Mit den Pilgern kommen die Pedelecs
Bekommt Trier ein E-Bike-Verleihsystem? Ja, und das schon in wenigen Wochen, wenn auch nur für einen Monat. Die Stadtwerke und das im Westen der Stadt gelegene Fachgeschäft Velopoint bieten während der Heilig-Rock-Wallfahrt 100 Elektrofahrräder zur Miete an. Das Angebot richtet sich nicht nur an Pilger, sondern auch an Touristen und Einheimische, die auf zwei Rädern Stadt und Region erkunden wollen. Velopoint-Chef Uwe Fries sieht angesichts der Topographie Triers noch viel Potenziel für Pedelecs, immer mehr Menschen nutzten die E-Bikes als Autoersatz. Die CDU fordert nun, dass die Stadt das Projekt fachlich begleitet: „Wir wollen wissen, wie hoch die Akzeptanz für derartige Angebote ist“, erklärt Parteivize Dirk Louy im Gespräch mit 16vor.
TRIER. „Das ist die Zukunft“, sagt Uwe Fries und berichtet von einer Kundin aus Trierweiler, bei der die Zukunft schon Gegenwart ist: Besagte Frau habe ihr Auto abgeschafft und sich stattdessen ein Pedelec zugelegt, mit dem sie nun fast alle Wege in die Talstadt zurücklege – und wieder zurück auf die Höhe. Was dem geschäftsführenden Inhaber von Velopoint auch auffällt: Wurden E-Bikes anfangs vor allem von Menschen im etwas fortgeschritteneren Alter nachgefragt, legen sich nun auch immer mehr junge Menschen die Zweiräder mit elektrischer Motorunterstützung zu. „Da sind auch schon 25-Jährige unter den Kunden“, sagt Fries, der gerade in einer Stadt wie Trier viel Potenzial für Pedelecs sieht. Die Topographie schrecke schließlich viele ab, in die Pedale zu treten. Wer etwa vom Zentrum auf den Petrisberg möchte und hierbei auf ein konventionelles Fahrrad setzt, der muss schon einiges an Kondition mitbringen – und am besten noch ein Hemd zum Wechseln.
Wenn am 13. April die Heilig-Rock-Wallfahrt eröffnet wird, werden nur wenige Fußminuten vom Dom entfernt 100 Pedelecs parat stehen. Direkt an der Porta Nigra, wo die Tourist-Information Trier seit ein paar Jahren eine Fahrradtiefgarage betreibt, wird es während des vierwöchigen Großereignisses eine E-Bike-Verleihstation geben. Für 20 Euro pro Tag können Interessierte die Räder mieten, zuzüglich einer Kaution von 50 Euro. Möglich macht diesen vergleichsweise niedrigen Tarif eine Kooperation von Stadtwerken und Velopoint. Beide Partner finanzieren die Anmietung der Pedelecs, die im Besitz des in Bad Reichenhall beheimateten Unternehmens Movelo sind. Movelo hat nach eigener Darstellung in 80 Regionen in Deutschland, der Schweiz und Belgien 5.000 Leih-E-Bikes stationiert. Rund 1500 Verleihstationen, in der Mehrzahl Gastronomiebetriebe und Fahrradhändler, sowie Akkuwechselstationen bilden ein Netz, das es den Nutzern ermöglicht, auch größere Distanzen zurückzulegen.
In der Region Trier ist Movelo bislang nicht präsent, doch soll sich das nun zumindest vorübergehend ändern. Das Angebot richtet sich nicht so sehr an den klassischen Wallfahrer, der mit Bus, Auto oder Bahn anreist und das übliche Programm absolviert. Fries hat vielmehr Touristen und Pilger im Blick, die ihren Besuch beim Heiligen Rock mit einem längerem Aufenthalt vor Ort verbinden und Stadt und Umland per Pedale entdecken wollen. Und natürlich wollen die Initiatoren auch die Trierer erreichen, die bislang noch stark aufs Auto setzen; weshalb das Angebot getrost auch als verkaufsfördernde Maßnahme bezeichnet werden kann. „Der Einsatz von E-Bikes hilft, den innerstädtischen Verkehr zu entlasten“, sind auch die Stadtwerke überzeugt. In der Aktion sehe man „eine gute Möglichkeit, das Thema Elektromobilität in Trier bekannter zu machen“, erklärte ein Sprecher des Unternehmens am Montag.
Die CDU-Ratsfraktion erhofft sich derweil neue Erkenntnisse von dem „Feldversuch“, die auch in das geplante Mobilitätskonzept einfließen könnten. Parteivize Dirk Louy erklärt im Gespräch mit 16vor, dass man vor allem auf die Akzeptanz des Angebots gespannt sei. „Wir hoffen, dass auch viele Bürger die Pedelecs nutzen“, so Louy. Nach Auffassung der Christdemokraten könnten E-Bikes einen bedeutsamen Teil der künftigen E-Mobilität bilden. „Eventuell lassen sich mit Pedelecs auch die Höhenstadtteile besser erschließen“, erinnert der Umweltwissenschaftler an die topographischen Rahmenbedingungen, die viele Berg- und Talfahrten zur Folge haben. Auf Antrag der CDU wird sich der Dezernatsausschuss IV an diesem Mittwoch mit dem Thema befassen. Die Forderung: Die Verwaltung müsse das Projekt fachlich begleiten und auswerten, „um daraus resultierende Erkenntnisse sowohl zur Einbindung in das Tourismuskonzept als auch das Mobilitätskonzept 2020plus zu nutzen“, wie es in dem Antrag heißt. Nach Darstellung von Fries hielt sich das Interesse der Stadt an dem Angebot bislang sehr in Grenzen.
Dabei weist inzwischen auch die rheinland-pfälzische Polizei darauf hin, dass E-Bikes stark im Kommen sind. Zwar lag die Zahl der Fahrraddiebstähle in den vergangenen fünf Jahren relativ stabil auf hohem Niveau – jährlich wurden im Land rund 8.000 Fälle angezeigt. Doch weil immer häufiger auch die besonders hochwertigen Pedelecs entwendet werden, stieg die Schadenssumme in 2011 auf nunmehr knapp 3,5 Millionen Euro. Anders als bei normalen Fahrrädern haben E-Bikes und Pedelecs sehr wertvolle Zubehörteile. Die Polizei rät deshalb, nach Abstellen des Zweirads wenn möglich den Akku und die Steuereinheit des Elektroantriebs mitzunehmen. Ein weiterer Rat: „Nutzen Sie abschließbare Fahrradboxen, die zugleich Sichtschutz bieten, so dass auch Zubehör und Gepäck gesichert werden können“.
Das mit den Fahrradboxen ist in Trier allerdings so eine Sache: Seit Jahren gammeln diese weitgehend ungenutzt im Messepark in den Moselauen vor sich hin. In der Innenstadt würden die 13 Boxen gebraucht, doch selbst nach etlichen Anläufen sah man sich im Rathaus bislang offenkundig außer Stande, einen geeigneten Standort zu finden.
Weitere Informationen zum Thema E-Bikes: Petrisberg-Aufstieg per Pedelec
von Marcus Stölb