Joseph Haydn und die Neue Musik

Im dreizehnten Jahr lockt das Opening Festival von Freitag bis Sonntag in die Tuchfabrik. Neben insgesamt 20 Interpreten und acht Konzerten – vom 1941 in einem deutschen Kriegsgefangenenlager uraufgeführte „Quatuor pour la Fin du Temps“ von Olivier Messiaen über „Three Voices“ von Morton Feldman aus dem Jahr 1982 bis zu den 2012 uraufgeführten „Salomé Extrakten“ der Kölner Komponistin Christina C. Messner – führt auch eine Ausstellung ans Thema „Aktuelle Klangkunst“ heran. Zudem können Kinder und Jugendliche in speziellen Veranstaltungen den Reiz erfahren, der von Neuer Musik ausgeht.

Logo von hunderttausend.deTRIER. Bereits zum dritten Mal treten Thomas Rath und Bernd Bleffert als künstlerische Leiter des Festivals in Erscheinung. Auch in diesem Jahr liegt ein Fokus auf der Gegenüberstellung zwischen Neuer und Alter Musik. Neben dieser Begegnung der Musikstile legen die Kuratoren aber ebenso Wert darauf, dass abseits des eigentlichen Programms Raum für Zusammenkünfte zwischenmenschlicher Art bereitsteht: „Begegnungen während des Festivals sind oftmals sehr ergiebig, ich denke da an Kontakte zwischen Besuchern und den beteiligten Künstlern sowie an zukünftige Zusammenarbeiten der Musiker“, erklärt Rath.

Die Entwicklung der Besucherzahlen sei in den vergangenen Jahren durchaus positiv zu bewerten. Allerdings sei trotz einer Etablierung als Klang- und Kunstevent im Hinblick auf die Publikumsakzeptanz noch Luft nach oben. Man hoffe, dass sich neben dem treuen „Stammpublikum“ weitere Musikinteressierte auf die aktuelle Klangkunst einlassen werden. Auch Wirtschafts- und Kulturdezernent Thomas Egger (FDP) zeigte sich im Vorfeld erfreut über den Status, den sich das Opening Festival in den letzten Jahren erarbeitet hat und bezeichnete die Veranstaltung als „Kleinod“ der Trierer Kulturszene.

Den Festivalauftakt am Freitag begeht das Schlagquartett Köln, das verschiedenste Schlaginstrumente weg von ihrer ursprünglichen Funktion der Rhythmuserzeugung, hin zu einem melodischeren Einsatz führt. Unter anderem interpretieren Dirk Rothbrust, Achim Seyler, Thomas Meixner und Boris Müller das erste elektroakustische Stück aus der Feder John Cages, „Imaginary Landscape No. 1“ aus dem Jahr 1939. Im Anschluss stellt sich Marianne Schuppe der Herausforderung, Morton Feldmans „Three Voices“ – ein ornamentales Stimmengeflecht, das Feldman 1982 als imaginäres Gespräch zwischen ihm und zwei verstorbenen Künstlerkollegen konzipierte – zur Aufführung zu bringen. Das abschließende Konzert des Abends trägt den Titel „Musik der Betriebssysteme“. Dabei setzen sich Jaap Blonk (Stimme), Dirk Marwedel (erweitertes Saxophon) und Michael Vorfeld (Glühlampen) über Grenzen künstlerischer Disziplinen und Materialien hinweg.

Die Opening-Organisatoren bleiben ihrer Tradition der letzten Jahre dahingehend treu, als dass sie stets einen wahren Klassiker der Neuen Musik in ihr Programm integrieren: Diesmal gilt das „Quartett für das Ende der Zeit“ von Olivier Messiaen, das von Maiko Matsuoka (Violine), Richard Haynes (Klarinette), Jan Filip Tupa (Violoncello) und Reto Staub (Piano) am Samstag aufgeführt wird, als heimliches Highlight des Festivals. Die Uraufführung des Werkes fand unter widrigen Bedingungen in einem deutschen Kriegsgefangenenlager im Jahr 1941 statt, bei dem der Komponist selbst den Klavierpart übernahm.

Die Uraufführung des darauf folgenden Gesang-Solos liegt hingegen erst wenige Monate zurück: Mit ihren „Salomé-Extrakten“ (2012) widmen sich Irene Kurka (Sopran), Christina C. Messner (Komponistin) und Suna Göncu (Inszenierung) der Legende der jungen Frau, indem sie die unterschiedlichsten Facetten der Figur beleuchten. Schließlich runden Performances von Kunsu Shim und Gerhard Stäbler den Samstagabend ab. Dabei werden mehrere Räumlichkeiten der Tuchfabrik sowie das Publikum mit eingebunden.

Der Sonntag beginnt mit der Liaison zwischen einem alten europäischen und einem klassischen japanischen Instrument: Pianistin Yumi Kimachi und Koto-Meisterin Naoko Kikuchi inszenieren die Begegnung beider Klangwelten mit der Interpretation zeitgenössischer Kompositionen für beide Instrumente. Das Abschlusskonzert des Trios Sabine Akiko Ahrendt (Violine), Jan Filip Tupa (Cello) und Reto Staub spannt noch einmal den Bogen über sehr unterschiedliche musikalische Perspektiven, bei dem neben zeitgenössischer Musik auch das sogenannte Zigeunertrio von Joseph Haydn von 1788/89 zu hören ist. Hier artikuliert sich in besonderem Maße das Spannungsverhältnis, in dem Alte und Neue Musik zueinander Josefstehen.

„Open-Expo“ und Begleitprogramm für ein junges Publikum

Die das Festival begleitende Ausstellung im 2. Obergeschoss der Tuchfabrik, bei der neben den Kuratoren Thomas Rath und Bernd Bleffert auch die Künstler Helmut Lemke, Michael Vorfeld, Kunsu Shim und Marcus Kaiser vertreten sind, hat eine Doppelfunktion: Zum einen soll die „Open-Expo“ als rahmende Klammer für das gesamte Programms fungieren und zugleich eine Kontaktfläche zwischen Musikern, Künstlern und den Besuchern schaffen.

Um auch ein jüngeres Publikum anzusprechen und für aktuelle Klangkunst zu begeistern, gibt es erneut Veranstaltungen, die sich direkt an Kinder und Schüler richten. Neben zwei Konzerten für Grund- beziehungsweise Oberstufenschüler, die Einführungen durch die jeweiligen Künstler integrieren, gibt es auch einen Workshop für experimentierfreudige Kinder ab sechs Jahren.

Ausführliche Informationen zu den einzelnen Konzerten, der Kunstausstellung sowie den Workshops sind im Veranstaltungskalender auf hunderttausend.de sowie auf der Homepage der Tuchfabrik einzusehen. Für aktuelle Informationen rund um die Veranstaltung und weitere Hörbeispiele zu den teilnehmenden Künstlern bietet sich ein Besuch der neu eingerichteten Facebook-Seite des Opening Festivals an.

Eintrittspreise: Festivalpass (alle Veranstaltungen): 42 Euro (26 Euro ermäßigt)Einzelveranstaltungen: 8 Euro (5 Euro ermäßigt)Tageskarte (nur Freitag und Samstag möglich): 20 Euro (12 Euro ermäßigt)

Robert Lindner

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