Freundliches Miteinander?

Die vier Stellplätze im mittleren Teil der Neustraße sollen wegfallen. Die Maßnahme ist Teil eines kurzfristig umsetzbaren Konzepts, das die Verwaltung am Montagabend im Rahmen einer Bürgerversammlung vorstellte. Auf diese Weise soll der Durchgangsverkehr in einer der attraktivsten Einkaufsstraßen Triers gemindert werden. Die große Mehrheit der rund 40 Anlieger, die sich an der Diskussion beteiligten, begrüßten das Vorhaben, das noch in den zuständigen Dezernatsausschüssen beraten und beschlossen werden muss. Allerdings gab es auch Stimmen, die sich gegen Veränderungen aussprachen. So sprach eine Hauseigentümerin mit Blick auf die Verkehrssitution von einem „freundlichen Miteinander“. Andere nannten die Verhältnisse indes „unerträglich“ und sähen es am liebsten, wenn der Straßenabschnitt in eine Fußgängerzone umgewandelt würde.

TRIER. Kurt Britz sah den Sinn der Veranstaltung nicht. Für den Immobilieneigentümer, der in der Neustraße aufwuchs, gibt es auch kein Problem. Von einem „ganz normalen Durchgangsverkehr“, sprach Britz am Montagabend, weshalb für ihn die Sache klar sei: „Das muss so bleiben, wie es ist“. Eine Meinung, die offenkundig nur wenige teilten, wie der Verlauf der Diskussion im großen Rathaussaal zeigte. Nachdem die Interessengemeinschaft Neustraße im vergangenen Herbst einen neuerlichen Vorstoß gestartet hatte, die Stadt zum Handeln zu bewegen, hatte die Verwaltung zu einer Bürgerinformation eingeladen.

Damit die Debatte nicht ins Blaue geführt wurde, präsentierten Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU) und Matthias Schumacher vom Stadtplanungsamt einen konkreten Vorschlag für eine kurzfristig realisierbare Lösung: Neben den vier öffentlichen Stellplätzen zwischen German- und Pfützenstraße sollen zwei weitere im vorderen Teil, in Höhe der Einmündung von der Neustraße in die Germanstraße, wegfallen. Im Gegenzug würden zwei Bewohnerparkplätze in der Germanstraße in öffentliche Stellplätze umgewandelt, um das wegfallende Angebot zu kompensieren. Ein weiterer Baustein des Konzepts: In der Pfützenstraße würden sieben öffentliche Stellplätze in Bewohnerparkplätze umgewandelt. Man erhoffe sich hierdurch, dass der Durchgangsverkehr im mittleren Teil der Neustraße, der vor allem durch Stellplatz suchende Autofahrer verursacht werde, deutlich gemindert werde, erklärte Kaes-Torchiani.

In der überwiegend sachlich geführten Diskussion sprachen sich viele Teilnehmer für den Wegfall der Stellplätze aus. „Hier geht es ausschließlich darum, dass die Verkehrssituation so nicht akzeptabel ist“, meinte Klaus Werner-Link, Inhaber des Ladengeschäfts „Nobelkids“. Dass er an diesem Abend erfuhr, dass auch der Stellplatz vor seiner Ladentür wegfallen soll, sei für ihn kein Problem, betonte Werner-Link. „Ich persönlich finde die Situation unerträglich“, stimmte Ursula Weiland ihm zu. „Es ist nicht nur der Parksuchverkehr, der ganze Durchgangsverkehr ist unser Problem“, warf Aloysia Melchior ein. Mehrmals täglich passiere ein- und derselbe Lieferdienst die Straße in Richtung Fußgängerzone, beklagte die „Kreisel“-Chefin und Vorsitzende der IG Neustraße. Auch das müsse unterbunden werden, verlangte Melchior. In diesem Punkt machten Kaes-Torchiani und Wirtschaftsdezernent Thomas Egger (FDP) ihr jedoch wenig Hoffnung: Die Fußgängerzone müsse für den Lieferverkehr bis 11 Uhr erreichbar sein, auch andere Straßen hätten unter dem Durchgangsverkehr zu leiden.

Dass es in der Neustraße überhaupt einen Leidensdruck gibt, wurde von Maria Berger-Heister grundsätzlich angezweifelt. Die Inhaberin einer Immobilien- und Vermögensverwaltung in der Pfützenstraße beschrieb die Verkehrssituation als ein „freundliches Miteinander“, das von „gegenseitiger Rücksichtnahme“ geprägt sei. Und was die Option einer Ausweitung der Fußgängerzonen anbelangt, wandte sie ein: „Der untere Bereich der Neustraße ist tot“, das sei auch eine Folge davon, dass dort keine Autos mehr fahren dürften. Berger-Heister verwies außerdem darauf, dass der Verkehr künftig ausschließlich über German- und Gervasiusstraße abfließen müsse, obwohl die Belastung dort heute schon sehr hoch sei. Ein Teilnehmer regte an, die Wechselstraße wieder in Fahrtrichtung Weberbach zu öffnen, dann werde zumindest die Gervasiusstraße entlastet. Hausbesitzer Lüder Lüdering führte das Argument ins Feld, dass manche Geschäfte wie die „Babyecke“ anfahrbar sein müssten, beispielsweise für Kunden, die Kindersitze testen wollten.

Argumente, die auf der Gegenseite nicht gut ankamen. Hausbesitzer Wolfgang Elsen sprach sich wie andere für eine Ausweitung der Fußgängerzone bis zur Ecke Germanstraße aus. „Die gesamte Stadt Trier würde an Attraktivität gewinnen“. Elke Viktorius van der Heide („Delikat“) ging derweil Britz und Lüdering an: „Wir haben die Neustraße zu dem gemacht, was sie ist – eine Gemeinschaft“, sagte sie und forderte: „Dieses ewige nur an sich denken muss ein Ende haben“. Auch wenn manche Redner wie der Ortsvorsteher von Trier-Mitte/Gartenfeld, Aloysia Melchior, oder Christine Floss („Terra Viva“) für eine Ausweitung der Fußgängerzone aussprachen, dürfte diese über kurz oder lang nicht kommen. Kaes-Torchiani verwies auf die umfangreichen Voruntersuchungen, die einer solchen Maßnahme vorausgehen müssten. Sie persönlich sehe außerdem die Gefahr, dass dann die Immobilienpreise stiegen, was gerade den kleinen Fachgeschäften arg zusetzen könnte. Auch Egger warnte vor diesem Effekt: Würde die Neustraße zu einer Fußgängerzone, würde aus einer 1-B eine 1-A-Lage, gab er zu bedenken. Zudem sei zweifelhaft, ob sich hierfür ausreichend Unterstützer fänden.

Nun soll es erst einmal eine kleine Lösung tun, und auch diese muss noch von den zuständigen Ausschüssen beraten und beschlossen werden. Nachdem sich am Montagabend eine deutliche Mehrheit der Teilnehmer mit dieser Maßnahme einverstanden erklärte, dürfte es den Kommunalpolitikern indes schwerfallen, das Vorhaben noch aufzuhalten. Aloysia Melchior sprach von einem „kleinen Schritt, aber ich freue mich auch über kleine Schritte“. Zugleich machte die IG-Vorsitzende deutlich, dass sie nun mit einer raschen Umsetzung rechnet.

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