Circus Roncalli setzt auf Tradition

Bernhard Paul kommt nach über einem viertel Jahrhundert mit seinem Circus Roncalli wieder nach Trier. Foto: Malte LegenhausenDie Globalisierung macht auch vor der Zirkuswelt nicht Halt. Wo früher noch große Manegen waren, in denen es nach Popcorn roch und Artisten in glitzernden Kostümen unterm Zeltdach flogen, sind heute aufwendig produzierte Shows mit gigantischen Bühnenbildern, viel Technik und wenig roten Clownsnasen. Dass man nicht immer mit dem Strom schwimmen muss, beweist der Circus Roncalli. Vor 37 Jahren wurde er von Bernhard Paul gegründet und tourt noch heute durch Europa bis nach Moskau. Nach 28 Jahren werden die Zirkuszelte wieder in Trier errichtet. Vom 19. Juli bis 4. August kann im Messepark die Show „Time is honey“ bewundert werden.

TRIER. „Wir leben in einer furchtbaren Zeit“, sagt Bernhard Paul erbost. „Alles ist geldgeil.“ Sich vorzustellen, dass dieser Mann jahrelang als Clown in der Zirkusmanege stand und für Amüsement gesorgt hat, fällt in diesem Moment schwer. „In der heutigen Zeit, dreht sich alles um Geld. Deshalb kann ich das ‚Time is money‘ nicht mehr hören und will es brechen.“ Genau das tut er mit seiner Zirkusshow „Time is honey“, mit der er vom 19. Juli bis 4. August nach Trier kommt. „Mein Ziel ist es, einen schönen Zirkus zu machen.“

Dafür hat er sich einige bekannte Artisten in die Manege geholt: darunter die beiden KBG-Clowns, die durch die Vorstellung führen, und Michael Ortmeier, der 2011 in „Wetten dass…?“ über Glasflaschen lief und trotz gescheiterter Wette am Ende den Sieg mit nach Hause nahm – nämlich einen Anruf vom Zirkusdirektor selbst, der ihn für seine Show anwarb.

Besonders ist auch, dass die drei Kinder von Bernhard Paul dieses Jahr zum ersten Mal dabei sind, verrät Angela Weller, die für Marketing und Presse zuständig ist. Eigentlich hatte sich deren Vater für sie eine andere Karriere vorgestellt, aber sie „haben sich heimlich nachts in die Manege geschlichen und geübt“. Nun stehen sie auf Rollschuhen mit auf der Bühne.

In seiner zweieinhalbstündigen Vorstellung will das Ensemble des Circus Roncalli „den Besucher aus der alltäglichen Zeitrechnung herausnehmen, damit er einen Abend Urlaub nehmen und alles andere vergessen kann“, so Weller. „Natürlich ist trotzdem Geschwindigkeit und Tempo im Programm“, fügt sie hinzu.

Diese Zirkuswelt ist in den letzten Jahren auch mit der Globalisierung konfrontiert worden. Der Zirkus von seiner herkömmlichen Form verändert sich, ein neues Genre hat sich gegründet: der Nouveau Cirque. Dabei geht es mehr um ein ästhetisches Gesamtkunstwerk, bei dem auf Tiereinlagen verzichtet und Tanz und Theater miteingebracht wird. Ein Beispiel, bei dem zusätzlich viel auf Technik und einfallsreiche Kostüme gesetzt wird, ist der Cirque du Soleil.

„Wir waren die ersten mit einem sogenannten ‚alternativen Zirkus‘, als wir 1976 angefangen haben. Wir waren die Kinder des Paradieses – das war was ganz anderes“, erzählt Paul. „Der Direktor vom Cirque du Soleil, Guy Laliberté, war Straßenkünstler. Und der ist immer zu mir gekommen mit einer Schmalfilmkamera und hat mich gefragt: ‚Wie machst du das?‘ Der hat inzwischen eine Fabrik mit 22 Shows, darunter in Las Vegas.“

Für Paul ist der Cirque du Soleil „amerikanisches Showbiz in Perfektion. Von Licht, Musik und Effekten. Aber die Seele fehlt mir persönlich“, wie er sagt. „Und ich bin der Meinung, wenn man 22 Zirkusse machen kann, dann bleibt was auf der Strecke. Aber trotzdem, in einem Interview hat er (Guy Laliberté) gesagt: Ohne Circus Roncalli gäbe es Cirque du Soleil nicht. Und es gibt sehr viele alternative Zirkusse aus Frankreich – also dieser Nouveau-Cirque-Szene -, die zum Teil bei uns angefangen haben.“

Statt sich dem neuen Genre anzupassen, legt Paul sein Augenmerk noch auf das Traditionelle. „Deswegen habe ich nach wie vor Sägemehl, ich habe die runde Manege – das ist für mich was Heiliges – und für mich ist auch das Bühnenbild wichtig. Das hat mich als Kind fasziniert: die alten Zirkuswagen, die Gerüche und das ganze drumherum. Das war eine andere Welt.“ Diese Welt möchte er mit seinem Circus Roncalli aufrechterhalten. Der selbsternannte „Detail-Fetischist“ achtet auf die Kleinigkeiten, auf das echte Blattgold an den Verkleidungen der hundert Jahre alten Zirkuswagen und darauf, dass man an der Kasse noch richtige Eintrittskarten bekommt (und seine im Internet bestellten Karten, dort eintauschen kann).

Der 66-Jährige ist zuversichtlich, dass er mit seinem traditionellen Zirkus auch ein junges Publikum erreichen kann, denn „es gibt ein Argument“, wie er sagt. „Live-Erlebnis kann durch nichts ersetzt werden. Wenn die Leute drin sitzen, haben sie ein Gesamterlebnis. Da sind Gerüche, das Visuelle, alle lachen – da ist man ganz anders drin, wie wenn man auf’n Computer schaut. Da riecht es nach Zuckerwatte, man riecht das Parfum der Künstlerin, die durch die Luft fliegt, sieht sie und denkt sich: Uh, ist das hoch! Auch junge Leute merken diesen Unterschied.“

Paul diente mit seinem Circus Roncalli als Vorbild für viele weitere Zirkusse und schreibt nach wie vor Geschichte. Er selbst ist zu sehr mit der ganzen Organisation von Roncalli beschäftigt, sodass er nur noch selten als Clown Zippo in der Manege stehen kann. Aber hin und wieder überkommt ihn die Sehnsucht nach dem Applaus. „Es kann passieren, dass ich in Trier plötzlich in der Manege stehe.“

Vorstellungen sind immer von Mittwoch bis Samstag um 15 Uhr und 19.30 Uhr und sonntags um 14 Uhr und 18 Uhr. Tickets gibt es unter http://www.roncalli.de/circus/tournee/trier-2013.

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