„Die Herren haben alle richtig gehandelt“
Im Rahmen seines Bürgerempfangs hat Oberbürgermeister Klaus Jensen am Freitagabend erstmals den Preis für Zivilcourage der Stadt Trier verliehen. Ausgezeichnet wurden drei Männer, die in unterschiedlicher Form geholfen haben, Gewalt zu verhindern und deeskalierend zu wirken. Während Paul Trappen einschritt, als ein Mann gegenüber einer Frau handgreiflich wurde, sorgten Lokomotivführer Heinz Diegler und Zugbegleiter Nikolaus Meyer im vergangenen September dafür, dass es in einem Regionalexpress zwischen Koblenz und Trier nicht zu Auseinandersetzungen zwischen zwei Gruppen kam, die besser nicht in einem Fahrzeug unterwegs sind. „Die Herren haben alle richtig gehandelt“, lobte Polizeipräsident Lothar Schömann.
TRIER. Paul Trappen hat eine Statur, die Respekt einflößt. Darin ähnelt er seinem längst verstorbenen Großvater, dem legendären Trappens Paul, dem es einst gelang, mit Hilfe einer Hebebühne zwei ausgewachsene Mastochsen einen halben Meter hoch zu ziehen. Doch der berühmte Vorfahre war nicht der Grund, weshalb Paul Trappen am Freitagabend ausgezeichnet wurde. Vielmehr hatten er und ein Bekannter, der anonym bleiben möchte, im richtigen und entscheidenden Moment in eine Auseinandersetzung eingegriffen, die zu eskalieren drohte. Trappen war Zeuge eines lautstarken Streits zwischen einem Mann und einer Frau geworden.
„Es sah wirklich so aus, als wollte er sie verprügeln“, erinnerte er sich vor den rund 350 Gästen des OB-Bürgerempfangs in der Viehmarkttherme. Trappen und sein Bekannter überlegten nicht lange, gingen dazwischen, alarmierten die Polizei und bekamen von dem aggressiven Mann noch eine mit. Ob er nicht befürchtet habe, selbst zum Opfer zu werden, wollte Moderator Thomas Vatheuer nun wissen. „Erstmal ging es mir darum, der Frau zu helfen“, antwortete Trappen kurz und knapp und räumte dann schmunzelnd ein, für einen Moment überlegt zu haben, selbst handgreiflich zu werden. „Es schien mir aber zu viele Probleme mit sich zu bringen“, erklärte der Schnürmeister am Theater Trier seine Zurückhaltung und hatte nun ein paar Lacher auf seiner Seite. Für OB Klaus Jensen ist Trappen ein Beispiel, wie Menschen im Alltag Zivilcourage zeigen können, ohne sich selbst in Probleme zu bringen. Und der Stadtchef konnte gleich noch zwei weitere couragierte Zeitgenossen aufbieten.
Heinz Diegler und Nikolaus Meyer ist der Abend des 3. September 2012 noch lebhaft in Erinnerung. Beide bildeten die Besatzung des letzten Regionalexpresszuges von Koblenz nach Trier. Während Diegler die Lok lenkte, war Meyer als Zugbegleiter eingesetzt – beziehungsweise als „Kundenbetreuer im Nahverkehr“, wie Schaffner heute offiziell und etwas umständlich genannt werden. Am Bahnsteig 9 des Koblenzer Hauptbahnhofs warteten die drei Doppelstockwagen auf die Abfahrt in Richtung Trier. An Bord eine Gruppe des Multikulturellen Zentrums. Nun marschierte auch eine Ansammlung Rechtsradikaler an, die denselben Zug nehmen wollte. Dass das nicht gut gehen würde, war Diegler sofort bewusst. Umgehend informierte er die Fahrdienstleitung, die wiederum die Bundespolizei alarmierte. „Ich habe dann meine Brille ausgezogen und bin zu denen hingegangen um zu sagen, dass die Polizei schon unterwegs ist“.
Am Bahnsteig sei es da bereits zu den ersten kleineren Handgreiflichkeiten gekommen, erinnert sich Diegler. Die Bundespolizisten rückten an, trennten die beiden Gruppen und konnten die Lage umgehend beruhigen. Während sich die eine der beiden Gruppen in den letzten der drei Doppelstockwagen verzog, nahmen die anderen im zweiten Waggon Platz. Dazwischen platzierte sich Meyer und passte auf, dass sich Mitglieder beider Gruppen nicht zu nahe kamen. „Ich war schon sehr angespannt“, erinnert er sich, und Kollege Diegler stimmt ein: Man sei sich natürlich keineswegs sicher gewesen, dass es auf den 112 Bahnkilometern nicht doch noch zu einem Zwischenfall kommen könnte. Am Ende ging alles glatt, verlief die Zugfahrt friedlich. Und Polizeipräsident Lothar Schömann befand: „Die Herren haben alle richtig gehandelt“. Schömann appellierte: „Wir sollten uns Mühe geben, mehr hin- und weniger wegzuschauen“. Dabei gehe es nicht darum, sich selbst in Gefahr zu bringen. „Jeder hat ein Handy dabei“, gab der Polizeipräsident zu bedenken, da lasse sich in fast allen Fällen schnell Hilfe organisieren.
von Marcus Stölb