Die nette Tour zeigt Wirkung
Per Postwurfsendung wurden in den letzten Monaten sämtliche Haushalte Triers daran erinnert, dass für das Halten von Hunden Steuern gezahlt werden müssen. Daraufhin meldeten Hunderte ihr Tier neu an. Die Zahl der registrierten Hunde schnellte binnen weniger Wochen von 2.700 auf rund 3.450 hoch. Dass nicht alle Nachzügler in punkto Steuerpflicht ahnungslos waren, liegt auf der Hand. Manche verweigerten sich der Anmeldung auch bewusst. Ihr Vorwurf: Die Stadt biete zu wenig für die Tiere und ihre Halter. So fehle es beispielsweise an innerstädtischen Auslaufflächen. Im Rathaus sieht man hierfür keinen Bedarf und verteidigt die Erhebung der Steuer: „Eines der Ziele ist es, die Zahl der Hunde zu begrenzen“.
TRIER. Fina näherte sich schon ihrem dritten Lebensmonat, als ihrer Halterin einfiel, dass sie das Tier noch anmelden musste. Also griff Claudia Dick zum Hörer und rief im Rathaus an. Dort beruhigte man die junge Frau: Dass die Reitlehrerin die gesetzte Frist von „14 Tagen nach Beginn der Haltung“, wie es in der Satzung der Stadt Trier über die Erhebung der Hundesteuer heißt, nicht eingehalten hatte, sei kein Drama. Doch einen Wunsch könne man nicht entsprechen, zumindest noch nicht: Dick wollte Fina als Wachhund registrieren lassen, um so in den Genuss einer Steuerermäßigung zu kommen. Zwar ist die formale Voraussetzung hierfür erfüllt – das nächste bewohnte Haus liegt mehr als 200 Meter entfernt – doch sei kaum vorstellbar, dass ein Welpe schon als Wachhund tauge, befand man in der Verwaltung. Dick kann damit leben, sie wird es später erneut versuchen. Bei der Stadt sei man sehr freundlich gewesen, betont sie noch.
Tatsächlich dürfte man im zuständigen Amt für Zentrale Dienste und Finanzen ganz anderes gewohnt sein. Dass jemand schon nach wenigen Wochen Fristüberschreitung das schlechte Gewissen plagt, wird man deshalb mit einiger Nachsicht zur Kenntnis nehmen. Schließlich gibt es andere, die ihren Hund auch nach etlichen Jahren noch nicht angemeldet haben und die fällige Steuer bewusst umgehen. Weil man am Augustinerhof längst ahnte, dass es sich hierbei nicht nur um Einzelfälle handeln konnte, beschloss der Steuerungsausschuss des Stadtrats im April eine flächendeckende Überprüfung der Hundesteuerpflicht. Hierbei setzte man zunächst auf die „nette Tour“ und brachte ledigliche eine Postwurfsendung auf den Weg, die alle Trierer Haushalte erreichte. Kostenpunkt: Rund 6.000 Euro
Auch bei Familie Blau* landete das Schreiben im Briefkasten – und sollte seine Wirkung nicht verfehlen. „Mir war da klar: Bevor die bald bei dir auf der Matte stehen, meldest du deinen Hund jetzt besser an“, berichtet Jennifer Blau im Gespräch mit 16vor. Die 14-Tages-Frist hatten sie und ihr Mann schon um Jahre überschritten, und es lag mitnichten an Unwissenheit. Im Gegenteil: Nach eigener Darstellung hätten sie ihr Tier bis heute nicht angemeldet, hätte es dieses Schreiben nicht gegeben. Jennifer Blau und ihr Mann stößt so einiges an der Regelung auf, schon die Existenz einer Hundesteuer ist für sie schwer nachvollziehbar. Weshalb denn nicht auch für Katzen Steuern bezahlt werden müssen, fragen die Beiden, schließlich machten die kaum weniger Dreck als kleine Hunde.
Bei der Stadt führt man mehrere Gründe an, weshalb Besitzer von Hunden im Gegensatz zu Haltern von Katzen eine Steuer entrichten müssen. Einer ist ordnungspolitischer Natur: Es gehe darum, „die Zahl der Hunde zu begrenzen“. Weiter heißt es: „Darüber hinaus spielen aber auch die mit der Hundehaltung verbundenen Verunreinigungen sowie eine möglicherweise erhöhte Gefährlichkeit (Stichwort „Kampfhunde“) eine Rolle. Dieses Gefahrenpotential geht von Katzen naturgemäß nicht aus“. Zudem lasse sich der Halter von Katzen wesentlich schwieriger feststellen als der von Hunden. „Aus diesem Grund wäre die Einführung einer Katzensteuer rechtlich zweifelhaft, da sie nicht den Erfordernissen der Steuergleichheit und Steuergerechtigkeit genügt“, argumentiert die Behörde.
Stadt sieht keinen Bedarf für zusätzliche Auslaufflächen
Dass die Steuer auch dem Ziel dient, die Zahl der Hunde zu begrenzen, erklärt die Staffelung der Gebühren. Werden für das erste Tier 110 Euro fällig, kostet der zweite Hund schon 155 Euro im Jahr. Für jeden weiteren Hund beträgt die Steuer 200 Euro. Für die Blaus ein Unding, zumal die Stadt aus ihrer Sicht zu wenig für die Vierbeiner und ihre Halter bietet. Wer beispielsweise in der Innenstadt wohne, habe keinerlei Möglichkeit, das Tier frei laufen zu lassen. In anderen Städten gebe es hierfür eigens Hundeauslaufplätze, beklagt Jennifer Blau.
Tatsächlich gilt laut einer Grundsatzentscheidung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz aus dem Jahr 2006 ein Anleinzwang für Hunde „innerhalb bebauter Ortlagen“. Dieses Urteil schlägt sich auch in der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt nieder, wo es unter anderem heißt, dass Tiere von Kinderspielplätzen, Brunnen, Weihern oder Wasserbecken fernzuhalten sind. Auf öffentlichen Straßen innerhalb bebauter Ortslagen und innerhalb von öffentlichen Anlagen dürfen Hunde nur angeleint geführt werden, außerhalb bebauter Ortslagen sind sie „umgehend und ohne Aufforderung anzuleinen, wenn sich andere Personen nähern oder sichtbar werden“.
Gegen diese Regelungen hat das Ehepaar Blau grundsätzlich nichts einzuwenden, aber eben wegen dieser Restriktionen bedürfe es spezieller Plätze. Dem hält man im Rathaus entgegen: „Angesichts der Tatsache, dass die Stadt Trier von natürlichen Auslaufflächen, die zudem mit dem ÖPNV zu erreichen sind, umgeben ist, ergibt sich keine Notwendigkeit zur Einrichtung von so genannten Hundeauslaufflächen, wie sie in manchen Ballungszentren vorhanden sind“. Und was den Vorwurf anbelangt, in der Innenstadt werde insgesamt zu wenig für Hunde und deren Halter getan, verweist man auf die an sechs verschiedenen „Einfallstraßen“ der Fußgängerzone aufgehängten Spender für Hundekottüten: „Hier können sich die Hundebesitzer kostenlos bedienen. Die Tüten können dann in den öffentlichen Abfallbehältern entsorgt werden“.
Derweil scheint die Rechnung für die Verwaltung aufzugehen: So hatte man im Frühjahr damit kalkuliert, dass die flächendeckende Überprüfung zu 500 zusätzlichen Hundesteuerzahlern führen könnte. Mehreinnahmen von 55.000 Euro seien denkbar, bezifferte man im Rathaus bei einem Stand von etwa 2.700 Tieren. Wie die Stadt nun am Montag gegenüber 16vor mitteilte, haben allein seit Mai 450 Halter ihren Hund neu angemeldet. Aktuell seien schon rund 3.450 Tiere in Trier registriert. Offenbar scheint die „nette Tour“ zum Ziel zu führen und die Verwaltung wird kein externes Unternehmen mehr damit beauftragen müssen, in den Haushalten vorbeizuschauen.
von Marcus Stölb