montag im Gespräch mit 16vor. Dabei mangelt es den Trierern wahrlich nicht an Gelegenheiten, ihr Geld zu verspielen: In der Moselstadt haben 31 Unternehmen nicht weniger als 635 Spielgeräte aufgestellt. Das Gros – 477 – befindet sich in Spielhallen, und auch diese werden künftig nach dem Einspielergebnis jedes einzelnen Automaten herangezogen. Statt der bislang erhobenen Pauschsteuer für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit, die in Spielhallen aufgestellt sind – Kostenpunkt: 122,71 Euro monatlich – wird künftig für jedes Gerät und Monat eine individuelle Steuerfestsetzung vorgenommen.
Über die Prostitution ist noch zu diskutieren
Technisch dürfte das kein Problem sein, denn schon heute führen die Betreiber von Spielhallen Bilanzen über den Umsatz ihrer Geräte. Doch für die Stadt wird die Neuregelung einen erheblichen Mehraufwand mit sich bringen: Statt einer 20-Prozent-Stelle werde man in Zukunft eine höher qualifizierte Vollzeitkraft benötigen, beziffert das Rathaus. Insgesamt rechnet man mit Personal-, Sach- und Gemeinkosten von mindestens 60.000 Euro. Allerdings kalkuliert man am Augustinerhof auch mit Mehreinnahmen von mindestens 330.000 Euro, und selbst 400.000 Euro sind nach Einschätzung der Verwaltung durchaus realistisch. Und damit die Stadt auf der sicheren Seite ist, sieht die Satzung eine Mindestbesteuerung von 60 Euro pro Gerät in Spielhallen und 20 Euro in Kneipen und an anderen Orten vor. Schließlich kommt es schon mal vor, dass das Einspielgerät negativ ist oder am Ende des Monats bei Null liegt, bestätigt Fevzi Ciliz.
Auf erhebliche Mehrbelastungen müssen sich auch die Ausrichter von für Tanzveranstaltungen und Filmvorführungen einstellen – zumindest dann, wenn sich ihre Besteuerung nach der Größe des Raumes bemisst. Dieses Verfahren wird angewandt, wenn eine Besteuerung von Eintrittskarten nicht möglich ist, weil – wie in vielen Diskotheken oder Clubs üblich – Kombikarten aus Eintritt und Verzehr oder reine Karten mit Mindestverzehr ausgegeben werden. Wurden in diesen Fällen bislang je angefangene 10 Quadratmeter und Veranstaltungstag 0,23 Cent fällig, sieht der Satzungsentwurf nun 1,50 Euro vor. Für Veranstaltungen im Freien schlägt die Stadt den halben Steuersatz vor. Begründung: Hier sei in der Regel eine wesentlich größere Veranstaltungsfläche gegeben. Die Besteuerung nach Eintritt soll nach wie vor bei 20 Prozent des Eintrittspreises liegen. Schließlich sei schon jetzt festzustellen, „dass zahlreiche Veranstaltungen aufgrund der Vergnügungssteuer nicht stattfinden“.
Von einer Besteuerung der Prostitution will man im Rathaus erst einmal absehen: Hier rechne man mit „einen im Verhältnis zum zu erwartenden Steuerertrag hohen Vollzugsaufwand“, begründete ein Sprecher der Stadt auf Nachfrage die Zurückhaltung. Die Option behalte man sich allerdings offen: Vor einer abschließenden Entscheidung seien „noch weitergehende Ermittlungen erforderlich“, zudem sei noch „die ordnungspolitische Bedeutung einer diesbezüglichen Besteuerung zu diskutieren“. Mit der Nichteinführung der Besteuerung der Prostitution zum 1. Juli ändere sich für dieses Gewerbe ohnehin nichts, denn bisher habe es eine solche Besteuerung gar nicht gegeben. „Es geht insoweit also um die Möglichkeit einer vollständig neuen Abgabenerhebung“, erklärte die Verwaltung gegenüber 16vor.
von Marcus Stölb