Gratis ins alte Centralhotel
Die Idee hatte der fast schon legendäre Pariser Kulturminister Jack Lang: 1984 rief der Mann, der es verstand, Präsident François Mitterrand pompös in Szene zu setzen, die „Journées Portes ouvertes monuments historiques“ ins Leben. Seit 1993 gibt es auch in Deutschland einen Tag des offenen Denkmals, in diesem Jahr findet die zentrale Eröffnung für das Großevent erstmals in Trier statt. Das lag nahe, gilt die Moselstadt doch als eine Art Ballungsraum historischer Stätten. Doch weniger die römischen Monumente denn die eher verborgenen bauhistorischen Schätze der Moselstadt sollen im Fokus stehen. Wer sich durch das alte Centralhotel in der Sichelstraße führen lassen möchte oder einen Blick in das aufwändig sanierte Jugendstilhaus in der Nagelstraße werfen will, hat dazu am Sonntag die Gelegenheit. Während am Nachmittag in der Welschnonnenkirche die Marseillaise erklingt, steht der Abend ganz im Zeichen des Gedenkens an die Opfer des 11. September.
TRIER. „Das ist nicht selbstverständlich“, betonte Thomas Metz, Chef der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, am Dienstag in Trier. Nicht selbstverständlich ist, dass die GDKE an einem Sonntag im Spätsommer freien Eintritt für „ihr“ Landesmuseum gewährt, außerdem für die Barbarathermen und das Amphitheater, die Porta Nigra und die Kaiserthermen. Obendrein werden noch zusätzliche Führungen und Vorträge geboten. Der Grund: Trier ist erstmals Austragungsort der zentralen Eröffnungsveranstaltung des bundesweiten Tags des offenen Denkmals. Da hat man sich in Koblenz, wo die GDKE ihren Sitz hat, nicht lumpen lassen.
Insgesamt 30 Denkmäler werden am Sonntag in Trier ihre Türen öffnen, berichtet Dr. Angelika Meyer, Leiterin des Denkmalpflegeamts der Stadt. Getreu dem Anspruch der Veranstalter, an jedem zweiten Sonntag im September vor allem solche Stätten zu öffnen, die ansonsten nicht oder kaum zugänglich sind, finden sich in diesem Jahr einige Besonderheiten im Programm. So können Interessierte einen ersten Blick in die „Genussgesellschaft“ in der Nagelstraße werfen, einem Jugendstilgebäude, das erst kürzlich umfassend restauriert wurde. Auch das ehemalige Centralhotel in der Sichelstraße, das derzeit eine Baustelle ist, kann besucht werden. Allerdings ausschließlich im Rahmen einer Führung, die zur jeden vollen Stunde angeboten wird.
Eine kostenfreie Führung zu „Johann Anton Rambouxs Lithografien der Trierer Römerbauten in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts“ bietet das Stadtmuseum an. Wer jedoch Dauer- und Sonderausstellung besichtigen möchte, muss den regulären Eintritt zahlen. Einen Vortrag mit anschließender Führung (Beginn 14.30 Uhr) zur Geschichte des alten Trierer Gefängnisses, in dem heute das Museum am Dom untergebracht ist, steht ebenso auf dem Programm wie ein Karl-Marx-Stadtrundgang, der um 13 Uhr vor dem Geburtshaus des berühmtesten Trierers startet. Im Programm finden sich auch einige Gebäude in Privatbesitz, etwa das Tagelöhnerhaus in der Bachstraße 10, das von 12 bis 18 Uhr geöffnet sein wird. Zu den Zugnummern der Veranstaltungsreihe, die bereits seit 1993 angeboten wird und jedes Jahr mehr als vier Millionen Menschen in rund 7.500 Denkmäler lockt, zählt das Herrenbrünnchen in Heiligkreuz. Sie habe sich gewundert, auf welche große Resonanz die Führungen dort immer wieder stießen, räumte Angelika Meyer ein.
Gottesdienst in der Porta, Gedenken in der Basilika
Dass Domorganist Josef Still um 15.30 Uhr auf der Barockorgel der Welschnonnenkirche „die Marseillaise schmettern“ (O-Ton Still) wird, ist nicht etwa als Hommage an Jack Lang gedacht, sondern sei dem Motto des diesjährigen Tags des Offenen Denkmals geschuldet. Auf dem Programm des etwa 35-minütigen Orgelkonzerts stehen außerdem Werke von Balbastre („Marche des Marseillois“) und Charpentier (“Bataille de Montenotte“). Der Eintritt ist frei. Längst ausverkauft ist das große Benefizkonzert am Sonntagnachmittag in der Liebfrauenkirche, das die Stiftung Denkmalschutz gemeinsam mit dem Deutschlandfunk veranstaltet.
Wie groß die Resonanz auf die offiziellen Veranstaltungen ausfallen wird, muss sich zeigen. Metz wirbt für die Teilnahme des fast schon traditionellen Gottesdienstes an ungewohntem Ort: Am Vorabend des Tags des offenen Denkmals wird die Porta Nigra ab 19 Uhr wieder zu dem, was sie über Jahrhunderte hinweg war, und was ihr wohl den Abriss ersparte – zur Kirche. Die monumentale Basilika hingegen wandelte sich erst Mitte des 19. Jahrhunderts zum Gotteshaus. Der preußische König Friedrich-Wilhelm IV. ließ die einstige römische Palastaula wiedererrichten und zu einem evangelischen Gotteshaus umwidmen. In der Basilika wird es am Sonntag um 10 Uhr einen ökumenischen Gottesdienst geben, um 11 Uhr eröffnet Bildungsministerin Doris Ahnen dann offiziell den Tag des offenen Denkmals. Bundespolitische Prominenz hat sich, anders als im vergangenen Jahr bei der zentralen Eröffnung in Lüneburg, wo Bundespräsident Christian Wulff Festredner war, in Trier nicht angesagt. Selbst Bernd Neumann, im Berliner Kanzleramt angesiedelter Staatsminister für Kultur, wird nicht kommen.
Der diesjährige Tag des offenen Denkmals steht unter dem Motto „Romantik, Realismus, Revolution – das 19. Jahrhundert“. Rund die Hälfte der bundesweit etwa 7.500 Stätten, die besichtigt werden können, stammen aus jener Epoche, bezifferte Carolin Kolhoff von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz im Rahmen eines Pressegesprächs. Man erwarte wieder ca. vier Millionen Besucher zur „wahrscheinlich größten Kulturveranstaltung Deutschlands“. Die fällt in diesem Jahr mit einem anderen historisch bedeutsamen Datum zusammen, woran Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU) gestern erinnerte: Aus Anlass des zehnten Jahrestags der Attentate von New York und Washington findet um 19 Uhr in der Basilika eine Gedenkveranstaltung statt.
Umfassende Informationen über die Denkmäler und historischen Stätten, die in Trier besichtigt werden können, finden Sie auf folgender Webseite.
von Marcus Stölb