„Das ist Willkür hoch zehn“

Entscheidet der Briefträger, wer beim Trierer Städtepartnerschaftsfestival einen Bierstand betreiben darf? Matthias Sonnen behauptet das und erhebt Vorwürfe gegenüber der City-Initiative Trier, deren Mitglied er ist. Diese bevorzuge offenkundig einen Schausteller aus der Pfalz, obwohl diese Firma in der Moselstadt kein Gewerbe angemeldet habe. Der Gastronom kritisiert auch grundsätzlich das Verfahren bei der Vergabe der Stände auf dem Hauptmarkt: „So etwas gibt es in der ganzen Welt nicht, das sollten die sich patentieren lassen“. Bei der City-Initiative weist man die Vorwürfe zurück: „Wir bevorzugen niemand“, kontert die Vereinsvorsitzende Karin Kaltenkirchen. Sie sei aber bereit, das bisherige Verfahren innerhalb des CIT-Vorstands zu diskutieren. Sonnen droht derweil mit der Gründung einer Interessengemeinschaft Gastronomie.

TRIER. Die Culinaro Catering GmbH wollte auf Nummer sicher gehen: Nachdem man im vergangenen Jahr den Kürzeren gezogen hatte, sollte das Unternehmen beim Partnerstädtefestival 2011 wieder mit dabei sein. Also beantragte die Firma schon im April diesen Jahres die Betreibung eines kombinierten Bier- und Cocktailstandes auf dem Hauptmarkt. Am kommenden Wochenende findet dort die dritte Auflage von „Konstantin lädt ein“ statt, nach Nagaoka und Herzogenbusch steht nun Weimar im Mittelpunkt. Weiter heißt es deshalb in der schriftlichen Interessensbekundung der Culinaro Catering: „Zusätzlich zu den üblichen Getränken wollen wir den in neuen Ländern besonders beliebten Sekt der Marke ‚Rotkäppchen‘ anbieten“.

Die Antwort aus der Geschäftsstelle der City Initiative Trier war so gar nicht nach Matthias Sonnens Geschmack: Es sei noch zu früh, sich anzumelden, zu gegebener Zeit werde ein Schreiben samt Rückmeldeformular folgen, bedeutete man dem Culinaro-Chef. Mit Datum vom 30. August 2011 lud die CIT dann die „Interessenten ‚Kulinarisches‘ Hauptmarkt“, wie es im Adressfeld des Briefkopfes heißt, zur Teilnahme an der Veranstaltung ein. Sonnen erhielt das Schreiben nach eigener Darstellung erst am 2. September – und handelte umgehend: Per Mail, Fax und mit der Post erklärte das Unternehmen erneut sein Interesse an einem Bierstand. In einem gesonderten Schreiben vom selben Tag heißt es: „Wir gehen davon aus, dass unsere Bewerbung positiv beschieden wird, da wir uns bereits am 19. April d. J. bei Ihnen beworben hatten“. Die Ernüchterung folgte auf dem Fuß: Wie im vergangenen wurde auch in diesem Jahr die Bewerbung negativ beschieden. Stattdessen bekam ein anderes Unternehmen den Zuschlag: ein Schausteller aus der Pfalz, der zwar Mitglied in der City Initiative ist und auch eine Postanschrift vor Ort hat, nicht aber einen Telefonanschluss. Dasselbe Unternehmen betrieb bereits 2010 einen Bierstand auf dem Hauptmarkt.

Sonnen war sauer – und ist es noch immer. Dass derjenige den Zuschlag bekommt, der sich als erster zurückmeldet, hält er für ein Unding. „Dann entscheidet ja der Briefträger, wer den Stand betreiben darf“, empört er sich und wird noch deutlicher: „So ein Verfahren gibt es in der ganzen Welt nicht, das können Sie ruhig so schreiben“. Sonnen weiter: „Das ist Willkür hoch zehn“.  Tatsächlich wird im Schreiben der CIT an die potenziellen Interessenten zwar ausdrücklich darauf hingewiesen, „dass die Stellplätze in erster Linie nach Sortiment (…) und Zeitpunkt des Eingangs Ihrer schriftlichen Anmeldung (per Post, Fax oder E-Mail auf dem umseitigen Formular) vergeben werden“, doch zugleich wurde im letzten Jahr noch eine Frist gesetzt.

Vergabe künftig per Losentscheid?

Im Verlauf des Gesprächs wird deutlich, dass Sonnen nicht wirklich daran glaubt, dass seinen Briefträger eine Schuld trifft: Dass im letzten und in diesem Jahr jeweils derselbe Mitbewerber den begehrten Bierstand betreiben durfte, könne kein Zufall sein, mutmaßt er. Was Sonnen ebenfalls verärgert: Ein Verwandter des Pfälzers ist ebenfalls Mitglied in der CIT und durfte im vergangenen Jahr gleichermaßen einen Stand auf dem Hauptmarkt betreiben. Auch am kommenden Wochenende sind die Beiden wieder mit zwei Ständen auf dem Hauptmarkt vertreten: Während an dem einen Bier ausgeschenkt wird, gibs bei dem anderen Pommes und Feuerwurst. Sonnen glaubt, dass er mit seiner Culinaro Catering von vornherein keine Chance hatte. Allerdings durfte er 2009 noch einen Bierstand auf dem Partnerstädtefestival betreiben.

Bei der CIT weist man die Vorwürfe denn auch vehement zurück: „Wir bevorzugen grundsätzlich niemanden“, erklärt die Vereinsvorsitzende Karin Kaltenkirchen auf Anfrage gegenüber 16vor und ergänzt: „Wir haben uns diesbezüglich absolut nichts vorzuwerfen“. Was den Auswahlmodus anbelangt, sei sie aber grundsätzlich bereit, innerhalb des Vorstands noch einmal über das Prozedere zu diskutieren. Sonnen schlägt vor, die Vergabe der Stände per Losentscheid zu vergeben – dann könnte sich jeder Interessent in einer gesetzten Frist melden und käme dennoch in die Auswahl. Ein weiterer Vorschlag von ihm: Die Stellplätze könnten versteigert und an den Meistbietenden vergeben werden – „die Einnahmen aus dieser Versteigerung kämen dann der Arbeit der City Initiative zugute“, so Sonnen.

In der Geschäftsstelle der City Initiative hält man das derzeitige Verfahren jedoch für einwandfrei. „Das gibt es doch auch an der Uni, dass man eine Frist gesetzt bekommt und trotzdem die einen Platz im Seminar bekommen, die sich als erste melden“, widerspricht Katarzyna Stanek Sonnens Darstellung, es handele sich gewissermaßen um einen weltweit einmaligen Vergabemodus. Die CIT-Mitarbeiterin glaubt auch, dass selbst bei einem Losentscheid das Ergebnis angezweifelt würde – wenn denn dieses nicht so ausfalle, wie es sich der Unterlegene erhofft habe. Dass der Zuschlag für den Bierstand an ein CIT-Mitglied ging, dass nicht in Trier ansässig ist, ist für Stanek kein Problem: „Wir haben viele Mitglieder von außerhalb, vor allem aus Luxemburg“, kontert sie und ergänzt: „Außerdem hätten sich auch solche bewerben können, die gar nicht Mitglied bei uns sind“. Das geht auch aus dem Rückmeldeformular für dieses Jahr hervor: Demnach werden Mitgliedern der CIT lediglich geringfügig bessere Konditionen eingeräumt: Die Standgebühr beträgt gerade mal 5 Euro netto pro Tag und Quadratmeter, während Nichtmitglieder 7 Euro zahlen müssen.

Sonnens Gemüt dürften die Äußerungen Kaltenkirchens und Staneks wohl kaum mehr beruhigen – er wirft der City-Initiative Unprofessionalität vor. „Wir werden einfach nicht mehr vertreten“, beklagt er mit Blick auf die Gastronomen. Mitglied im Verein will er dennoch bleiben, auch wenn er nach eigener Aussage ernsthaft über die Gründung einer Interessengemeinschaft Gastronomie nachdenkt. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich unter den Mitgliedern der CIT Firmen zusammenschließen: Im März diesen Jahres formierten sich die größeren Handelshäuser zu einer eigenen IG.

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