Nur gering schuldig

TRIER. Das Landgericht Trier hat das Verfahren gegen eine ehemalige Schwesternschülerin an einem Trierer Krankenhaus wegen fahrlässiger Tötung eingestellt.

Der heute 21-jährigen, nicht vorbestraften Angeklagten wurde im April 2011 der Vorwurf der fahrlässigen Tötung gemacht. In dem Krankenhaus, in dem die Angeklagte tätig war, war im Februar 2010 die im Jahr 1918 geborene Patientin B. operiert worden und im Anschluss auf der Intensivstation untergebracht worden. Zur Unterstützung der Atmung war die Patientin an ein kleines Sauerstoffgerät angeschlossen, welches mit einem sogenannten Aquapak ausgestattet war, das der Anfeuchtung des Sauerstoffs dienen sollte.

Nachdem sich das Beatmungsgerät nebst Aquapak auf Grund von Materialermüdung aus der Wandhalterung gelöst hatte, soll die Angeklagte das Aquapak falschherum in der Halterung wieder angebracht haben. Dadurch soll es möglich gewesen sein, dass Wasser ungehindert aus dem Pak durch einen Schlauch und eine Sonde in die Atemwege der Patientin laufen konnte, was den Tod der Patientin innerhalb von zwei Minuten herbeiführte.

Die Angeklagte bestritt über ihren Verteidiger die ihr gemachten Vorwürfe. Der Jugendrichter beim Amtsgericht Bitburg erkannte jedoch durch Urteil vom 22. Dezember 2011, dass sie der fahrlässigen Tötung schuldig sei. Die Angeklagte wurde unter Anwendung von Jugendstrafrecht verwarnt und ihr wurde aufgegeben, eine Geldbuße von 800 Euro an eine gemeinnützige Organisation zu zahlen. Gegen dieses Urteil legte sie Berufung beim Landgericht Trier ein.

In der Berufungshauptverhandlung beantragte ihr Verteidiger, ein zweites medizinisches Gutachtens einzuholen. Die 8. Strafkammer gab dem Beweisantrag statt. Nachdem das Gutachten vorlag, hat die Kammer nun das Strafverfahren gegen die Angeklagte mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft Trier wegen geringer Schuld eingestellt.

„Die Schuld der Angeklagten wäre im Falle einer Verurteilung als gering anzusehen“, so die Kammer. Das Anästhesiologische Sachverständigengutachten der Universitätsmedizin Mainz führte zu dem Ergebnis, dass selbst für den Fall eines unterstellten Fehlverhaltens der Angeklagten beim Wiederanbringen des herausgefallenen Sauerstoffbefeuchtungsgerätes erhebliche Zweifel daran bestehen, dass eingeatmetes Wasser in maßgeblicher Weise zum Tode der Patientin führte.

Das Ergebnis des Gutachtens untermauert vielmehr das bisherige Ermittlungsergebnis, wonach eine Vielzahl zusammenwirkender Umstände für den Tod der Patientin ursächlich gewesen sein kann. Insbesondere ist für die Einstellung des Verfahrens auch maßgeblich, dass es nach Auffassung der Kammer zu der tödlichen Verkettung mehrerer Ursachen nicht gekommen wäre, wenn die wandseitigen Aquapakanschlüsse nicht defekt gewesen wären. Erst hierdurch wurde ein Herausfallen aus der Wandhalterung möglich mit der Folge eines notfallmäßigen Handlungsbedarfs.

Bei der Verfahrenseinstellung war auch in die Erwägungen einzubeziehen, dass die Angeklagte mit dem Ziel handelte, der Patientin in der durch einen technischen Defekt verursachten Notsituation zu helfen. Das Fehlen einer Sperreinrichtung, die ein falsches Anbringen der Aquapaks verhindern würde, begünstigte zudem die Verkettung unglücklicher Umstände und ist ebenfalls nicht von der Angeklagten zu vertreten.

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