Neuer Chef gibt Entwarnung für Triers Notdienst
Bleibt wirklich alles beim Alten? Wenige Wochen nachdem 16vor über die Kündigung des Versorgungsauftrags für die Bereitschaftsdienst-Zentrale im Mutterhaus berichtete, bezieht Dr. Thomas Böck Stellung. Der 43-Jährige, der schon seit Jahren regelmäßig in der Einrichtung zum Einsatz kommt, übernimmt auf Wunsch der Kassenärztlichen Vereinigung deren Leitung. Die KV hatte entschieden, die Regie über die gut laufende Notdienstzentrale zu übernehmen und deshalb dem Verein „Ärztebereitschaft Region Trier e.V.“ gekündigt. Hiergegen regte sich bei Ärzten Protest, doch Böck gibt nun Entwarnung und ist überzeugt, dass die Entscheidung der KV weder den Patienten noch den Ärzten gravierende Nachtteile bringen wird.
TRIER. Der Mann kommt einem bekannt vor. Zumindest glaubt man, ihn zu kennen: Thomas Böck ähnelt frappierend Oliver Welke, dem Moderator der ZDF-Nachrichtensatire „heute show“. „Das sagen viele“, kontert er, angesprochen auf den Vergleich. Böck ist bestens aufgelegt an diesem Abend, entsprechend gute Laune versprüht er in der Bereitschaftsdienst-Zentrale (BDZ) des Mutterhauses. Dabei liegt nach einem regulären Praxistag noch eine Nachtschicht vor ihm, und auf dem Flur warten bereits die nächsten Patienten.
Böck hat es sich ausgesucht, bis zu 500 Stunden im Jahr schiebt er hier Dienste – neben der Arbeit in seiner Ehranger Praxis. Dass den 43-Jährigen auch die Verdienstmöglichkeiten locken, verhehlt er nicht. Natürlich sei das eine wesentliche Motivation für ihn, zusätzliche Nacht- und Wochenenddienste zu übernehmen. Ab April indes wird der Hausarzt und Facharzt für Innere Medizin im Notdienst weniger präsent sein, denn dann kümmert er sich vor allem um das Management der BDZ.
Noch läuft die landläufig unter der Bezeichnung „Ärztlicher Notdienst“ bekannte Einrichtung unter der Regie des Vereins „Ärztebereitschaft Region Trier e.V.“ Dem Team um Vereinschef und Allgemeinmediziner Dr. Friedl Schulz sei es zu verdanken, dass das Angebot vor Ort in den vergangenen Jahren reibungslos lief, erkennt Böck lobend an und fügt hinzu: „Ohne Friedl würden wir noch in den vorsintflutlichen Räumen von früher arbeiten“. Der Verein entwickelte ein Konzept, das allen Beteiligten entgegenkommt und vor allem verhindert, dass Ärzte für Nacht- und Wochenendschichten zwangsverpflichtet werden müssen. Niedergelassene Mediziner sind grundsätzlich dazu verpflichtet, auch außerhalb der Sprechstunden die Versorgung ihrer Patienten wahrzunehmen. Doch weil sich die meisten Mediziner hierzu nicht in der Lage sehen, gibt es in Städten wie Trier einen organisierten Bereitschaftsdienst. Die Versorgung der Patienten wird nur von denjenigen Ärzten geleistet, die im Dienstplan der BDZ eingeteilt sind. Der einzelne niedergelassene Arzt ist während dieser Zeit von seiner Verpflichtung befreit, seine Patienten selbst zu behandeln.
Doch während in früheren Jahren schon mal Kollegen antreten mussten, denen nicht der Kopf nach Nachtschichten stand, gelang es dem Verein, ausreichend Freiwillige zu rekrutieren. Vorbei waren die Zeiten, als frustrierte Mediziner oder arg spezialisierte Fachärzte Patienten behandeln mussten, die eigentlich „nur“ ein Fall für den Hausarzt waren. Auch wurden die Dienstzeiten ausgeweitet, auf 110 Stunden pro Woche. Ein weiterer Vorteil sind zweifellos die ansprechenden Räumlichkeiten im Mutterhaus, mit dem die BDZ eng kooperiert.
Böck rechnet nicht mit erneuten Zwangsverpflichtungen
Das eingespielte Trierer Modell mit dem Verein als Träger hätte es wohl weiter gegeben, hätte die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz nicht entschieden, dass landesweit sämtliche BDZ unter ihrer Trägerschaft geführt werden sollen. Dahinter steckt auch die Überlegung, in eher ländlich geprägten Teilen des Landes ein vergleichbares Angebot finanzieren zu können. Denn während der Notdienst in einer Großstadt wie Trier noch wirtschaftlich zu betreiben ist, lässt sich vergleichbares für eine BDZ in der Eifel oder im Hunsrück nicht behaupten. Und weil es ohnehin immer schwerer fällt, Ärzte für den ländlichen Raum zu finden, würde ein fehlender BDZ die Suche nach Nachwuchs noch verschärfen.
Die Entscheidung der KV stieß in Trier dennoch auf Ablehnung, und bis vor kurzem hoffte man im Verein noch auf eine Ausnahmeregelung. Doch dass es noch zu größeren Protesten kommen könnte, scheint inzwischen kaum noch wahrscheinlich. Wohl auch, weil die KV im Oktober gegenüber 16vor versicherte, dass sich vorerst nicht viel ändern soll. Das sagt auch Thomas Böck: „Bis zum 30. September wird überhaupt nichts passieren“, betont er. Zumindest die Patienten sollen von der veränderten Trägerschaft nichts mitbekommen. Böck wird zum 1. April die Leitung der Notdienstzentrale übernehmen und ist optimistisch, dass sich auch künftig ausreichend Freiwillige finden werden. Letzen Endes liege es in der Hand der Trierer Ärzteschaft, ob die Zeit der Zwangsverpflichtungen wieder zurückkehre, lautet die unausgesprochene Botschaft.
Dass er sich mit der Übernahme der neuen Funktion bei den Kollegen nicht nur Freunde macht, ist ihm bewusst. Ihm gehe es nach der Entscheidung der KV darum, „gestaltend weiterzumachen“ um die Vorzüge des Trierer Modells zu erhalten, sagt er im Gespräch mit 16vor. Mit einigen der rund 30 Kollegen, die bislang in der BDZ zum Einsatz kommen, habe er schon gesprochen. Ziel sei es, mit allen Kontakt aufzunehmen, kündigt er an und versichert ein weiteres Mal: „Die Patienten werden keinen Unterschied merken“. Zu den Fragen, die noch geklärt werden müssen, zählt die Abrechnung von Privatpatienten. Die KV darf als Körperschaft des Öffentlichen Rechts keine Privatpatienten abrechnen. Da werde man aber noch eine Lösung finden, und auch privat versicherte Patienten würden in jedem Falle behandelt, betont Böck.
Weitere Informationen zum Thema: Kündigung verärgert Trierer Ärzteverein
von Marcus Stölb