„Blaue Lagune“ soll Grünzug weichen
Für viele Trierer Nachtschwärmer ist sie eine Oase – die „blaue Lagune“ in der Ostallee. Seit einem halben Jahrhundert in Betrieb, droht der Aral-Station Ende nächsten Jahres das Aus. Im Dezember 2012 endet der Pachtvertrag mit der Stadt, und im Rathaus scheint man entschlossen, diesen nicht ein weiteres Mal zu verlängern. Stattdessen soll das gesamte Areal in eine Grünfläche umgewandelt werden. Außerdem möchte die Stadt dort einen Radweg anlegen. Laut Verwaltung hat es in den vergangenen Jahren zudem wiederholt Beschwerden von Anwohnern gegeben, die sich über Lärm und Gestank beklagt hätten. Die Mitarbeiter der Tankstelle sind sauer, laut Stationsleiterin Petra Krämer würde man den Betrieb gerne fortführen. Auf der Online-Plattform des Bürgerhaushalts protestieren sie und ihre Kollegen gegen das drohende Ende ihres Arbeitsplatzes.
TRIER. Sonntagabend in der Ostallee: Die Schlange an der Kasse reicht bis fast vor die Tür, die Wartenden halten Bierdosen und Chipstüten in der Hand, Schokokekse und Getränkeflaschen. Zwischendurch zahlt auch jemand seine Benzinrechnung, doch zu bestimmten Tageszeiten mutiert die Tankstelle zu einem Kleinladen mit Zapfsäulen. Rund um die Uhr ist geöffnet, an 365 Tagen im Jahr. „Auch an Heiligabend oder Karfreitag“, sagt Stationsleiterin Petra Krämer. Ladenschluss gibt es nicht.
Ende nächstens Jahres könnten in der Aral-Station erstmals seit Jahrzehnten die Lichter ausgehen, und das für immer. In 15 Monaten läuft der Pachtvertrag mit der Stadt aus. Man könnte ihn verlängern, schließlich würde der Pächter seine Tankstelle gerne weiter betreiben. Vor ein paar Jahren, als sich das Ende der Vertragsfrist schon einmal abzeichnete, einigte man sich auf eine Verlängerung. Jetzt teilte das Rathaus auf Nachfrage mit: Ende 2012 ist definitiv Schluss, der Vertrag wird nicht mehr verlängert. Am Augustinerhof hegt man schon seit längerem andere Pläne für die Fläche zwischen Ostallee und Balduinstraße. Geht es nach dem Baudezernat, dann wird die „blaue Lagune“ wieder begrünt und der Grünzug zwischen der Kreuzung in Höhe Mustorstraße und dem Balduinsbrunnen durchgängig begehbar. Vorgesehen ist auch ein Radweg inmitten des Grünstreifens, fernab der parallel verlaufenden Fahrbahnen. Dass die Stadt den Pachtvertrag nicht verlängern will, habe aber noch weitere Gründe, erklärte ein Sprecher des Rathauses gegenüber 16vor. So habe es wiederholt Beschwerden von Anwohnern gegeben, die sich über Lärm und Gestank beklagt hätten. Diese Klagen hätten einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidung gehabt, heißt es.
Petra Krämer kann diese Darstellung nicht nachvollziehen. „Viele Anwohner zählen zu unserer Stammkundschaft, von denen haben wir nie Beschwerden gehört; im Gegenteil“, kontert sie. Vor einigen Jahren, erinnert sie sich, habe sich mal ein Nachbar beklagt, aber das sei lange her. Und außerdem: „Ab 22 Uhr schalten wir hier alles aus, den Staubsauger, die Waschanlage und sogar das Luftdruckprüfgerät“.Tanken ist natürlich weiterhin möglich, einkaufen ebenso. Sie finde es „traurig“, dass vonseiten der Stadt niemand das Gespräch mit ihr und ihren Kollegen gesucht habe. 18 Mitarbeiter zählt die Aral-Station, in der großen Mehrzahl Aushilfskräfte. Doch es gibt auch fünf Festangestellte. Menschen wie Petra Krämer, die Ende 2012 56 Jahre alt sein wird. „Für mich sieht es dann ganz schlecht aus“, ist sie überzeugt, „wer will mich denn dann noch?“. Seit mehr als zwei Jahrzehnten arbeitet sie auf der Tankstelle.
Krämer und ihre Kollegen führen noch weitere Argumente gegen das Ende der Tankstelle ins Feld: Die Stadt müsste künftig auf die Pachteinnahmen verzichten, zudem werde schon die Umwandlung der Asphaltflächen in eine Grünanlage viel Geld kosten. Geld, dass die Stadt bekanntlich nicht hat, weshalb auch die Anlage eines neuen Radwegs wohl unter einem Finanzierungsvorbehalt stehen dürfte. Fraglich ist, ob in Sachen Pachtvertrag das letzte Wort schon gesprochen ist. Denn nach Lage der Dinge werden sich die politischen Gremien noch mit dem Thema befassen müssen. Die Kritiker machen derweil über den Bürgerhaushalt mobil. „Tankstelle weg für einen Fahrradweg? Nein“ steht über ihrer Eingabe, die bis Dienstagabend immerhin zwölf Kommentare verzeichnete – deutlich mehr als alle anderen Vorschläge im Rahmen des Bürgerhaushalts.
von Marcus Stölb