Zehn Tonnen Stahl an Land gezogen
Mehr als vier Jahrzehnte spannten sie über die Mosel, nun sind die vier Trag-, Zug- und Gegenseile an Land. Damit sind die Verbindungen zwischen der Berg- und Talstation gekappt, womit die Trierer Kabinenbahn nun endgültig Geschichte ist. Ein paar Dutzend Schaulustige verfolgten am Sonntag die Demontage der Anlage, wirklich viel bekamen sie nicht zu sehen. Das planmäßige Ablassen der Seile verlief schneller als geplant, und nur am frühen Morgen sah es für einen kurzen Moment danach aus, als könnte die Aktion außer Kontrolle geraten. Fachmann Arno Schweiger zeigte sich am Ende gegenüber 16vor dennoch rundum zufrieden.
PALLIEN/TRIER-NORD. Kurz vor 8 am Morgen knackte und krachte es plötzlich verdächtig laut am Palliener Moselufer. In den Bäumen am Fluss brachen ein paar Äste ab, gaben der Last des Stahlseile nach. Jetzt war der Mann im Kran gefordert. Rasch musste das Tragseil der Kabinenbahn, das über eine Aufhängung glitt, wieder in die Höhe gehievt werden. Denn nun war auch eingetreten, was eigentlich hatte verhindert werden sollen: Das Stahlseil hatte das Dach eines Wohnhauses in der Bonner Straße in Mitleidenschaft gezogen.
Es blieb bei ein paar beschädigten Ziegeln, ein Schaden, der schnell behoben sein dürfte. Abgesehen von diesem außerplanmäßigen Touchieren des Dachs verlief die Demontage denn auch völlig reibungslos. Bereits um die Mittagszeit waren drei der vier jeweils rund 400 Meter langen Seile abgelassen. „Wir sind vor der Zeit“, freute sich da Arno Schweiger, auf Seil- und Bergbahnen spezialisierter Ingenieur aus Sonthofen. Entsprechend entspannt kommentierte er auch den kleinen Zwischenfall am Morgen. Da habe die Kommunikation mit der Kranbesatzung „noch nicht ganz optimal funktioniert“, berichtete er, das Seil habe zu schnell nachgegeben. Der Schaden sei aber minimal.
Bereits um 6 Uhr waren Schweiger und sein Team angerückt. Aus Sicherheitsgründen waren Bahnstrecke, Bonner Straße und Moselschifffahrt gesperrt. In Pallien bezog der Kran Position, auf der anderen Moselseite, an der Talstation, machte sich der Fahrer eines Traktors bereit. Während die Seile in Pallien in den Fluss glitten, mussten sie im Osten wieder an Land gezogen werden. Dort liegen sie nun und sollen in diesen Tagen zerlegt werden. Ingesamt mehr als zehn Tonnen Stahl wurden am Sonntag in Trier vom Himmel geholt. Damit ist die Verbindung zwischen den beiden Moselufern nun passé.
Mehr als vier Jahrzehnte spannten die Seile über den Fluss. Im August 1967 war die Kabinenbahn in Betrieb gegangen. Matthias Melchisedech war damals vor Ort, und auch am Sonntag warf er einen kurzen Blick auf das Geschehen in Zurlauben und Pallien. Klar sei es bedauerlich, dass die Anlage nun Geschichte ist, erklärte der selbstständige Gärtnermeister, der auch Mitglied des Stadtrats ist. Aber wenn sich kein Investor finden lasse, dann müsse man es wohl so hinnehmen. Melchisedech gab wohl die Stimmung vieler Trierer wieder. Irgendwie gehörte die Bahn zur Stadt, doch nachdem sie seit mehr als zehn Jahren stillstand, wollte sich kein richtiger Protest gegen das Ende der einstigen Touristenattraktion regen. Viele Jahre hing die Zukunft von Triers Kabinenbahn in der Schwebe, nun ist sie Geschichte.
von Marcus Stölb