„Zeichen der Verantwortung dem Nächsten gegenüber“

Hassan Khan half einem schwerverletzten Rollerfahrer, wofür er jetzt mit dem "Preis für Zivilcourage" von Klaus Jensen ausgezeichnet wurde. Foto: Christian JörickeSie halfen Menschen in Notsituationen, verhinderten Verbrechen oder gaben der Polizei entscheidende Hinweise zum Ergreifen von Straftätern: Vier Frauen und elf Männer aus Trier und der Region wurden gestern Abend im Rathaus von Oberbürgermeister Klaus Jensen und Polizeipräsident Lothar Schömann mit dem „Preis für Zivilcourage der Stadt Trier“ ausgezeichnet. „Besonders freut uns,“, sagte Jensen, „dass so viele Menschen dabei sind, die diesen Ehrung verdient haben.“

TRIER. Hassan Khan beobachtete im Industriegebiet von Zewen einen Rollerfahrer mit einer Gasflasche zwischen den Beinen, dahinter fuhr ein Lkw. Plötzlich war der Rollerfahrer verschwunden – der Lastwagen hatte ihn überrollt. Als Khan dessen Fahrer, der nichts davon bemerkt gehabt hatte, zum Anhalten gebracht hatte, wurde das Ausmaß des Unfalls deutlich. Wie eine Krawatte um einen rotierenden Bohrer hatte sich das Bein des Kleinkraftradbesitzers um die Achse gewickelt. Es war fast komplett offen und mehrfach gebrochen. Der 47-Jährige versuchte, von anderen Autofahrern Verbandskästen zu bekommen – kaum einer hielt an. „Manche sind einfach weitergefahren“, sagt Kahn enttäuscht. Mit zwei Gürteln band er das stark blutende Bein ab und bemühte sich, es zu befreien. Wenig später trafen ein Arzt, Rettungskräfte und Feuerwehrleute ein. Eine halbe Stunde lang wurde das inzwischen betäubte Opfer vor Ort behandelt, ehe es ins Krankenhaus gebracht wurde. Eine Woche lang schwebte der Mann in Lebensgefahr.

Ohne Khans Hilfe hätte der verunglückte Rollerfahrer wohl nicht überlebt. „Es musste ja einer machen“, sagt der Trierer lakonisch. Den Anblick des zerfetzten Beines habe er ertragen können, weil er früher mal in einer Metzgerei gejobbt habe. Die Blutung zu stoppen und die Wunden zu versorgen, habe er in mehreren Erste-Hilfe-Kursen gelernt. Darum empfiehlt er auch jedem, solche Schulungen zu mitzumachen. Nützlich waren sie ihm schon mehrmals. Kurz nach dem schweren Unfall half er einem Kind, das stürzte und sich am Kopf verletzte.

Es kommt nicht selten vor, dass manche Menschen mehrere Preise für Zivilcourage verdient hätten. Markus Becker ist einer von ihnen. Vor Jahren hinderte er bei einem Handgemenge auf dem Olewiger Weinfest einen Mann daran, einem anderen hinterrücks ein zerbrochenes Glas auf den Kopf zu schlagen. Becker bekam es dafür in die Brust. Gestern wurde der 39-Jährige jedoch dafür ausgezeichnet, dass er einem Polizisten in Zivil half, einen aggressiven Autospiegelabtreter unter Kontrolle zu bringen, bis Verstärkung eintraf.

Der „Preis für Zivilcourage der Stadt Trier“ wurde zum zweiten Mal gemeinsam von der Stadt und der Polizei vergeben. „Es ist ein Dank an Sie, aber auch ein Zeichen nach draußen“, beschreibt Oberbürgermeister Klaus Jensen den Zweck der Auszeichnung. Besonders freue ihn, dass so viele Menschen dabei seien, die diese Ehrung verdient hätten. „Auch wenn Sie viele sind, es ist nicht selbstverständlich, was Sie getan haben.“

Schon gar nicht das, wofür Amadou Konate jetzt ausgezeichnet wurde. Im vergangenen Sommer überwältigte der Hüne in der Fußgängerzone einen Mann, der Passanten mit einem Messer angegriffen hatte. Um anderen zu helfen, nahm er es in Kauf, selbst verletzt zu werden. „Die Grenzziehung muss jedem selbst überlassen sein“, sagt Polizeipräsident Lothar Schömann zum Ausmaß den Eingreifens in Konflikt- oder Notsituationen. „Wir forden zu besonnenem Handeln auf.“

In Schömanns Sinne dürfte sich Christian Andreas verhalten haben. Er und ein Freund verfolgten Anfang September nach einem Tankstellenüberfall die Täter und gaben wichtige Hinweise zur Identifizierung. Ebenso konnte dank der Personenbeschreibung von Manuela und Jan-Oliver Probst im Mai 2013 ein flüchtiger Einbrecher verhaftet werden. Und Raimund Wollscheid hatte im Juni in Trier-Nord beobachtet, wie eine Bushaltestelle beschädigt wurde. Er verfolgte den Täter und ermöglichte so dessen Festnahme.

Im Rathaus wurde der "Preis für Zivilcourage der Stadt Trier" an 15 Menschen vergeben, die anderen in Notsituationen halfen oder dazu beitrugen, Straftäter dingfest zu machen. Foto: Polizei TrierDiana Ketter sorgte mit ihrem vorbildlichen Verhalten dafür, dass eine betrunkene Autofahrerin weder sich noch andere verletzten konnte. Sie stoppte die Frau, die Schlangenlinien gefahren war, und hinderte sie so lange an der Weiterfahrt, bis die Polizei eintraf.

Immer wieder hört man von Fällen, in denen Nachbarn ein Verbrechen oder ein Unglück in ihrer Umgebung ignorieren. Marianne Backes und Hermann-Gerhard Gerdes gehören nicht dazu. Sie wunderten sich, nichts mehr von ihrem Nachbarn zu hören oder zu sehen und verständigten die Polizei und den Rettungsdienst. Drei Tage lang lag der Mann hilflos in seiner Wohnung. „Er konnte gerettet werden“, erzählt Gerdes. „Heute geht es ihm wieder gut.“

In größere Gefahr begaben sich Dennis Becker, Herbert Ripp, Marco Winter und Patrick Wolf. Im vergangenen September retteten sie eine 89-jährige Frau aus einem brennenden Haus in der Lindenstraße.

Die Bankangestellte Monika Braband bewahrte zwar eine Kundin davor, einem Trickbetrüger eine höhere Geldmenge auszuhändigen, ein bisschen funktionierte der „Enkeltrick“ bei der älteren Frau dennoch. Braband redete ihr aus, für den vermeintlichen Neffen Geld abzuheben, konnte aber nicht verhindern, dass die Seniorin später einem Komplizen ihren gesamten Schmuck übergab.

Jensen lobte das Verhalten der Preisträger als „Zeichen der Verantwortung dem Nächsten gegenüber“. Wie wichtig solcher Einsatz für eine Demokratie ist, betonte Schömann: „Der Staat ist auf die Hilfe der Bürgerschaft angewiesen.“

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